Berlin. Die seit Mitte März greifende Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen hat laut Branchenvertretern keine Personalnot ausgelöst, es gibt aber offene rechtliche Fragen.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe erklärte am Mittwoch in einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags, es würden kein großer Ausstieg aus dem Beruf und damit auch keine Unterversorgung befürchtet. Es gebe aber seit Jahrzehnten viel zu wenig Pflegende in allen Einrichtungen, sagte Präsidentin Christel Bienstein.
Haftungsfragen ungeklärt
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste erläuterte, es gebe jetzt nicht Verluste Zehntausender Beschäftigter. Dazu habe auch die abgestufte Umsetzung der Impfpflicht beigetragen.
Nötig seien gesetzliche Klarstellungen zu arbeits- und haftungsrechtlichen Fragen – etwa, ob Pflegeheimen Regressforderungen entstehen könnten, wenn sie nicht-immunisierte Beschäftigte mit Tests und Maske einsetzten. Die Caritas, die auch Pflegeheime betreibt, wies auf Uneinheitlichkeit bei der Umsetzung durch die Gesundheitsämter in den Ländern hin.
Impfpflicht schwer vermittelbar
Die Impfpflicht für Beschäftigte in Einrichtungen für besonders zu schützende Gruppen greift seit Mitte März. Aus den Ländern war Kritik an Unsicherheiten bei der Umsetzung laut geworden. Nach dem Scheitern einer allgemeinen Impfpflicht im Bundestag hat die Debatte erneut Fahrt aufgenommen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft forderte eine sofortige Aussetzung. Den Beschäftigten sei nicht vermittelbar, warum sie zur Impfung verpflichtet und ansonsten mit Tätigkeitsverboten belegt würden, während betreute Patienten nicht erfasst würden, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme für die Anhörung.
Gesetz nur bis zum 31.12.2022 gültig
Der Deutsche Städtetag erläuterte, es sei davon auszugehen, dass Betretungs- und Tätigkeitsverbote voraussichtlich erst im August oder September verhängt werden dürften – die gesetzliche Rechtsgrundlage für die Impfpflicht laufe dann aber bereits am 31. Dezember aus. Der Gesetzgeber sollte sich daher frühzeitig Gedanken darüber machen, ob dann tatsächlich noch Verbote ausgesprochen werden sollten.
Der von der AfD-Fraktion in der Anhörung befragte Allgemeinarzt Gunter Frank forderte, jede Form von Impfpflicht zu stoppen. Er äußerte die Einschätzung, dass es eine “dramatische Untererfassung” von Impfnebenwirkungen gebe.
Der Immunologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité betonte, es handele sich um sehr sichere Impfstoffe. Es gebe ein “hartnäckiges Narrativ” auch in sozialen Medien, dass die Impfungen zu Übersterblichkeit führten oder dass es eine massive Untererfassung von Komplikationen gäbe. “Das Gegenteil ist der Fall.”
Quelle: dpa