Spahn kündigt anTelefon-AU soll wiederbelebt werden

Gute Nachrichten für Hausärzte: Laut dem Bundesgesundheitsminister sollen sie in bestimmten Fällen Patienten auch wieder telefonisch krankschreiben können. Hingegen sollen Hausärzte bei Corona-Impfungen zunächst wohl außen vor bleiben.

Bald sollen Ärzte wieder telefonisch krankschreiben dürfen.

Berlin. Bis Ende des Jahres sollen Ärzte ihre Patienten mit leichten Atemwegserkrankungen wieder nach einer reinen telefonischen Anamnese krankschreiben können. Dies werde die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen – der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) – mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) morgen beschließen. Das kündigte Minister Jens Spahn (CDU) bei einer Pressekonferenz mit dem Robert Koch-Institut (RKI) und dem GKV-Spitzenverband am Mittwoch (14.10.) in Berlin an.

Telefon-AU erleichtert Praxisablauf

Die Möglichkeit der telefonischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), die in der Corona-Pandemie temporär geschaffen worden war, erleichtert es Ärzten, Infekt- von Nicht-Infektpatienten zu trennen und ist im Praxisalltag mit deutlich weniger Aufwand verbunden als zum Beispiel die Video-AU.

Darauf hatten der Deutsche Hausärzteverband sowie andere Ärztevertreter in den vergangenen Wochen immer wieder hingewiesen und gefordert, die Telefon-AU zu Beginn der Erkältungszeit wiedereinzuführen. Der Hausärzteverband setzt sich zudem dafür ein, die telefonische Krankschreibung auch über diese Zeit hinaus dauerhaft zu erlauben. Da Hausärztinnen und Hausärzte ihre Patienten in der Regel sehr lange und gut kennen, könnten sie am Telefon verlässlich einschätzen, ob sie Patienten persönlich für eine AU sehen müssten oder nicht.

Zuletzt hatte der G-BA lediglich die Möglichkeit geschaffen, dass die Telefon-AU als Teil eines Maßnahmenpakets lokal und zeitlich begrenzt in Corona-Hotspots reaktiviert werden kann.

Neue Test-Verordnung angekündigt

Spahn kündigte zudem an, dass am Donnerstag (15.10.) wie geplant die neue Test-Verordnung in Kraft treten wird. „Ich habe sie heute Morgen unterschrieben“, sagte er am Mittwoch. Erwartet wird, dass in der neuen Rechtsverordnung auch der Einsatz von Antigentests aus SARS-CoV-2 geregelt wird.

Einem Frage-Antwort-Katalog des BMG zufolge sollen sie vor allem dazu dienen, Corona-Risikopatienten besser zu schützen. Dort heißt es: Antigentests können Infektionen schneller erkennen und eignen sich daher besonders für „Besucher, Beschäftigte, Bewohner und Patienten von Pflegeheimen und Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“. Demnach sei geplant, dass vor allem die Anwendung in medizinischen Einrichtungen, auch Arztpraxen, künftig erstattet werden.

Aber auch Antigen-Schnelltests müssten von geschultem medizinischem Personal vorgenommen werden. Das RKI und das Paul-Ehrlich-Institut sollen Kriterien zur Beurteilung von Schnelltests erarbeiten.

Spahn: Kein Engpass bei Grippeimpfung

Darüber hinaus appellierten Gesundheitsminister Spahn, RKI, STIKO und GKV-Spitzenverband am Mittwoch an Personen, die ein hohes Risiko für einen schweren Grippeverlauf haben, sich gegen Influenza impfen zu lassen. Neben der AHA+L-Regel (Abstand halten, Hygienemaßnahmen, Alltagsmaske + Lüften) sei die Grippeimpfung das „mächtigste Instrument“, um die Menschen selbst zu schützen und somit auch das Gesundheitssystem vor einer Doppelbelastung durch Grippe und Corona zu bewahren, machte RKI-Präsident Lothar Wieler deutlich.

