Die junge Hausärztin Dr. Jana Husemann hat sich erst vor wenigen Monaten mitten in Hamburg niedergelassen. Seitdem betreibt sie mit zwei Kollegen eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in St. Pauli. Schon ihre Weiterbildung zur Allgemeinmedizinerin hatte sie in der Praxis absolviert und dann im Anschluss den Sitz ihres Weiterbilders übernommen – inklusive der Patienten. „Ich kannte sehr viele der Patientinnen und Patienten schon und es hat auch quasi niemand die Praxis verlassen. Von daher hatte ich von Anfang an einen festen Patientenstamm, das hat natürlich sehr geholfen und gibt Sicherheit. Wir stehen jetzt eher vor der Herausforderung, immer neue Patienten aufzunehmen und versorgen zu können“, erklärt Dr. Jana Husemann.
Auch wenn am Ende alles reibungslos funktioniert hat, war der Weg in die eigene Praxis nicht ohne Hürden. „Für mich war klar, dass ich mich auf jeden Fall als Hausärztin niederlassen will. Der Aufwand im Vorfeld war aber schon sehr groß“, sagt Husemann. Das Hauptproblem sei gewesen, dass es, zumindest in Hamburg, kaum strukturiert aufbereitete Informationen darüber gebe, was man bei der Niederlassung alles berücksichtigen müsse. „Es war extrem mühsam, alle Infos zusammenzusuchen und sich dann daraus zusammenzureimen, wie man das Projekt Niederlassung am besten anpackt“, sagt Husemann.
Um jungen Kolleginnen und Kollegen in Zukunft diesen Aufwand zu ersparen, hat eine Arbeitsgruppe des Forum Weiterbildung des Hausärzteverbandes, der Jana Husemann angehört, einen „Werkzeugkasten für die Niederlassung“ erarbeitet. Das Ziel hierbei ist es, jungen Hausärzten alle wichtigen Informationen rund um die Niederlassung kompakt und aus erster Hand zusammenzustellen. „Ich glaube, das ist sehr gut gelungen. Die Kolleginnen und Kollegen werden es bei der Informationssuche vor dem Start in die Niederlassung zukünftig daher deutlich leichter haben als ich“, hofft Husemann.
Überhaupt findet sie, dass es zu wenige Fortbildungen rund um das Thema Praxisführung gibt. Während das Portfolio an medizinischen Fortbildungen sehr umfassend sei, gäbe es in diesem Bereich relativ wenige Angebote. „Ich glaube aber, dass viele Praxen davon profitieren und entsprechende Schulungen auch dazu beitragen würden, die Versorgung der Patienten weiter zu verbessern, denn die Zeit, die ich durch eine gut organisierte Praxis einsparen kann, kommt am Ende ja meinen Patienten zu Gute.“
Die Vielfalt macht es aus
Wenn man Jana Husemann fragt, was ihr an der Arbeit als niedergelassene Hausärztin besonders gefällt, muss sie nicht lange nachdenken: Das breite Spektrum an Krankheiten, der intensive Patientenkontakt, die Versorgung von Patienten aller Altersstufen und und und. Morgens kommt eine ältere Dame mit rheumatischer Arthritis in die Praxis, kurz danach ein junges Mädchen mit Bauchschmerzen, der nächste Patient hat seit mehreren Wochen starke Kopfschmerzen. „Diese Vielfalt kann man nur in der hausärztlichen Praxis erleben“, resümiert Husemann.
Dass sich bisher noch zu wenige Medizinstudierende für das Fach Allgemeinmedizin und die Arbeit in der Hausarztpraxis interessieren, liege auch daran, dass beides den jungen Nachwuchsärzten in den Universitäten häufig nicht ausreichend vermittelt werde. Dies habe sie gerade erst wieder gemerkt, als sie eine Medizinstudierende als Blockpraktikantin in ihrer Praxis gehabt habe. „Die war ganz überrascht und auch begeistert davon, was für ein Spektrum an Krankheiten und Beschwerden man als Hausärztin in der Praxis zu Gesicht bekommt.“
Dennoch ist sich Husemann sicher, dass es in den letzten Jahren beim Image des Hausarztberufes große Fortschritte gegeben habe. „Wenn ich auf mein eigenes Studium zurückblicke, das ja auch noch nicht so lange her ist, dann muss ich sagen, dass die hausärztliche Versorgung bei mir quasi keine Rolle gespielt hat. Das hat sich in der Zwischenzeit auf jeden Fall deutlich verbessert. Ich glaube auch, dass die Studierenden die Allgemeinmedizin heute anders sehen, als das beispielsweise noch vor zehn Jahren der Fall war.“
Trotzdem herrschen in den Köpfen vieler Nachwuchsärzte immer noch Vorstellungen über den Hausarztberuf, die mit der Realität nicht mehr zusammenpassen. Dies gelte zum Beispiel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Gerade als Niedergelassene in einer BAG kann ich beides doch besonders gut miteinander verbinden“, glaubt Husemann.
Ohne HZV würde es kaum gehen
Ein anderes wichtiges Thema ist natürlich auch die Vergütung. Was den Kollektivvertrag angeht, hinkt Hamburg im Bundesdurchschnitt deutlich hinterher. „Es kann ja sein, dass Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern mit der Vergütung im KV-System gut auskommen, für ärmere Stadtteile Hamburgs wie St. Pauli gilt das jedenfalls nicht“, stellt Husemann klar. Im Kollektivvertrag erreiche sie in Hamburg einen Fallwert von 36 Euro. „Ohne die Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) würde es nicht gehen. Für uns rein hausärztlich tätige Praxen hier ist die HZV wirklich unser Rettungsanker.“
KODEX ambulante Weiterbildung
Der KODEX ist eine freiwillige Selbstverpflichtung von Ausbildern, dem Arzt in Weiterbildung eine sichere wirtschaftliche Grundlage und eine strukturierte Weiterbildung zu bieten. Informationen unter: www.hausaerzteverband.de