Reform der Teststrategie9 Euro für neuen “Jedermann-Schnelltest”

Die nächste Überarbeitung der Testverordnung steht in der Pipeline: Ab 1. März soll sich jeder mit Antigen-Schnelltests auf das Coronavirus testen lassen können - auch ohne Symptome. Doch nicht nur die Vergütung dürfte sich im Praxisalltag als Pferdefuß erweisen.

Bisher braucht es für Antigen-Schnelltest noch einen Nasen-Rachenabstrich. Das könnte sich mit Laien-Schnelltests bald ändern.

Berlin. Ab dem 1. März soll sich jeder auch in seiner Hausarztpraxis kostenfrei mit einem Antigen-Schnelltest auf das Coronavirus (SARS-CoV-2) testen lassen können. Fällt der Schnelltest positiv aus, soll das Ergebnis wie bislang mittels PCR kontrolliert werden.

Der entsprechende “Entwurf für die Erweiterung der nationalen Teststrategie” aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) liegt der Redaktion von “Der Hausarzt” vor. Demnach sollen die Gratis-Schnelltests neben Arztpraxen auch in Testzentren und Apotheken stattfinden. Die Ärztekammern sind dazu angehalten, “entsprechende fachliche Empfehlungen für den Betrieb solcher Testzentren für ihre Mitglieder zu erarbeiten”, heißt es. Nötig ist für diese Tests wie bisher ein Nasen- oder Rachenabstrich.

Bisher werden die Schnelltests vor allem gezielt in Pflegeheimen, Praxen und Kliniken eingesetzt. Die Ausweitung über die Test-Verordnung, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag (16.2.) auch offiziell ankündigte, zeichnete sich schon im Dezember 2020 – mit der Forderung nach einer entsprechenden EBM-Ziffer – ab.

Vergütung entspricht nicht dem Aufwand

Dem Entwurf zufolge erhalten Ärztinnen und Ärzte bis zu neun Euro für die Beschaffung der Schnelltests erstattet und weitere neun Euro für die Durchführung des Tests sowie die Ausstellung eines Attests über das Ergebnis. Beides rechnen sie nach dem bisherigen Verfahren mit ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ab: Die regionalen Vorgaben hierzu sind unterschiedlich. Manche KVen lassen sich die monatliche Gesamtzahl der Schnelltests übermitteln, andere nutzen dafür Pseudo-EBM-Ziffern.

Im Praxisablauf ist für die neun Euro Honorar jedoch ein vergleichsweise hoher Aufwand nötig. Schließlich sollten Praxisteams idealerweise auch die Bürger für Schnelltests unabhängig von der normalen Sprechstunde einplanen, zur Durchführung der Tests Schutzkleidung tragen und entsprechende Räume vorbereiten, regelmäßig desinfizieren und lüften, um das potenzielle Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten.

Diese Organisation rund um die breitere Schnelltestung wird mit der im Entwurf vorgesehenen Vergütung bisher nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie die nötige Beratungszeit für Patienten. Doch gerade bei den Schnelltests ist eine gute Aufklärung wichtig. Schließlich können diese besonders bei Personen ohne Krankheitssymptome oft falsch negativ ausfallen (siehe unten).

Test von Praxisteams leichter möglich?

Als positiver Nebeneffekt für Praxen könnte sich ergeben, dass sie ab März das eigene Team unabhängig von der dafür bisher geltenden Inzidenzgrenze von 50 pro 100.000 Einwohnern testen können. Der Entwurf enthält hierzu zwar keinen expliziten Passus; jedoch wäre dies analog zur Ausweitung für Bürgerinnen und Bürger nur konsequent. Hier bleibt jedoch der genaue Wortlaut der veränderten Test-Verordnung ab März abzuwarten. Interessant ist dann auch, ob Praxisteams bei der Eigentestung weiterhin nur die Sachkosten für die Tests abrechnen dürften.

Praxistipp: “Der Hausarzt” hat wichtige Überlegungen rund um die Testung des eigenen Teams kompakt zusammengestellt.

Laut Entwurf evaluieren Paul-Ehrlich- und Robert Koch-Institut (RKI) derzeit die Qualität der eingesetzten Schnelltests. Insbesondere die großen Hersteller hätten die Prüfung bestanden, so das BMG. Zudem seien im Januar erstmals mehr Schnelltests verfügbar gewesen als nachgefragt wurden. Daher sei nun eine Ausweitung des Angebots machbar, um die schrittweisen Lockerungen der Kontaktbeschränkungen zu begleiten.

Die Kosten für die Ausweitung des Testangebots sollen rückwirkend ab 1. Januar aus dem Bundeshaushalt getragen werden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat bereits die Finanzierung zugesagt.

