Der Hausärzteverband Nordrhein hat Forderungen an die künftige Landespolitik in Nordrhein-Westfalen formuliert. Deren Reaktion fällt bisher jedoch verhalten aus, wie eine Podiumsdiskussion mit Parteivertretern anlässlich des 16. Nordrheinischen Hausärztetags am 29. April in Köln gezeigt hat. In NRW wird am 14. Mai ein neuer Landtag gewählt.
Die „Wunschliste“, wie sie der erste Verbandsvorsitzende Dr. Dirk Mecking nannte, liest sich wie das Drehbuch für eine umfassende Gesundheitsreform: ein eigenständiger hausärztlicher Honorartopf mit eigenem Abrechnungskatalog, Public-Private-Partnership-Modelle für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Kommunen, Zusammenführung von ärztlichem Bereitschaftsdienst und Rettungsdienst in eine gemeinsame, eigenständige Säule des Gesundheitssystems, ein allgemeinmedizinischer Lehrstuhl an der Uni Köln, ein spezielles Dispensierrecht für Hausärzte in Regionen, die mit Apotheken unterversorgt sind sowie eine umfassende Finanzierung telemedizinischer Projekte wie Teleärzte und Tele-VERAH. Mit Blick auf das TeleArzt-Projekt, an dem der Deutsche Hausärzteverband beteiligt ist, erinnerte Mecking die anwesenden Politiker: „Die Rucksäcke stehen bereit, unsere VERAHs stehen bereit!“
Konkrete Zusagen wollten – oder konnten – die Podiumsteilnehmer in Köln nicht liefern, und offenbarten die Grenzen ihres Einflusses in einem zersplitterten Gesundheitssystem. Wenigstens noch zum Dispensierrecht gab es klare Kanten. Während die FDP-Landtagsabgeordnete Susanne Schneider einen Parteibeschluss zitierte, „dass wir uns das wünschen“, wiesen die anderen Parteiverteter das Ansinnen deutlich zurück: Für Dr. Axel Kottmann, CDU-Abgeordneter und Hausarzt, werde damit „die Friedensgrenze zwischen Ärzten und Apothekern aufgelöst“. Grünen-Gesundheitsministerin Barbara Steffens nannte die Diskussion gar „kontraproduktiv“ und outete sich als „Fan von Delegation statt Substitution“.
Pfiffe aus dem Publikum erntete Kölns SPD-Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes: „Wir brauchen keinen eigenen Lehrstuhl“, meinte sie mit Blick auf die Uni Köln. CDU-Politiker Kottmann, der auch Lehrbeauftragter an der Uni Köln ist, erinnerte die Bürgermeisterin, dass „wir in einer Hundehütte arbeiten“. „Wir sitzen auf Klappstühlen!“ Vom Dekan habe er nach seiner Kritik einen Maulkorb verpasst bekommen. Allerdings fehlte auf dem Podium die zuständige NRW-Wissenschaftsministerin. Die hätte sich vermutlich beißende Kritik wegen des Finanzierungsstreits um den Masterplan Medizinstudium 2020 anhören müssen. Für Kottmann ist er ohnedies „nur ein zahnloser Tiger“. Steffens nannte den Plan „ganz nett“, vermisst aber Antworten auf das „Nachwuchsproblem“. Die Forderung der Wissenschaftsminister nach einer Finanzierung durch die GKV bezeichnete sie als „illusorisch“.
Waren die Töne zu Ärzteausbildung oder Dispensierrecht noch konträr, verloren sich die Politiker bei anderen Themen oft in Gemeinplätzen: So sieht FDP-Politikerin Schneider in einem „guten Hausarztsystem eine Kostenersparnis“. Barbara Schmidt (Linke) findet es „nicht in Ordnung“, dass „ausgerechnet Hausärzte“ bei der Bezahlung „am schlechtesten wegkommen“. Bürgermeisterin Scho-Antwerpes sieht bei der Prävention „gute Beispiele, aber viel Luft nach oben“. Der Piraten-Abgeordnete Babak Tubis forderte eine Präventionsstrategie, die „Bedingungen schafft, dass die Leute nicht erst zum Arzt müssen“.