Impfen in HausarztpraxenHausärzte formulieren 9 Forderungen

Auch wenn aktuell noch ausreichend Impfstoff fehlt: Hausarztpraxen stehen bereits parat, um so schnell wie möglich in die Impfungen einzusteigen. Der Deutsche Hausärzteverband und seine Landesverbände erinnern nun an wichtige Rahmenbedingungen - vom Umgang mit der Bürokratie bis hin zur Vergütung der Impfberatung.

Impfung in der Praxis: Hausärztinnen und Hausärzte stehen bereit.

Berlin. Vor dem Start der Corona-Impfungen auch in Hausarztpraxen, der in den kommenden Monaten erwartet wird, mahnt der Deutsche Hausärzteverband passende Rahmenbedingungen dafür an. Die über 50.000 Betriebsstätten der Hausärztinnen und Hausärzten ständen „bereit, die Impfung der Bevölkerung zu unterstützen“, heißt es in einem aktuellen Positionspapier (26. Januar), das neben dem Deutschen Hausärzteverband alle Landeshausärzteverbände gemeinsam unterzeichnet haben.

Eine möglichst rasche Durchimpfung großer Teile der Bevölkerung sei das „wesentliche Moment, um die Pandemiesituation entscheidend verändern und die jetzigen massiven Beschränkungsmaßnahmen wieder entschärfen zu können“. Damit könnten auch die mit dem Lockdown selbst verbundenen Gesundheitsrisiken reduziert werden. Zahlreiche Hausärztinnen und Hausärzte berichteten auch gegenüber „Der Hausarzt“ etwa von einer Zunahme an häuslicher Gewalt oder der Vernachlässigung chronischer Erkrankungen.

Rahmenbedingungen müssen stimmen

Damit Hausärztinnen und Hausärzte die Impfungen optimal unterstützen können, formulieren die Hausärzteverbände nun neun Forderungen (im Wortlaut):

1. Der Impfstoff müsse bundesweit in ausreichender Menge für die Hausarztpraxen verfügbar sein. Die Erfahrungen aus der mangelhaften Verfügbarkeit von Grippeimpfstoff im Herbst 2020 sind hier ein Negativbeispiel, das nicht wiederholt werden darf.

2. Der Impfstoff muss für die Hausarztpraxen händelbar sein. Derzeit verfügen alle Hausarztpraxen über entsprechende Kühlschränke zur Lagerung von Impfstoffen oder anderen Medikamenten. Sie sind überdies aufgrund der hohen Patientenzahlen in der Lage, auch im Rahmen einer vergleichsweise kurzen Haltbarkeit Impfdosen zu verimpfen.

3. Die praktischen Rahmenbedingungen für die Impfung müssen ohne zusätzliche Bürokratie gestaltet werden.

4. Beispielsweise kann auf die derzeit vorgesehene Unterschrift zur Aufklärung im Rahmen der Impfberatung wie bei allen anderen Impfungen auch verzichtet werden. Das bestehende Berufsrecht schafft hier einen hinreichend rechtssicheren Rahmen.

5. Ebenso muss die (digitale) Dokumentation im Rahmen der Impfung und der Impf-Surveillance bürokratiearm gestaltet werden (z. B. Übermittlung von Alter, Geschlecht, PLZ und Chargen-Nr.).

6. Die Beschaffung des Impfstoffs in den Hausarztpraxen darf keine Risiken von Regressen etc. mit sich bringen. Aus der Durchführung der Impfung darf den Hausärztinnen und Hausärzten kein finanzieller Nachteil entstehen.

7. Die Bevölkerung muss umfangreich über alle verfügbaren Medien in für die Zielgruppen angemessene Art und Weise sowohl über die Funktionsweise und die Risiken der Impfung selbst als auch über die Priorisierungsempfehlungen der STIKO informiert werden. Hierzu müssen die Hausarztpraxen ergänzend entsprechendes Material erhalten.

8. Jegliche Haftungsfragen rund um die Impfung müssen vor Beginn der Impfung in den Hausarzt- praxen rechtsverbindlich geklärt sein. Die Haftung insbesondere für Impfschäden etc. darf nicht beim Hausarzt liegen.

9. Die Impfberatung muss von der Durchführung der Impfung getrennt vergütet werden. Gerade angesichts der hohen Unsicherheit zum Thema Corona-Schutzimpfung in einigen Teilen der Bevölkerung sowie der Neuartigkeit der angewandten Impftechnologie wird die Beratung zur Corona-Schutzimpfung vergleichsweise aufwändig und wird nicht in allen Fällen in einer tatsächlichen Impfung münden. Um hier auch gegenüber der Bevölkerung eine Ergebnisoffenheit der Impfberatung kommunizieren zu können, muss Beratung und Impfung selbst nicht als gemeinsamer Komplex vergütet werden.

Hausärzte erinnern an Schutz von Heimbewohnern

Darüber hinaus richten Hausärzte den Fokus einmal mehr auf den Schutz hochbetagter Menschen als besonders gefährdete Personen. „Wir brauchen dringend zusätzliche Schutzmaßnahmen für die Bewohnerinnen und Bewohner der Alten- und Pflegeheime“, fordert Dr. Markus Beier. Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes verweist dabei auf die aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI): Demnach liege die Inzidenz der letzten sieben Tage deutschlandweit zwar bei 108 Fällen pro 100.000 Einwohner, aber bei den über 80-Jährigen sei sie mit einer Inzidenz von 224 mehr als doppelt so hoch. Zwei von drei Todesopfern stammten aus dieser Altersgruppe, so Beier.

Auch Dr. Hans-Michael Mühlenfeld, Vorsitzender in Bremen, kritisiert: „Gerade im Bereich der Heime sind viele Entscheidungen zu spät erfolgt, zudem mündeten diese Maßnahmen stets in unübersichtlicher Bürokratie. Oft wurden die Heime auch nur mit Verordnungen konfrontiert und ihnen keine Unterstützung angeboten. Und der Bereich der ambulanten Pflege wird im Pandemiemanagement bisher praktisch gar nicht unterstützt.“

Beide fordern daher unter anderem Strukturänderungen in den Heimen. Jedes Heim benötige einen Isolierbereich, den Beier auf eine Größe von 5 Prozent der verfügbaren Plätze beziffert, “mit festen ärztlichen Ansprechpartner*innen, im Bereich Pflege mit einem Personalschlüssel 1 zu 4 und immer mindestens 1 Fachkraft sowie ausreichend medizinischer / technischer Ausstattung und standardisierten Therapieplänen möglichst in einem festen Team.”

Weitere Bausteine sollten unter anderem eine eigene Stelle pro Heim für Hygiene und eine Stelle für die Themen „Information“ und „Proaktives Pandemiemanagement“ sowie ein eigener Testbereich sein.

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