Erfurt. Die Vergabe von Plätzen für ein Medizinstudium nach Wartezeit soll nach dem Willen der Bundesländer wegfallen. Die Abiturnoten sollen aber weiterhin ausschlaggebend dafür sein, wer ein Studium im Fach Humanmedizin beginnen darf. Darauf haben sich die Länder während der Kultusministerkonferenz (KMK) in Erfurt geeinigt, wie sie am Freitag (15. Juni) mitteilten. Dort vereinbarten sie nach eigenen Angaben Eckpunkte für einen Staatsvertrag zur Vergabe der Medizinstudienplätze.
Um über die Wartezeitquote einen Medizinstudienplatz zu bekommen, brauchten Bewerber 14 Wartesemester im Wintersemester 2017/18. Die Beschlüsse der KMK sind für die Länder nicht bindend. Mindestens 20 Prozent der Studienplätze sollen weiterhin an die Abiturbesten vergeben werden.
Reaktion auf Bundesverfassungsgericht
Die Länder reagieren damit auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember vergangenen Jahres. Karlsruhe hatte damals entschieden, dass das Verfahren zur Vergabe von Medizin-Studienplätzen teils verfassungswidrig ist und bis Ende 2019 neu geregelt werden muss. Das Gericht monierte auch, dass die Abiturnoten in den Ländern annähernd vergleichbar sein müssten. Dafür soll laut KMK zunächst ein Ausgleichsmechanismus greifen – solange, bis die Vergleichbarkeit auf politischem Weg hergestellt wurde.
Neben den Abiturnoten sollen nach dem Willen der Länder künftig noch zwei weitere “eignungsbasierte” Kriterien bei der Vergabe von Medizin-Studienplätzen eine Rolle spielen. Welche das sind und welches Gewicht sie beim Vergabeverfahren haben werden, soll noch in diesem Jahr geklärt werden, hieß es am Freitag. Ob die Wartezeit in anderen Quoten berücksichtigt werden kann, soll demnach geprüft werden.
Derzeit werden die Medizinstudienplätze auf unterschiedliche Arten vergeben:
- 20 Prozent über die Abiturnote,
- 20 Prozent über die angesammelte Wartezeit und
- 60 Prozent über Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH-Quote), das heißt nach bestimmten, von den Hochschulen innerhalb gewisser Vorgaben weitgehend frei wählbaren Kriterien.
Vorab ist eine bestimmte Platzzahl den Auslandsstudenten und Härtefällen vorbehalten.
KMK Beschluss auf einen Blick
Die Kultusminister haben sich auf folgende Eckpunkte geeinigt:
- Die Abiturbestenquote bleibt. Weiterhin werden also nach Abzug der Vorabquoten mindestens 20 Prozent der Plätze an die Abiturbesten vergeben. Bis die Politik geregelt hat, dass die Abiturnoten aller Länder vergleichbar sind, greift eine Ausgleichsmechanismus (Prozentrangverfahren), um diese Vergleichbarkeit herzustellen.
- Die Wartezeitquote wird wegfallen. Um den Belangen der Langzeit- oder Altwartenden Rechnung zu tragen, werden Möglichkeiten der Bonierung von Wartezeit und die Berücksichtigung der in der Wartezeit erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen in anderen Quoten geprüft.
- Für die Auswahlentscheidungen der Hochschulen sollen neben der Abiturnote mindestens zwei weitere eignungsbasierte Kriterien herangezogen werden. Welche das sind und wie diese Kriterien zu gewichten sind, werden die Ministerinnen und Minister noch in diesem Jahr auf der Grundlage des Entwurfs des Staatsvertrags entscheiden.
Das neue Verfahren müssen die Länder bis 31. Dezember 2019 umsetzen, so will es das Bundesverfassungsgericht. Dies sei nicht zu leisten, schreiben die Kultusminister. Sie haben aber bereits die Programmierung einer Übergangslösung beauftragt. Diese soll ab dem Sommersemester 2020 gelten und bereits wesentliche Elemente des neuen Verfahrens beinhalten. Für zunächst ein Jahr wollen die Kultusminister aber auf Auswahlkriterien verzichten, die einen Datenaustausch zwischen den EDV-Plattformen der Hochschulen und dem Bewerberportal der Stiftung für Hochschulzulassung nach Bewerbungsschluss erfordern.
Auf das NC-Urteil des Bundesverfassungsgerichts hatten Ärztevertreter mehrheitlich positiv reagiert. So sagte der Bundesvoritzende des Deutschen Hausärzteverbands damals: “Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass die Abiturnote allein nicht dafür ausschlaggebend ist, ob jemand ein guter Arzt wird.” Er begrüße es daher, dass neben dem NC weitere Kriterien wie Berufserfahrung bei der Auswahl berücksichtigt werden sollen.
Mit Material von dpa