Nicht alle Arzneimittel sind biologisch abbaubar: Was stabil im Körper ist, wird nach der Ausscheidung meist auch in der Kläranlage zum Problem. Am Ende können Arzneimittel sogar das Trinkwasser belasten. Nicht nur mit der richtigen Entsorgung können Ärzte und Patienten die Umwelt schützen.
Im Herbst 2017 macht Valsartan Schlagzeilen: In Berlin wurde der gesundheitliche Orientierungswert (GOW) im Trinkwasser für den Blutdrucksenker deutlich überschritten (Abb. 1) [1]. Seine aktive Form Valsartansäure ist im Körper hochgradig stabil, wird in hohem Maße ausgeschieden und gelangt so ins Abwasser. Da Valsartansäure bei der herkömmlichen dreistufigen Reinigung in der Kläranlage stabil bleibt, kann es dann in Gewässer und ins Trinkwasser gelangen.
Der Wirkstoff ist keine Ausnahme. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) stellt fest, dass man nahezu deutschlandweit in Fließgewässern, aber auch in Boden- und Grundwasserproben Rückstände von Arzneimitteln findet. Etwa 150 Wirkstoffe konnte man bislang identifizieren (Beispiele in Tab. 1) [2]. Der Eintrag erfolgt durch
Ausscheidung bei bestimmungsgemäßem Gebrauch oder Abwaschen von Salben und Cremes,
eine unsachgemäße Entsorgung nicht eingenommener Arzneimittel über die Toilette und
Einleitungen bei der Herstellung von Arzneimitteln.
Die biologische Reinigungsstufe der Kläranlagen kann biologisch gut abbaubare Substanzen entfernen. Auf den Abbau der in Arzneien häufig eingesetzten polaren und persistenten, also der biologisch stabilen Verbindungen sind die meisten Klärwerke in Deutschland aber noch nicht eingestellt.
Eine vierte Reinigungsstufe mit Ozonierung und/oder Adsorption von Stoffen an Aktivkohle könnte in vielen Fällen solche Stoffe aus dem Abwasser entfernen. Sie ist in Ballungsgebieten in Planung oder schon in Betrieb. Diese vierte Stufe ist aber mit erheblichen Investitionen verbunden, über deren Finanzierung noch gestritten wird.
Die Belastung steigt
Die Belastung der Gewässer hängt stark vom lokalen Eintrag aus behandeltem Wasser und der Verdünnung durch Oberflächenwasser ab. In Ballungsgebieten muss man gerade in trockenen Sommern wie 2018, wo der Eintrag hoch und die Verdünnung gering ausfällt, mit höheren Werten von Arzneien im Wasser rechnen. “Zudem dürfte in Zukunft das Problem größer werden: Die Bevölkerung wird älter, braucht mehr Medikamente und scheidet die Wirkstoffe zum großen Teil auch wieder aus”, erklärt Prof. Thorsten Reemtsma, analytischer Chemiker am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig.
So werden beispielsweise jedes Jahr 4,5 Prozent mehr Antihypertensiva als im Vorjahr eingenommen [1]. Der Eintrag in den Wasserkreislauf summiert sich allein für die Blutdruckmedikamente aktuell auf etwa 400 Tonnen pro Jahr. Während aber Betablocker wie Metoprolol nur in geringen Mengen im Ablauf einer Kläranlage zu finden sind und auch in den Böden zurückgehalten werden, werden Sartane praktisch vollständig ausgeleitet.
In Oberflächengewässern kann Valsartansäure deshalb in einer vergleichsweise hohen Konzentration von 1-3 µg/l gefunden werden. Davon gelangt ein Teil auch ins Trinkwasser. Der GOW von Valsartansäure im Trinkwasser wurde auf 0,3 festgelegt [3] – deutlich weniger, als in Berlin 2017 festgestellt wurde [1].