Wenn ständig Hemden, Pullover und J acketts durchgeschwitzt werden und die Schwitzflecke deutlich hervortreten, kommt es häufig zu einer extremen Aufmerksamkeitssteigerung des Betroffenen und Eigenbeobachtung des Schwitzens mit permanenter Abwehrstrategie. Viele Betroffene tragen nur noch Kleidungsstücke, die den Schwitzfleck möglichst nicht so stark in Erscheinung treten lassen, und probieren alle auf dem Markt befindlichen Deodorants aus. Viele nehmen auch Tabletten ein, z.B. mit dem Anticholinergikum Methantheliniumbromid oder dem Neuroleptikum Bornabrin, die zum Teil ausgeprägte Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Störungen beim Wasserlassen, Herzrhythmusstörungen, Sehstörungen, Steigerung des Augeninnendrucks aufweisen.
Der Hautarzt wird üblicherweise wegen Schwitzen an besonders umschriebenen Stellen kontaktiert, am häufigsten wegen axillärer Hyperhidrosis, gefolgt von übermäßigem Schwitzen an Händen und Füßen, gelegentlich auch wegen starken Schwitzens an der Stirn, der Brust, der Rima ani und anderen Einzelregionen.
Umschriebenes Schwitzen
Umschriebenes Schwitzen hat keinen Zusammenhang mit anderen Organerkrankungen. Eine Hyperthyreose ist nicht die Ursache, sondern eine verstärkte Aktivität des versorgenden sympathischen Nervensystems. Meistens tritt die Symptomatik bereits früh (z. B. während der Pubertät) auf und wird, je stärker der Betroffene seine Aufmerksamkeit darauf richtet, umso intensiver. Medikamentöse Behandlungen oder Psychotherapie helfen kaum, Deodorants versagen bei starkem Schwitzen. Der Betroffene passt oft seinen gesamten Lebensrhythmus diesem Umstand an. Ein besonderer Druck lastet auf Menschen, die im Berufsleben Kontakt zu anderen Menschen haben oder im „Rampenlicht“ stehen.
Generalisiertes Schwitzen
Das generalisierte Schwitzen ist anders zu bewerten. Hier liegen häufig andere Krankheiten zugrunde, z. B. Übergewicht, Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, Tumore usw. Bei generalisiertem Schwitzen muss der Hausarzt eine vollständige körperliche Untersuchung durchführen. Hier können auch sinnvollerweise Tabletten (s. o.) zur Behandlung eingesetzt werden. Diese Erkrankung wird üblicherweise nicht vom Dermatologen behandelt.
Diagnose
Gibt der Patient einen schwitzbedingten starken Leidensdruck an, werden anamnestisch zunächst die Fragen der Lokalisation eruiert und somit zwischen lokalem und generalisiertem Schwitzen unterschieden. Untersuchungen bei axillärem Schwitzen: Bei der quantitativen Schwitzmengenmessung wird dem Betroffenen ein Löschpapier in die Achselhöhle gegeben, dessen Gewicht zuvor mit einer Feinwaage bestimmt wurde. Nach einer bestimmten Zeit (Minuten) wird das nun durch Schweiß feuchte Blatt erneut gewogen. Die Differenz ergibt eine bestimmte Menge (ml) an Schweiß, die in einer bestimmten Zeiteinheit produziert wurde. Während des Tests müssen eine übliche Raumtemperatur (nicht zu kalt) und eine übliche Luftfeuchtigkeit (nicht zu hoch) vorliegen. Von axillärer Hyperhidrosis spricht man ab einer Schweißmenge von 50 mg/Minute. Diese Bestimmung ist vor der Durchführung einer Therapie wichtig, da nach erfolgter Behandlung bei erneuter Messung ein Rückschluss auf das Therapieergebnis gezogen werden kann und außerdem manche Krankenkassen, in erster Linie Privatkassen, dann auch die Behandlung bezahlen.
Beim Minorschen Schwitztest (Jod-Stärke-Test) handelt es sich um ein qualitatives Verfahren, bei dem das zu untersuchende Hautareal mit einer Jodlösung eingepinselt und mit einer dünnen Schicht aus Stärkepulver bedeckt wird. Das Schwitzgebiet verfärbt sich Einbei diesem Test blauschwarz und kann somit exakt erfasst werden.
Therapie bei axillärem Schwitzen
Bei axillärem Schwitzen wird zunächst der Leidensdruck und die bereits erfolgten Vorbehandlung besprochen.
