Berlin. Ärzte dürfen Patienten bei leichten Beschwerden der oberen Atemwege weiterhin nach telefonischer Anamnese für sieben Tage krankschreiben. Denn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Sonderregelung nochmals von 4. auf 18. Mai verlängert. Das teilte das Gremium am Mittwoch (29.4.) mit. Ebenso ist es möglich, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) um sieben Tage zu verlängern.
Dies ist ein Teilerfolg für den Deutschen Hausärzteverband. In einem offenen Brief hatte er den G-BA aufgefordert, die Regelung zu verlängern. Der Verband hält es aber für sinnvoll, dass die Sonderregelung “bis zum Ende des Distanzgebots, aber zumindest bis zum Ende des 2. Quartals“ fortgilt. „Würde die Sonderregelung zum 4. Mai auslaufen, werden gerade multimorbide, ältere Patienten versuchen, den Arztpraxen fernzubleiben, um Ansteckungsrisiken zu minimieren“, skizzierte Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt darin das zu vermeidende Szenario. „Das darf auf keinen Fall geschehen, denn so besteht die Gefahr, dass sich deren Erkrankungen durch Unterversorgung verschlimmern.“
Daher forderte man eine “umgehende Verlängerung der Regelung” sowie eine frühzeitige Information der Praxen und Patienten über die im G-BA getroffenen Beschlüsse. Eine Verlängerung sei “unerlässlich”, betonte Weigeldt auch in einem ebenfalls Anfang der Woche (28. April) versendeten Rundbrief an die Verbandsmitglieder.
Dass es auch Mitte Mai erneut eine Verlängerung geben kann, ist noch nicht vom Tisch. Der G-BA wolle wieder rechtzeitig vor dem Auslaufen über das weitere Vorgehen informieren, sagte er am Mittwoch (29.4.).
Auch die DAK-Gesundheit halte eine “Beibehaltung der telefonischen Krankschreibung bis Ende Juni für sinnvoll“, teilte deren Vorstandsvorsitzender Andreas Storm am Dienstag (28. April) mit. Einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Kasse zufolge hätten sich seit März, also seit Bestehen der Sonderregelung, vier von zehn erkrankten Arbeitnehmern (39 Prozent) per Telefon krankschreiben lassen. Bei 43 Prozent von ihnen bestand laut behandelndem Arzt der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus. 88 Prozent der Befragten hätten eine Arztpraxis aufgesucht, wenn es die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung nicht gegeben hätte. „Die Daten zeigen, dass Arbeitnehmer verantwortungsvoll mit der neuen Regelung umgehen und das Ansteckungsrisiko in den Praxen dadurch reduziert wird. Wir unterstützen damit die Forderung des Hausärzteverbandes und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Verlängerung der telefonischen Krankschreibung.“
“Keine Beschlüsse ohne hausärztliche Expertise!”
Zuletzt hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die zeitlich befristete Sonderregelung, die zur Minimierung der Arzt-Patienten- sowie Patienten-Patienten-Kontakte in Arztpraxen getroffen worden war, nicht verlängern wollen – und den entsprechenden, überaus kurzfristig kommunizierten Beschluss nur nach massiven Protesten der Hausärzte spontan zurückgezogen. Am 4. Mai läuft die Verlängerung aus, dann muss der G-BA erneut über ein Fortführen entscheiden. Bisher, so Weigeldt, habe sich der Bundesausschuss in der Debatte “nicht gerade mit Ruhm bekleckert”.
„Solche Beschlüsse dürfen unter keinen Umständen erneut getroffen werden, ohne die Erfahrungen der Hausärztinnen und Hausärzte einzubeziehen“, appelliert Weigeldt an die Mitglieder des G-BA. „Denn sie kennen ihre Patientinnen und Patienten am besten und wissen daher, was derartige Entscheidungen für die Versorgung bedeuten.“
Zwei Tage nach dem bisher geltenden Endtermin für die Telefon-AU, am 6. Mai, werden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder die Auswirkungen der teilweisen Öffnungen im Geschäftsleben erörtern.
Finanzieller Schutzschirm für Praxen bleibt Thema
Ein weiteres wichtiges Thema sei der finanzielle Schutzschirm für die ambulante Versorgung, erinnert Weigeldt in seinem aktuellen Rundschreiben. “Hier klemmt es an der ein oder anderen Stelle noch. Insbesondere, was die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) betrifft.” Erfreulich sei, dass die Kassen genauso viel Geld für die Versorgung der Patienten bereitstellen müssten wie zu „normalen“ Zeiten – der Umfang bleibe also trotz reduzierter Leistungsmenge regulär.
“Interpretationsspielraum gibt es aber zum einen bei der Frage der Bedingung dieser Auszahlung (sie ist an die Gefährdung der Fortführung der Praxen geknüpft). Zum anderen müssen dann natürlich auch noch die Honorarverteilungsmaßstäbe entsprechend von den KVen angepasst werden und das „go“ von den Aufsichten kommen; die Kassen sind hier lediglich anzuhören. Wir wissen: Wenn es um Honorarverteilung geht, wird es häufig undurchsichtig und kompliziert. Insgesamt gibt es also noch einige Unklarheiten und Unsicherheiten, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen.”