Video: Welche Themen wollen die neuen Vorstände angehen? Wie stehen sie zu Selektivverträgen? Das verraten sie online in Video- Interviews. Außerdem: Was erwarten die Vertreter vom neuen Vorstand? www.hausarzt.live
Blau für Hausärzte, Gelb für Spezialisten: Erstmals haben die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mit paritätisch gewichteten Stimmen ihre Vorstände neu gewählt. Seit Anfang März führt nun ein Trio die Geschäfte der KBV: Orthopäde Dr. Andreas Gassen als Vorstandsvorsitzender, Hausarzt Dr. Stephan Hofmeister als sein Stellvertreter und Dr. Thomas Kriedel. Die Wahl barg keine Überraschungen, waren doch keine Gegenkandidaten angetreten. Mit Volkswirt Kriedel gibt es zum ersten Mal einen dritten Vorstand, der weder haus- noch fachärztlichem Bereich angehört. Dies hatte der Gesetzgeber der KBV auferlegt. Kriedel soll sich besonders um das Thema Digitalisierung kümmern, hat er doch zwei Jahre Erfahrung im Vorstand der gematik.
Auffällig häufig betonten alle drei, sie wollten als Team auftreten. „Die Hausärzte werden gehört“, versicherte Hofmeister im Interview mit „Der Hausarzt“. Man werde gemeinsam mit den Verbänden, besonders dem Hausärzteverband, reflektieren.
„Wir gehen davon aus, dass der neue Vorstand auf eine offene Kommunikation setzen wird“, kommentierte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, die Wahl. Die Allgemeinmedizin müsse gestärkt werden, eine weitere Aushöhlung des Hausarztberufes, wie es im Geriatrie-Konzept der KBV angelegt ist, dürfe keineswegs fortgesetzt werden.
Als „Richtschnur“ für die kommende Amtsperiode verwies Gassen auf das Konzept KBV 2020 http://hausarzt.link/lxSz5. Einige Vorschläge des Konzepts sieht der Hausärzteverband kritisch, wie er in der Vergangenheit bereits deutlich gemacht hat. Als drängende Themen sieht Gassen eine bessere Steuerung von Patienten, die Abstimmung zwischen ambulant und stationär sowie die Notfallversorgung an. Hofmeister will einige für Hausärzte „nicht glückliche Vertragsgestaltungen beim Honorar“ reparieren. Ein dringendes Thema sei auch, die Anlage zum Bundesmantelvertrag zu überarbeiten, die die hausärztliche Tätigkeit definiert. „Wenn wir den Umfang mit vielen Spiegelstrichen festlegen, muss sich auch jeder daran messen lassen. Und ich bin nicht sicher, ob jeder Hausarzt alle diese Spiegelstriche trifft“, ergänzte Hofmeister auf Nachfrage. Neben der KBV-Spitze haben die Vertreter auch die Vorsitzenden der Vertreterversammlung (VV) neu gewählt: Zum ersten Mal führt nun mit Hausärztin Dr. Petra Reis-Berkowicz eine Frau die VV. Sie wird von Psychotherapeutin Barbara Lubisch und Gynäkologe Dr. Rolf Englisch vertreten. „Ich möchte Hausärzte und Fachärzte an einen Tisch bringen“, so Reis-Berkowicz, die auch zum Vorstand des Bayerischen Hausärzteverbandes zählt.
Kommentar
Die Signale vom neuen KBV- und VV-Vorstand geben Hoffnung: Man will intern kritisch, aber konstruktiv diskutieren und nach außen als ein Team auftreten. Die Atmosphäre soll von kollegialer Zusammenarbeit bestimmt sein. Für die Hausärzte wird es entscheidend sein, dass der KBV-Vorstand sein Versprechen hält, den engen Austausch mit dem Hausärzteverband zu suchen. Steht doch mit der Anlage 5 des Bundesmantelvertrags ein Thema von hoher Brisanz für die Hausärzte an: Hier geht es um nichts weniger als ihren Versorgungsauftrag und -umfang. Und schon in der Vergangenheit mussten Hausärzte immer wieder erfahren, dass ihnen Kompetenzen abgesprochen wurden!