Berlin. Sucht- und Drogenexperten rechnen allgemein mit einer Zunahme der Cannabis-Nutzung im Zuge der geplanten Legalisierung und warnen auch vor einer langfristigen Zunahme des Konsums bei Jugendlichen.
Ein Papier des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg wurde am Dienstag (2.5.) von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an die Regierungsfraktionen im Bundestag und die anderen Ministerien verschickt.
In dem Gutachten wird auf Erfahrungen in Kanada, Uruguay oder einigen US-Bundesstaaten verwiesen, wo Cannabis bereits legalisiert wurde. Es sei zu erwarten, dass der Konsum nach einer etwaigen Legalisierung auch in Deutschland weiter zunehme, heißt es darin.
Konsum bei Jugendlichen könnte langfristig zunehmen
Der Gesundheitsschutz für Erwachsene dürfte sich „zumindest kurzfristig nur geringfügig verändern“, schreiben die Autoren außerdem. Sie verweisen auch auf eine leichte Erhöhung der Zahl der Verkehrsunfälle „in vielen Regionen“ nach der Legalisierung.
Mit Blick auf Jugendliche warnen die Experten, dass sich für sie durch die Legalisierung „die subjektive Verfügbarkeit“ von Cannabis erhöhe. Das größte Risiko für den Jugendschutz bestehe darin, dass der Konsum bei Jugendlichen langfristig zunehme.
Als positive Effekte einer Legalisierung werden die Qualität des Stoffs und eine bessere Information der Konsumenten hervorgehoben. Außerdem sei anzunehmen, dass die Zahl der Vergiftungsfälle durch beigemischte Substanzen verringert werden könne.
Eierlegende Wollmilchsau?
„Ziel der Legalisierung sollte sein, für gegenwärtig konsumierende Menschen ein legales Angebot zu schaffen, ohne dabei die Attraktivität des Konsumeinstiegs zu erhöhen“, empfiehlt das Gutachten.
Lauterbach hatte kürzlich seinen Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis in die regierungsinterne Abstimmung gegeben.
In dem Schreiben betont er, die Studienergebnisse bestätigten die Pläne für eine kontrollierte Abgabe der Droge an Erwachsene. Es sei richtig, den Kinder-, Jugend- und Gesundheitsschutz und die Eindämmung des illegalen Marktes ins Zentrum des Vorhabens zu stellen.
Studie bestätigt Warnungen der Ärzteschaft
Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, wundert sich über Lauterbachs Aussagen. Reinhardt: „Der Bundesgesundheitsminister betont immer wieder, dass er wissenschaftliche Evidenz zur Grundlage seiner politischen Entscheidungen machen will. Wenn das sein Anspruch ist, muss er nach den Ergebnissen der von ihm selbst beauftragten Studie seine Gesetzespläne zur Cannabis-Legalisierung noch einmal grundlegend überdenken.“
Die Ergebnisse der Meta-Studie des Hamburger Instituts zeigten, dass dort, wo Cannabis zu Genusszwecken freigegeben wurde, der Freizeitkonsum ansteige. Jugendliche müssten aufgrund von Cannabis verstärkt medizinische Hilfe in Anspruch nehmen, so Reinhardt.
Die Studie bestätige, wovor die Ärzteschaft seit Jahren warne, erklärte Reinhardt am Mittwoch (3.5.): „Die Legalisierung von Cannabis führt zur Verharmlosung einer Droge, die nachgewiesenermaßen abhängig macht und zu schweren Entwicklungsschäden gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen führen kann.“ (dpa/at)
Studie des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung: “Technical Report: Effekte einer Cannabislegalisierung (ECaLe)”