Mit einer Flut von Rückzahlungsbescheiden überschwemmt die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Hausärztinnen und Hausärzte pünktlich zu den Sommerferien. Vermutlich sind rund 4.000 von 5.500 Hausärzten betroffen, einige sollen Beträge zwischen 10.000 und 20.000 Euro für den Zeitraum 1. Quartal 2011 bis 3. Quartal 2013 zurückzahlen. Begründet wird die Rückforderung mit der alten EBM-Chronikerpauschale 03212, Hintergrund sind laut KV Prüfanträge mehrerer Kassen, die die Abrechnungsvoraussetzung für diese Ziffer anzweifeln.
Die alte Pauschale 03212 galt bis Ende des 3. Quartals 2013 und wurde dann von den Ziffern 03220 und 03221 abgelöst. Die Abrechnung war an Bedingungen geknüpft, unter anderem musste der Patient in den vergangenen drei Quartalen aktiv ärztlich betreut worden sein. Das – so das Ergebnis einer Prüfung, die auf Antrag mehrerer Krankenkassen durch die KV durchgeführt worden ist – habe nicht in allen Fällen stattgefunden.
Der Hausärzteverband Nordrhein hat sich Mitte Juli in einem offenen Brief an die Vorstände der KV Nordrhein gewandt. Der Verband kündigt darin zahllose Widersprüche seitens der Hausärztinnen und Hausärzte gegen die ergangenen Bescheide an. Zudem stellt der Verband die Rechtmäßigkeit der Rückforderungen in Frage, da diese laut Aussage der KV selbst lediglich geschätzt sind. Auch räumte die Selbstverwaltung den Betroffenen keine Möglichkeit einer substantiierten Aufbereitung an Hand eigener Akten ein, „unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten vollkommen untragbar“, heißt es in dem Brief.
Angesichts der ungeklärten Positionen ist man von der KV Nordrhein enttäuscht. Man habe „Rückhalt für die ohnehin nicht üppigen Honorare der Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein erwartet“, so Dr. Dirk Mecking, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein. „Hausärztliche Versorger fühlen sich um das Honorar für eine Kernleistung ihres Handelns betrogen. Die Frage ist auch, was zählt: geleistete aufwändigere Versorgung vor Ort oder eine nicht prüfbare Verwaltungsvorschrift im Nachsatz.“
Die Forderungen sind klar: Die Einbehaltung der Beträge ist auszusetzen und im Interesse der betroffenen Ärzte sind Verhandlungen mit den Krankenkassen aufzunehmen. In anderen Kassenärztlichen Vereinigungen, wie beispielsweise Hessen, Thüringen und dem Saarland, sind so vergleichbare Regresswellen abgewendet oder deutlich schlanker gestaltet worden. Sollte dies gegenüber den Krankenkassen nicht vertretbar erscheinen, fordert der Hausärzteverband Nordrhein bis zur gerichtlichen Klärung eine gemeinsame Verständigung auf Aussetzung der Honorareinbehalte.
Der Verband rät betroffenen Kollegen, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen und bietet hierfür auf seiner Internetseite einen Musterwiderspruch an. Da es nicht zielführend sei, unzählige Gerichtsverfahren zu führen, schlägt der Verband einen Musterprozess vor, die Entscheidung des Sozialgerichtes könne dann auf alle Kollegen angewendet werden. In jedem Fall sei der Verband zu einem konstruktiven Gespräch und lösungsorientierten Vereinbarungen, auch mit den Krankenkassen, bereit, heißt es in dem Brief.