Bei der mit großer Spannung erwarteten Wahl setzten sich Buhlinger-Göpfarth mit 26 zu 13 Stimmen gegen Dr. Jürgen Herbers und Bublitz mit 27 zu 11 Stimmen gegen Dr. Jürgen de Laporte durch.
Standing Ovations nach 20 Jahren
Dr. Berthold Dietsche und Dr. Frank-Dieter Braun wurden mit viel Beifall verabschiedet und zu Ehrenmitgliedern ernannt. Das Highlight ihrer Verbandsarbeit ist unbestritten die gemeinsame Entwicklung des bundesweit ersten HZV-Vollversorgungsvertrags mit der AOK und MEDI Baden-Württemberg: Gegen großen Widerstand wurde so erstmalig eine echte wettbewerbliche Alternative zum KV-System etabliert.
Im Südwesten gibt es nach mittlerweile 14 Jahren acht HZV-Verträge mit über 2,5 Millionen Versicherten und einem jährlich wachsenden Honorar, das 2021 bei 702 Mio. Euro lag. Das scheidende Vorstandsduo bedankte sich bei allen, die bei dieser Erfolgsgeschichte mitgewirkt haben. Dietsche wies zudem auf die kontinuierliche Entwicklung der Mitgliederzahl hin – von 1.200 im Jahr 2002 auf 4.053 Ende 2021 –, sodass sich unter seiner Regie ein schlagkräftiger Verband entwickelt habe, worauf er stolz sei.
Weiterentwicklung zur Hausarztpraxiszentrierten Versorgung
Nicht zuletzt aufgrund des steigenden Versorgungsdrucks werde die Praxis der Zukunft mehr und mehr zur Teampraxis, was sich laut Buhlinger-Göpfarth auch in der HZV widerspiegeln müsse. Wichtig sei dafür die Erweiterung zur ,,Hausarztpraxiszentrierten” Versorgung.
Die Delegierten stimmten einem Antrag zu, der vorsieht, die Zuordnung der Leistungen in der HZV auf die gesamte Arztpraxis zu ermöglichen – in Form eines Betreuteams und nicht nur auf die LANR als Leistungserbringer. Dabei werde neben der VERAH auch der akademisierten VERAH zukünftig eine wichtige Rolle in punkto qualifizierter Delegation zukommen. “Substitution lehnen wir ab, und wir wollen die Deutungshoheit darüber haben, was und an wen wir delegieren”, so die neue Vorsitzende.
Digitalisierung zweites Topthema
Hohe Priorität hat für das neue Vorstandsduo auch die Digitalisierung. Die Praxen seien keine Testlabore für digitale Anwendungen. Diese dürften erst eingeführt werden, wenn sie auch funktionierten und einen Mehrwert für die Versorgung böten. Ein Unding sei es, jetzt abermals auf die veraltete Konnektoren-Technik zu setzen, kritisierte Bublitz die aktuelle Entwicklung in der TI.
Mit hoher Priorität sei außerdem der Nachwuchs konsequent zu fördern und der Ausverkauf der ambulanten medizinischen Versorgung durch kommerziell getriebene MVZ zu stoppen, so Buhlinger-Göpfarth. Last but not least sei ihr die Gleichberechtigung im Hausärzteverband eine Herzensangelegenheit. Dafür seien nachhaltig verbesserte Strukturen nötig.
Bundespolitische Baustellen
In der berufspolitischen Diskussion gingen die Podiumsteilnehmer vor 100 anwesenden Gästen auf die großen bundespolitischen Baustellen ein. Zu Beginn der Veranstaltung gab es jedoch zunächst ein großes “Danke” von Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, für die außerordentlich gute Arbeit der Hausärztinnen und Hausärzte in der Pandemie.
Er betonte: “Wir haben eine sehr gute ambulante Versorgung in Baden-Württemberg”, und er versicherte: “Auf jeden Fall setzen wir die HZV in der Zukunft fort!” Und KV-Chef Dr. Norbert Metke kommentierte: “Die Steuerung der Versorgung ist Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Versorgung. Die HZV ist deshalb die Blaupause fürs System”.
Der Bundesvorsitzende Ulrich Weigeldt ergänzte, dass die KV an der HZV nicht kaputt gegangen sei, sondern sie eher davon profitiere. Allerdings sei der Koalitionsvertrag konfus und Primärversorgung sei in der Bundespolitik nicht gleichbedeutend mit hausärztlicher Versorgung.
Bauernfeind wies auf zwei weitere Problemfelder hin. Zum einen die zentralistischen Vorgaben des Gesetzgebers. Ein Beispiel sei die TI, die die Freiheitsgrade der elektronischen Arztvernetzung in den AOK Haus- und Facharztverträgen beträfe. Dort wurden bereits weit über eine Million AU-Bescheinigungen problemlos versandt. Ob das zukünftig noch “gematik-konform” möglich ist, sei unklar.
Zum anderen sei die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung der extrem belasteten GKV dringend nötig. Der Bundeszuschuss sei unsicher und sollte nicht von der Kassenlage des Bundes abhängig sein.