Medizinische Deos: Wurden bisher keine aluminiumhaltigen medizinischen Deodorants verwendet, wird mit dem Patienten besprochen, ob er als erste Maßnahme die Verordnung dieser medizinischen Deos wünscht. Die Frage der Toxizität, die immer wieder aufkommt, ist bisher nicht geklärt. Ein wissenschaftlicher Beweis zur Förderung bestimmter Krebsarten liegt bis heute nicht vor. Wurden diese Deodorants bereits erfolglos verwendet oder sind sie nicht gewünscht, so werden wirksamere Therapiemaßnahmen besprochen (Tab. 1).
Botulinumtoxin: Nach Durchführung des Minorschen Schwitzversuchs und genauer Bestimmung des Schwitzareals erfolgen intrakutane Botulinumtoxin- Injektionen. Die Injektion erfolgt mit feinsten Kanülen und ist nur wenig schmerzhaft, allerdings kommt es dennoch oft aufgrund der Summe der Injektionen zu Schmerzen, sodass wir jedem Patienten die Möglichkeit der Vorbetäubung mit einer lokalen Betäubungscreme anbieten. Nebenwirkungen sind nahezu unbekannt, tiefer gelegene Nerven werden nicht verletzt, Allergien sind nicht bekannt.
In der Schwangerschaft und bei Patienten mit musku lären Erkrankungen sollte diese Behandlung nicht stattfinden. Sport sollte am Tage der Injektion nicht getrieben werden. Nach wenigen (meist zwei) Tagen hört das Schwitzen auf. Zur Temperaturregulation steht die gesamte Hautoberfläche zur Verfügung. Ein kompensatorisches Schwitzen ist nicht bekannt. Die Wirkung hält üblicherweise fünf bis sechs Monate an, gelegentlich auch kürzer, selten auch länger.
Suktionskürettage: Nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch, einer Blutuntersuchung (Gerinnungsfaktoren) und dem Erhalt eines maßangefertigten Mieders (das eine Woche postoperativ getragen werden muss) wird zunächst das Schwitzareal im Minorschen Schwitztest bestimmt und nach Einzeichnung die Tumeszenzanästhesie beider Achselhöhlen durchgeführt. Danach erfolgt das Absaugen der Schweißdrüsen mit relativ dünnen Einmalspezialkanülen. Nach erfolgter Operation wird ein Druckverband angelegt und am nächsten Tag, nach Kontrolle der Wundverhältnisse, wird das Mieder für eine Woche benutzt. Üblicherweise entstehen keine Schmerzen. Es darf dann auch geduscht und leichter Sport getrieben werden. Die Berufstätigkeit sollte für etwa drei Tage unterbrochen werden. Narben sind normalerweise kaum ersichtlich. Diese Methode bringt eine dauer hafte Schwitzmengenreduktion um 60 bis 70 Prozent, die üblicherweise für das Wohlbefinden ausreichend ist. Selten findet bei korrekter Behandlung eine vorübergehende Wundheilungsstörung statt, die normalerweise folgenlos abheilt.
Therapie der palmoplantaren Hyperhidrosis
Bei der palmoplantaren Hyperhidrosis kommt primär die Iontophorese zum Einsatz. Es handelt sich um ein Wasserbad der Hände/Füße mit gleichzeitigem Durchfluss von Strom, üblicherweise Gleichstrom. Zunächst kommt der Patient zur Erprobung des Verfahrens mehrfach in die Praxis. Bei gutem subjektivem Ergebnis wird dann ein Heimgerät über die Krankenkasse zur täglichen häuslichen Behandlung verordnet. Die Behandlungserfolge sind oft gut, aber teilweise auch ungenügend.
Reicht dieses Verfahren nicht aus, kann auch hier eine Behandlung mit Botulinumtoxin erfolgen. Diese Behandlung ist schmerzhaft, eine Vorbetäubungscreme muss eine Stunde vorher aufgetragen werden. Die Ergebnisse sind gut, jedoch lässt die Wirkung oft nach drei bis vier Monaten nach. Diese Methode sollte nur von einem geübten Arzt durchgeführt werden, da bei unkorrekter Anwendung eine vorübergehende Parese der Fingermuskulatur erzeugt werden kann.
Fazit
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Hyperhidrosis kann zu einem erheb lichen Leidensdruck der Betroffenen führen.
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Mit den heutigen Methoden stehen wirksame Möglichkeiten zur Behandlung der umschriebenen Hyperhidrosis zur Verfügung.
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Bei korrekter Durchführung treten selten behandlungsbedingte Nebenwirkungen auf.
Literatur beim Verfasser.
Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.