“Laien-Selbsttests” möglicherweise bald im Einsatz

Darüber hinaus bekräftigt der Entwurf aus dem BMG den Einsatz von Antigen-Schnelltests bei Laien. Sie sollen für jeden dann freiverkäuflich zu erwerben sein, rechtlich hatte Spahn die Voraussetzungen dafür bereits veranlasst. Viele Anbieter hätten bereits Verfahren zur EU-weiten oder CE-Zertifizierung begonnen und auch dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liegen eine Reihe von Anträgen auf nationale Sonderzulassung der Laien-Schnelltests vor, heißt es nun im Entwurf zur Teststrategie.

Das BfArM rechnete zuletzt mit ersten Zulassungen im März.

Anders als die bisherigen Antigen-Schnelltests können solche Spuck- und Gurgeltests auch von ungeschultem Personal angewendet werden. Sobald diese Tests in ausreichender Zahl verfügbar sind, sollen sie als Teil der Teststrategie der Länder in Kitas und Schulen eingesetzt werden. Entsprechende Rahmenverträge über Mindestmengen verhandelt der Bund nach eigenen Angaben aktuell. Der Bund plant, Bürger mit einem Euro pro Test an den Kosten zu beteiligen.

“Laientests dürfen nicht in falscher Sicherheit wiegen”

Grundsätzlich begrüßt der Deutsche Hausärzteverband die nationale Ausweitung der Tests neben Impfungen und Einhaltung der Abstandsregeln. Auch die “Laientests” könnten ein hilfreiches ergänzendes Instrument zur Eindämmung der Pandemie sein. Wie andere Medizinerverbände warnt aber auch der Hausärzteverband davor, die Selbsttests nicht als “Lizenz zum Freitesten” und damit einhergehenden Lockerungen zu verwenden.

“Fatal wäre es, wenn Anwenderinnen und Anwender sich aufgrund mangelhafter Sensitivität des Tests oder eines falsch-negativen Ergebnisses in falscher Sicherheit wiegen und das Testen zum Gegenteil des Erhofften führte: erhöhte Ansteckungsgefahr durch zu laxe Hygienemaßnahmen”, erläutert Bundesvorsitzender Ulrich Weigelt.

RKI: PCR bleibt Goldstandard

Auch das RKI weist darauf hin, dass ein PCR-Test als Goldstandard nicht zu ersetzen sei. Demnach kann ein negativer Antigen-Schnelltest bei symptomfreien, aber infizierten PCR-positiven Personen unter folgenden Bedingungen zustande kommen:

  1. Asymptomatische Patienten im späten Infektionsstadium: Die Viruslast liegt bereits unter der Nachweisgrenze des Antigen-Tests und wird noch weiter sinken.
  2. Asymptomatische Patienten im frühen Infektionsstadium: Die Viruslast liegt noch unter der Nachweisgrenze des Antigen-Tests, wird jedoch weiter steigen.
  3. Präsymptomatische Patienten: Die Viruslast liegt noch unter der Nachweisgrenze des Antigen-Tests, wird jedoch weiter steigen.

In den beiden Szenarien 2 und 3 werden laut RKI Personen, die zeitnah hohe Viruslasten und hohe Ansteckungsfähigkeit entwickeln werden, durch Antigen-Tests nicht erkannt. Aufgrund der sehr eingeschränkten Sensitivität des Antigen-Tests bei asymptomatischen Personen, könne die Einzeltestung in diesem Kollektiv eine Infektion mit SARS-CoV-2 nicht hinreichend ausschließen.

Hochkontagiöse Personen mit niedrigen Ct-Werten (also hoher Viruslast) werden hingegen mit ausreichender Sicherheit erkannt, so das RKI.

EU-Staaten vereinbaren Liste von Corona-Schnelltests zur Anerkennung

Update vom 18.2.: Die EU-Staaten haben sich auf eine Liste von Antigen-Schnelltests geeinigt, deren Ergebnisse in allen Ländern anerkannt werden sollen. Zudem bestimmten sie, welche Daten künftig in den Testergebnissen enthalten sein sollen, wie die EU-Kommission am Donnerstag (18.2.) mitteilte.

Der Beschluss sieht vor, dass die Ergebnisse von 16 Schnelltests gegenseitig anerkannt werden. Die Ergebnisse sollen sowohl in der Sprache des Landes, in dem der Test gemacht wurde, als auch in Englisch verfügbar sein. Bereits im Januar hatten die EU-Staaten entschieden, an einer solchen Liste zu arbeiten, um grenzüberschreitenden Verkehr zu erleichtern.

Mit Material von dpa

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