Berlin. Um das sogenannte „Zweite Pandemie-Gesetz“ wird es wohl noch Diskussionen – sowie möglicherweise Nachbesserungen – geben. Das zeichnete sich bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag am Donnerstag (7. Mai) ab. Dort meldeten Oppositionsparteien sowie der Koalitionspartner SPD noch Änderungswünsche an.
Die FDP kritisierte beispielsweise grundlegend, dass nicht jetzt schon ausreichend für kommende Pandemien vorgesorgt werde. Experten warnten seit Jahren vor solch einer Situation, nun müsse es eine Strategie geben, plädierte Bundestagsabgeordneter Dr. Andrew Ullmann. Besonders dramatisch aus Hausarzt-Sicht: In Pandemie-Plänen bleibt die hausärztliche Versorgung bislang völlig ausgeklammert. Darauf hatten Deutscher Hausärzteverband und Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) wiederholt hingewiesen.
Am heftigsten debattierten die Abgeordneten jedoch über einen Passus, der zwischenzeitlich bereits aus dem Gesetz geflogen war – dessen Idee die Gemüter aber scheinbar nachhaltig erhitzt hat: Seine Pläne für einen Immunitätsnachweis – auch “Immunitätspass” genannt – hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach Protesten auch von Seiten der SPD bereits vorerst zurückgezogen.
“Pflegebonus” steht auch Praxisteams zu
Aufregung bei den Oppositionsparteien gab es auch um den geplanten Pflegebonus: Die vorgesehenen 1.000 Euro – aufzustocken durch Länder und Arbeitgeber auf 1.500 Euro – seien „blanker Hohn“ für die Pflegekräfte, erklärte Andreas Kessler (Linke). Es müsse vielmehr dauerhaft attraktive Arbeitsbedingungen und Löhne in der Pflege geben. Auch dürfte der Bonus nicht aus der Pflegekasse finanziert werden. Die Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink sagte, eine Corona-Prämie hätten nicht nur Mitarbeiter in Altenheimen, sondern alle im Gesundheitswesen verdient.
Auch der Deutsche Hausärzteverband macht sich gemeinsam mit dem Verband medizinischer Fachberufe (vmf) dafür stark, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Praxen durch einen staatlichen Bonus dieselbe Wertschätzung erfahren wie Pflegekräfte.
Zahl der Tests soll hochgefahren werden
Das “Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite” sieht darüber hinaus vor, die Kapazität von knapp einer Million möglichen Corona-Tests pro Woche auszuschöpfen. Besonders im Gesundheitswesen – in Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeheimen – sollen Personal und Patienten respektive Bewohner großflächig getestet werden, um Infektionsherde schnell zu erkennen. Deutlich mehr Tests, auch präventive, sollten von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Dagegen hatten sich GKV-Spitzenverband sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten gewehrt.
Kommende Woche wird sich der Gesundheitsausschuss mit dem Gesetz beschäftigen, die abschließende Abstimmung im Parlament ist für den 14. Mai vorgesehen. Das Gesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Es soll von der Länderkammer abschließend am 15. Mai beraten werden und bis Mitte Juni in Kraft treten.
Weiterer essenzieller Teil des Gesetzentwurfs ist die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) sowie der Gesundheitsämter. Der von der großen Koalition eingebrachte Entwurf sieht dafür insgesamt 50 Millionen Euro für die bundesweit 375 Gesundheitsämter vor, um vor allem die Digitalisierung von Prozessen voranzubringen. Das Robert Koch-Institut (RKI) soll dauerhaft eine Kontaktstelle für den ÖGD mit zusätzlich 40 Stellen bekommen. Die Gesetzespläne sehen zudem weitere Meldepflichten für Ärzte und Labore vor. Sie sollen auch negative Testergebnisse und genesene Fälle angeben.
Darüber hinaus musste Bundesgesundheitsminister Spahn in der Debatte auch von vielen Seiten Kritik einstecken: Einige Abgeordnete forderten von ihm ein, den Weg der schnellen Notfallgesetze zu verlassen und wieder zum Normalbetrieb der parlamentarischen Verfahren zurückzukehren. Der Ausnahmezustand und eine damit befürchtete Notlage sei zunächst abgewendet worden, daher müsse nun auch die Regierung wieder zu den regulären Abstimmungsprozessen zurückkehren.