Das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung soll fallen. Das sieht eine neue Formulierung für den Paragrafen 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung vor, die der Berufsordnungsausschuss der Bundesärztekammer (BÄK) nun erarbeitet hat. Die Beschlussvorlage soll Anfang des neuen Jahres dem BÄK-Vorstand vorgelegt werden, wie Sprecher Samir Rabbata auf Anfrage bestätigt.
Die Bundesärztekammer war beim 120. Deutschen Ärztetag aufgefordert worden, zu überprüfen, ob die Musterberufsordnung im Hinblick auf Fernbehandlungen ergänzt werden muss.
Inhaltlich wollte Rabbata vor der Entscheidung des Vorstandes noch keine Aussage dazu treffen, wie weit die Lockerung gehen wird. BÄK-Vorstandsmitglied Dr. Franz Bartmann gibt im Interview jedoch einen Ausblick, dass die Entscheidung zur Fernbehandlung Patient und Arzt gemeinsam tragen müssten, der persönliche Kontakt also die Regel bleiben soll. Der Deutsche Hausärzteverband hatte wiederholt betont, dass das persönliche Arzt-Patienten-Verhältnis – bei aller Offenheit für moderne Kommunikationswege – nicht ausgehöhlt werden dürfe.
Vorbehaltlich der Zustimmung des BÄK-Vorstandes könnte die Formulierung bereits im Mai beim 121. Deutschen Ärztetag zur Abstimmung kommen.
"Einige Praxen könnten deutlich entlastet werden"
Eine Neuregelung der Fernbehandlung soll Ärzten mehr Spielraum ermöglichen. Dr. Franz Bartmann, Vorsitzender des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer, erklärt, was das für Hausärzte bedeutet.
Wenn der BÄK-Vorstand ein Aus des ausschließlichen Fernbehandlungsverbots beschließt, wird der Kontakt zum Hausarzt dann künftig redundant?
Im Falle des Hausarztes, der von einem ihm bekannten Patienten kontaktiert wird, relativiert sich bereits heute die in Paragraf 7 Abs. 4 beschriebene Einschränkung der Fernbehandlung. Meines Erachtens ist es in diesem Fall situations- und ermessensabhängig, ob eine spezifische Beratung ohne zwingend erforderliche persönliche Vorstellung erfolgen kann. Allerdings sehen die Juristen einiger Kammern dies restriktiver. Die angestrebte Neuregelung würde ich so interpretieren, dass eine Entscheidung, ob eine abschließende Beratung erfolgen kann, sich erst im Laufe des Kontaktes entwickeln kann und Patient und Arzt gemeinsam den Entschluss tragen.
Was bedeutet die angestrebte Lockerung für den Arzt im Praxisalltag?
Diese Frage ist pauschal nicht zu beantworten. In einer Einzelpraxis würden permanent eingehende Telefonate mit jeweils längeren Erörterungen den Praxisablauf empfindlich stören. Bei mehreren Kollegen könnte dagegen in einem arbeitsteiligen Verfahren der Praxisbetrieb durch den Wegfall nicht oder nur bedingt notwendiger Besuche deutlich entlastet werden.
Wann wird die Lockerung in Kraft treten?
Prinzipiell kann jede Landesärztekammer unmittelbar nach einem Ärztetagsbeschluss in Verbindung mit der Aufsichtsbehörde die Berufsordnung anpassen. Es ist natürlich möglich, dass ein Beschluss mit solcher Tragweite in einigen Kammern weitere Debatten nach sich zieht. Ich bin aber überzeugt, dass sich die Neuregelung am Ende flächendeckend durchsetzen wird.