Der Hausarzt: Die Allgemeinmedizin hat an Unis oft ein schlechtes Image. Warum werden Hausärzte und Fachärzte unterschiedlich wahrgenommen?
Lämmlin: Zunächst gibt es den Begriff „Hausarzt“ viel länger als den „Facharzt für Allgemeinmedizin“. Wenn wir heute von Haus- und Fachärzten sprechen, impliziert das, dass Hausärzte keinen Facharztstatus haben – was nicht der Fall ist! An den Unis gelingt es oft nicht, die wissenschaftliche Komplexität und die medizinische Bandbreite der Allgemeinmedizin zu vermitteln.
Wenn die Rede davon ist, die Allgemeinmedizin im Studium zu stärken, wird das oft mit dem Nachwuchsmangel begründet. Der richtige Ansatz?
Auch die bvmd setzt sich dafür ein, die Allgemeinmedizin im Studium zu stärken. Aus unserer Sicht sollte dabei aber etwas anderes im Fokus stehen. Denn hinter der Argumentation – Studierende müssen Allgemeinmedizin lernen, weil es sonst keine Hausärzte mehr gibt – steht ein bestimmter Zwang. Über Zwang zu lernen, halten wir für wenig erfolgversprechend, daher sind wir auch gegen ein zusätzliches Pflichtquartal. Wir glauben, dass man die Allgemeinmedizin stärken muss, weil sie Inhalte vermittelt, die jeder braucht, egal welche Fachrichtung er einschlägt. Wir fordern daher, dass es an jeder medizinischen Fakultät einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin geben muss. Denn man begeistert für ein Fach vor allem durch eigene Begeisterung.
Die bvmd will die Allgemeinmedizin longitudinal ins Studium einbinden. Was stellen Sie sich vor?
Studierende sollten von Beginn an regelmäßigen Kontakt zur Allgemeinmedizin haben. So könnten sie immer wieder tageweise in einer Praxis hospitieren. Dadurch könnten bestimmte Inhalte der Allgemeinmedizin besser vermittelt werden, etwa die langfristige Betreuung von Patienten oder das breite Krankheitsspektrum. Im Moment ist es ein Block – je nachdem, wann Studierende ihn absolvieren, haben sie mit unterschiedlichen saisonalen Krankheiten zu tun und bekommen womöglich teilweise nur einen einseitigen Einblick. Auch kommunikative Kompetenzen können über längere Zeit besser erlernt werden. Letztendlich hilft es, dass man mehr wissensorientiert lernt und Wissen kompetenzorientiert vermittelt wird. Bisher ist es sehr unterschiedlich, wann und wie Allgemeinmedizin eingebunden wird. Oft ist für Studierende nicht klar, welche Kompetenzen ihnen das Fach vermitteln soll. Die Rolle der Allgemeinmedizin würde deutlicher, wenn Studierende ihre klinischen Kenntnisse immer wieder daraufhin prüfen können, was sie in der Allgemeinmedizin anwenden können.
Mit dem KODEX ambulante Weiterbildung setzt sich der Deutsche Hausärzteverband für eine hohe Qualität in der Weiterbildung ein. Was ist für junge Ärzte wichtig?
Wichtig ist, dass die Weiterbildung so besser strukturiert und organisiert wird. Mit dem KODEX verpflichtet sich der ausbildende Arzt etwa dazu, dass er während der gesamten Zeit als Ansprechpartner zur Verfügung steht. In der Allgemeinmedizin ist das von besonderer Bedeutung, weil die Ärzte in Weiterbildung häufiger als in anderen Fächern zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen wechseln müssen. Gerade junge Ärzte brauchen also einen festen Ansprechpartner und regelmäßiges Feedback, um sich gut weiterentwickeln zu können.
KODEX ambulante Weiterbildung
Der KODEX soll einheitliche Qualitätsstandards für die Weiterbildung in Allgemeinpraxen schaffen. Die Ausbilder verpflichten sich dabei freiwillig, Assistenzärzten eine sichere wirtschaftliche Grundlage zu bieten. Mehr Infos unter: www.hausaerzteverband.de