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ArzneimittelversorgungWie Sie Ärger bei Arzneiverordnungen vorbeugen

Der neue Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung hat in vielen Arztpraxen zu Rückfragen von Apothekern geführt. Was steckt dahinter und wie können Ärzte Probleme verhindern?

Seit Juli gilt der neue Rahmenvertrag zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband über die Arzneimittelversorgung – und in vielen Arztpraxen häuften sich plötzlich die Nachfragen von Apothekern zu Rezepten. “Mehrmals am Tag” hielten zwei Drittel von ihnen mit Ärzten Rücksprache, weil das verordnete Medikament nicht lieferbar, das verfügbare aber teurer war – also über dem neu eingeführten “Preisanker” lag. Das ergab eine Umfrage des Deutschen Apotheken Portals unter mehr als 3.400 Apothekern (s. Abb.). Die Lieferengpass-Problematik komme öfter zum Beispiel bei der Verschreibung von Reimporten oder Generika mit einem Rabattvertrag vor, berichteten Apotheker gegenüber “Der Hausarzt”. Der neue Rahmenvertrag ist also auch für Ärzte von Bedeutung. Worauf sollten sie achten?

Eindeutig bestimmte Verordnung

Damit Apotheken ein Arzneimittel abgeben dürfen, setzt der Rahmenvertrag eine “eindeutig bestimmte Verordnung” voraus. Das heißt, das verschriebene Arzneimittel muss eindeutig einem Eintrag im Preis- und Produktverzeichnis (“Lauer-Taxe”) zugeordnet werden können. Ist dies nicht der Fall, muss die Apotheke Rücksprache mit dem Arzt halten. Typische Beispiele für nicht eindeutig bestimmte Verordnungen sind:

  • Verordnung eines Artikels, der außer Vertrieb ist und für den es keine Alternative gibt,
  • der verordneten Stückzahl lässt sich kein Artikel oder keine Normgröße zuordnen,
  • die aufgedruckte PZN entspricht nicht dem verordneten Artikel,
  • es fehlt die Mengenangabe oder die Stückzahl und
  • Stückzahl und Normgröße widersprechen sich.

Merke: Eine nicht eindeutig bestimmte Verordnung darf die Apotheke erst nach Rücksprache mit dem Arzt ergänzen oder korrigieren, es ist keine erneute Arztunterschrift nötig. Dagegen sind Änderungen einer eindeutigen Verordnung weiter vom Arzt mit Datum und Unterschrift auf dem Rezept zu bestätigen.

Neuer Preisanker

Bei der Auswahl haben wie bisher Arzneimittel mit Rabattvertrag Vorrang gegenüber anderen Präparaten – unabhängig davon, ob Ärzte ein Fertigarzneimittel oder einen Wirkstoff verordnen. Existiert kein Rabattvertrag, wählt die Apotheke das Arzneimittel anhand einer festen Abgabereihenfolge aus. Verordnen Ärzte ein Generikum oder generikafähiges Original, können Apotheker sich nur für eines der vier preisgünstigsten austauschbaren Arzneimittel entscheiden.

Neu ist außerdem, dass die ärztliche Verordnung einen “Preisanker” setzt: Demnach darf die Apotheke nur Arzneimittel abgeben, die nicht teurer sind als das namentlich verordnete (“Preisanker”) [1]. Um Retaxationen zu vermeiden, riet der DAV daher Apothekern zunächst, bei Überschreitung des Preisankers den Arzt zu kontaktieren. Da die Rückfragen drastisch zunahmen, wiesen Kassenärztliche Vereinigungen (KV) darauf hin, dass Ärzte soweit möglich einen Wirkstoff verordnen sollten. Dadurch wird kein Preisanker gesetzt.

Im Oktober 2019 schaltete sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung ein. Sie sah eine Rücksprache nicht als nötig an [2]. In der Folge einigten sich DAV und GKV-Spitzenverband darauf, dass künftig bei Überschreitung des Preisankers, keine Rücksprache mit dem Arzt erfolgen muss, wenn Patienten akut mit einem Arzneimittel versorgt werden müssen oder es nicht verfügbar ist. Stattdessen werden Apotheken in diesen Fällen das nächstpreisgünstigste, verfügbare Arzneimittel abgeben und auf dem Rezept mit Sonderkennzeichen dokumentieren [3].

Merke: Damit ist in diesen Fällen weder eine Rezeptänderung oder Neuausstellung durch Ärzte nötig noch muss das Aut-idem-Kreuz gesetzt werden.

Mehrfachverordnung jetzt einfacher

Leichter wird die Verordnung mehrerer Packungen (Mehrfachverordnung). Hier kam es in der Vergangenheit häufiger zu Problemen, wenn Ärzte nicht durch einen besonderen Vermerk (etwa ein “!”) auf die Abgabe der verordneten Menge hingewiesen hatten. Dies ist nun nicht mehr erforderlich.

Merke: Die Apotheke betrachtet jetzt jede Zeile des Rezeptes einzeln und gibt die exakt verordnete Zahl an Packungen ab. Groß- und Jumbopackungen können Ärzte weiterhin nicht verschreiben.

Fazit

  • Seit Juli gelten für Apotheken neue Vorgaben zur Abgabe von Arzneimitteln.
  • Vor allem bei Lieferengpässen hat dies zu vermehrten Rückfragen bei Ärzten geführt. Daraufhin haben DAV und GKV-Spitzenverband vereinbart, dass bei Nichtverfügbarkeit oder Akutversorgung keine Rücksprache nötig ist.
  • Ärzte können die Arzneiabgabe erleichtern, indem sie eine Wirkstoffverordnung ausstellen. Das Austauschverbot sollten sie nur in medizinisch begründeten Einzelfällen anwenden (Aut-idem-Kreuz).

Quellen:

1. DAV-Kommentar zum Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach Paragraf 129 Absatz 2 SGB V in der Fassung vom 1. Januar 2019, in Kraft ab 1. Juli 2019

2. www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/10/23/preisanker-kbv-sieht-keinen-anlass-fuer-apotheken-anrufe, zuletzt aufgerufen am 15.11.2019

3. www.abda.de/aktuelles-und-presse/newsroom/detail/rahmenvertrag-nach-129-absatz-2-sgb-v-ueberschreiten-des-preisankers/, zuletzt aufgerufen am 15.11.2019

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