Wer auf dem Bauernhof aufwächst, erkrankt seltener an Allergien und Asthma. Dies soll daran liegen, dass Kinder, die auf Bauernhöfen mit Viehhaltung aufwachsen, stark in Berührung mit harmlosen Umweltkeimen kommen. Dies soll überschießende Reaktionen des Immunsystems verhindern, so die Vermutung.
Jetzt haben belgische Forscher untersucht, wie dieser Effekt zustande kommt (DOI: 10.1126/science. aac6623). Dazu setzten sie Mäuse zwei Wochen lang immer wieder dem Staub von Bauernhöfen und Bestandteilen von Bakterien aus, auch Lipopolysaccharide (LPS) genannt. Auch der Hausstaub von Wohnungen, in denen Haustiere leben, enthält derartige Partikel. Als Kontrolle dienten Mäuse, die LPS-freie Luft inhalierten.
Im Gegensatz zu den Kontrolltieren entwickelten die vorbehandelten Mäuse keine Symptome von allergischem Asthma, berichten die Wissenschaftler in „Science“. „Die Umgebung des Bauernhofs schützt vor Allergien, indem sie die Kommunikation zwischen Lungenzellen und bestimmten Immunzellen verändert“, schreiben die Forscher um Hamida Hammad und Bart Lambrecht von der Universität Gent. Die Schutzwirkung hing von einem Enzym ab, das wahrscheinlich auch Menschen vor allergischem Asthma schützt, wie vergleichende Untersuchungen menschlicher Lungengewebe ergaben. Die Lungenzellen setzten weniger entzündungsfördernde Botenstoffe frei und aktivierten weniger dendritische Zellen – Immunzellen, die bei den anderen Mäusen als Teil der Immunabwehr in die Lungen eindrangen.
Die durch LPS ausgelöste entzündungsdämpfende Wirkung hing von einer erhöhten Produktion des Enzyms A20 in den Lungenzellen ab. Denn Mäuse, denen dieses Enzym fehlte, konnten durch LPS-Vorbehandlung keinen Allergieschutz mehr entwickeln. Dagegen löste der Kontakt mit Milben bei ihnen besonders starke Asthmasymptome aus. Ganz ähnliche Ergebnisse erhielten die Forscher, wenn sie statt des bakteriellen Endotoxins einen Extrakt aus Staubproben von Bauernhöfen einsetzten. In Kulturen von Lungenzellen gesunder Menschen unterdrückte eine Behandlung mit LPS ebenfalls Entzündungsreaktionen, die der Kontakt mit Hausstaubmilben auslösen würde.
Bei Zellkulturen von Patienten mit leichtem oder schwerem Asthma war die Produktion des Enzyms A20 geringer als bei Gesunden. Auf dem Land aufgewachsene Kinder mit einer geringfügigen Mutation im A20-Gen hatten ein größeres Allergie-und Asthmarisiko als andere, die ihre Kindheit in derselben Gegend verbracht hatten. Das bestätigt die Bedeutung des Enzyms, das offenbar durch Umweltfaktoren aktiviert werden kann und hilft, gegensätzliche Immunreaktionen auszugleichen und Allergien zu verhindern.
Quelle: wissenschaft aktuell