Der Deutsche Hausärzteverband forderte am Mittwoch die Politik auf, dafür zu sorgen, dass den Praxen auch genug Grippeimpfstoff zur Verfügung steht. Denn in einigen Hausarztpraxen seien die ersten Impfstoffbestellungen bereits komplett verimpft. Der Appell durch die Politik habe die Nachfrage dieses Jahr deutlich gesteigert.

„Das ist eine erfreuliche Tendenz, die sich hoffentlich auch in den nächsten Wochen fortsetzen wird“, so Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt. „Wenn dann allerdings die nächste Charge auf sich warten lässt, führt das zu Sorgen bei den Patienten. Für die Hausarztpraxen heißt das dann, ihre Patienten beruhigen, Wartelisten anlegen und gleichzeitig die Apotheken im Umkreis abtelefonieren.“

„Erstmals hat der Bund sechs Millionen Grippeimpfstoffdosen bestellt, insgesamt stehen damit 26 Millionen Dosen zur Verfügung – so viel wie noch nie“, ergänzte Spahn. Er betonte auch, dass es derzeit lokal immer mal wieder vorkommen könne, dass vorübergehend kein Impfstoff zur Verfügung stehe. Dabei handele es sich aber nicht um einen Versorgungsengpass, sondern „die Dosen werden nach und nach freigegeben und ausgeliefert“, erklärte Spahn.

Er rechne damit, dass die 26 Millionen Dosen frühestens im Februar aufgebraucht sein könnten. „Es ist auch sinnvoll, sich noch im November oder Dezember impfen zu lassen“, betonte er. Studien konnten sogar zeigen, dass eine Grippeimpfung im November deutlich effektiver ist als im Oktober.

Impfstoff speziell für über 65-Jährige

Doch Umfragen hätten ergeben, dass sich in den letzten Jahren nur etwa jeder dritte Risikopatient auch gegen Influenza impfen ließ. Minister Spahn appellierte daher: „Neben Risikopatienten sollten sich besonders Personen impfen lassen, die häufigen Kontakt mit Risikopersonen haben.“ Gleiches hatte jüngst Hausärzte-Chef Weigeldt während des Deutschen Hausärztetags gefordert. Zu den Gruppen mit hohem Risiko zählen Menschen mit chronischen Erkrankungen, Schwangere (im zweiten Trimester) sowie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Spahn wünschte sich zudem, dass auch die Impfbereitschaft unter medizinischem Personal weiter zunehme.

Deutschland habe zudem noch 500.000 Dosen eines Influenza-Impfstoffs speziell für Personen über 65 Jahre beschafft, so Spahn weiter. Aktuell werde aber noch der „richtige Weg“ gesucht, wie man die Zielgruppe am besten erreichen könne.

Corona-Impfstoff in etwa so teuer wie Grippeimpfung

Nach einer Corona-Impfung gefragt, hob Spahn wiederholt hervor: „Ich schließe eine Impfpflicht aus.“ Er sei sicher, dass es genug Freiwillige geben wird, sobald verschiedene Corona-Impfstoffe zur Verfügung stünden, um die nötige Impfquote von circa 75 Prozent zu erreichen.

„Nicht alle Impfstoffe werden zur gleichen Zeit zur Verfügung stehen. Daher arbeiten RKI, Leopoldina und Deutscher Ethikrat derzeit an einer Strategie zur Priorisierung“, erläuterte Spahn. STIKO-Vorsitzender Prof. Thomas Mertens ergänzte: „Es ist unvorstellbar, dass man den Hausärzten überlässt, über die schwierige Frage der Priorisierung entscheiden zu müssen. Daher soll zuerst in Zentren geimpft werden.“ Wichtig sei, die Strategie transparent und verständlich für jedermann zu erklären, warum wer zuerst geimpft wird.

Die Preise für eine Dosis Corona-Impfstoff werde in der Größenordnung der Grippeimpfung liegen, schätzte Spahn. Dies werde sich nach Produkt und Hersteller unterscheiden. Die Preise werden auf EU-Ebene mit den Herstellern verhandelt und von Deutschland dann die Impfstoffdosen eingekauft.

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