"Kein Wort zum Landarztmangel, kein Wort zum zunehmenden Ärztemangel an den Kliniken, kein Wort zu überfüllten und überlasteten Notfallambulanzen. Ich fordere die neue Bundesregierung ausdrücklich auf, schnell und durchgreifend eine echte Reform im Gesundheitswesen auf den Weg zu bringen", kommentierte Dr. Berthold Dietsche den Koalitionsvertrag. Anlass war die berufspolitische Podiumsdiskussion zum Thema "Patienten- versorgung – wer macht‘s?" auf dem 16. Baden-Württembergischen Hausärztetag am 17. März in Stuttgart. Wichtige aktuelle Probleme kämen im Koalitionsvertrag zu kurz, kritisierte der Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden-Württemberg.
Die Podiumsgäste in Stuttgart waren sich einig: Die Patientenversorgung steht in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Viele Hausarztpraxen, vor allem in ländlichen Regionen, können nicht mehr neu besetzt werden. Einerseits, weil sich zu wenige junge Ärzte entscheiden, Hausarzt zu werden, andererseits, weil Ärzte heute andere Anforderungen an ihren Beruf stellen. Dazu gehören zum Beispiel eine ausgewogene Work-Life-Balance und mehr Teamarbeit. Die Idee eines grundversorgenden Facharztes lehnten hausärztliche wie fachärztliche Vertreter auf dem Podium ab, anders dagegen Medizinische Versorgungszentren (MVZ).
Das Gesundheitssystem der skandinavischen Länder wird dafür oft als Referenz herangezogen: Ein hoher Grad an Zusammenarbeit und Patientensteuerung durch den Hausarzt prägen dort die hausärztliche Versorgung. Bei der Patientensteuerung und dem Abbau von Bürokratie ist Baden-Württemberg schon einen Schritt weiter: In der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) kommt dem Hausarzt die Aufgabe des "Gatekeepers" zu.
Bleibt noch die Digitalisierung: "Sie wird kommen und wir müssen mitstrukturieren", sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands. Zu diskutieren bleibt, wie man digitale Technologien sinnvoll und zum Vorteil für Arzt und Patient einsetzen kann.