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Forum PolitikDokumentation: Das rät der Richter

Eine gute Dokumentation ist für jeden Hausarzt unverzichtbar. „Doch es gibt viele Unsicherheiten, besonders bei der Pflegeheimdokumentation“, sagt Ingrid Dänschel, Vorsitzendes des Sächsischen Hausärzteverbandes. Wünschenswert seien klare Richtlinien und eine Handreichung für Formulierungshilfen, etwa vom Medizinischen Dienst. Bei der Frühjahrstagung des Verbands hat Richter Gilbert Häfner, Präsident des Landgerichts Dresden, Dokumentations-Tipps gegeben.

Herr Häfner, in ungefähr der Hälfte der Arzthaftungsprozesse am Landgericht Dresden spielt die ärztliche Dokumentation eine Rolle. Was konkret raten Sie als Richter den Hausärzten, zu dokumentieren?

Häfner: Auch wenn es lästig ist, sollte der Arzt die Dokumentation nicht vernachlässigen. Das Gesetz schreibt in Paragraf 630 f Absatz 2 BGB vor, dass sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen sind, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Außerdem sind Arztbriefe zur Patientenakte zu nehmen.

Was passiert, wenn der Arzt nicht ausreichend dokumentiert hat?

Hat der Arzt eine medizinisch gebotene Maßnahme oder ihr Ergebnis nicht dokumentiert, so wird im Streitfall vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat. Das führt zwar noch nicht unmittelbar zu einer Haftung des Arztes, bringt ihn aber in eine ganz schwierige Beweissituation. Während im Allgemeinen der Patient den Behandlungsfehler und seine Kausalität für einen Schaden beweisen muss, trifft bei gebotener aber fehlender Dokumentation den Arzt die Beweislast. Allein seine Aussage vor Gericht wird also nicht ohne weiteres ausreichen, den Beweis zu führen.

Gibt es denn Empfehlungen, wie dokumentiert werden sollte?

Maßgeblich ist, dass ein Arzt-Kollege die Formulierungen in der Dokumentation versteht. Es ist nicht erforderlich, dass auch der Patient sie ohne Hilfe nachvollziehen kann. Das heißt: in der Verwendung von Abkürzungen, Zahlen-Codes und Fremdworten ist der Arzt relativ frei. Wichtig ist auch noch, dass zeitnah dokumentiert wird.

Haben Sie als Richter noch weitere praktische Tipps für die Hausärzte?

Sicherlich würde in einigen Fällen die Foto-Dokumentation eines Befundes viel Schriftkram ersparen. Auch die Beschwerden von Patienten zu dokumentieren, würde ich empfehlen – obwohl es so explizit nicht im Gesetz steht. Was den Hausärzten auch klar sein sollte: Die Aufklärung über die Behandlungsschritte muss immer auch mündlich erfolgen. Es reicht nicht aus, dem Patienten einfach einen Aufklärungsbogen unterschreiben zu lassen. In der Akte muss jedenfalls in Stichpunkten dokumentiert werden, dass und worüber aufgeklärt wurde. Und was viele vielleicht nicht wissen: Auch über eventuelle Behandlungsfehler muss der Arzt aufklären, wenn der Patient nachfragt oder es zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren notwendig ist. Er sollte dies auch dokumentieren. Wenn das nicht geschieht, könnten sich später Schadensersatzansprüche daraus ergeben.

Das Gesetz sagt, dass Eintragungen in der Patientenakte nur dann nachträglich verändert werden dürfen, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, was ergänzt oder berichtigt wurde und von wem. Was bedeutet das für die praktische Arbeit der Hausärzte?

In der klassischen Papierform ist das kein großes Problem. Es gilt: ich darf nicht radieren oder übermalen. Werden Ergänzungen gemacht, gehört daneben das Datum der Änderung. Eine Ausnahme sind persönliche Anmerkungen zum Patienten: Die dürfen geschwärzt werden und müssen nicht bei Einsicht herausgegeben werden. In der elektronischen Form ist das jedoch ein größeres Thema. Hier muss seit der Änderung des Patientenrechtestärkungsgesetzes von 2013 technisch sichergestellt sein, dass ein Überschreiben oder Löschen mit der verwendeten Software nicht möglich ist und das Datum von Ergänzungen feststellbar ist. Wer noch mit älterer Software arbeitet, die nachträgliche Änderungen von Einträgen ermöglicht, könnte hier Probleme bekommen. Eine pragmatische Lösung wäre es dann, in gewissen Abständen Sicherungskopien der Dokumentationen auf nichtüberschreibbaren Datenträgern zu erstellen.

Wie lange sollten Hausärzte Dokumentationen aufbewahren?

Grundsätzlich schreibt der Gesetzgeber vor, dass die ärztliche Dokumentation zehn Jahre aufzubewahren ist. Sonderbestimmungen gibt es etwa für Röntgenbilder.

Haben Sie als Richter zum Thema ärztliche Dokumentationspflicht noch eine Botschaft an die Hausärzteschaft?

Auch wenn es im Alltag oft ein lästiges Übel sein mag: Vielleicht hilft es die Sache so zu sehen: Eine gute Dokumentation kann auch der eigenen Behandlung dienlich sein. Das sollte im Vordergrund stehen, denn letztlich ist die Dokumentation immer noch weniger wichtig, als eine gute Behandlung.

Literaturtipp

Informiert und Selbstbestimmt. Ratgeber für Patientenrechte (Stand 2014). Eine Broschüre herausgegeben von den Bundesministerien für Justiz und für Gesundheit sowie vom Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Patientinnen und Patienten.

Die wichtigsten Rechtsquellen zur ärztlichen Dokumentationspflicht auf einem Blick:

  • Paragraf 630f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • Paragraf 10 Berufsordnung Ärzte

  • Paragraf 57 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)

  • Paragraf 28 Abs. 1 RöntgenVO

  • Paragraf 85 StrahlenschutzVO

  • Paragraf 37 Abs. 3 Jugendarbeitsschutzgesetz (betriebsärztliche Untersuchung)

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