Berlin. Weil eingeschleppte Einzelfälle des neuen Coronavirus auch in Deutschland als „wahrscheinlich“ gelten, sei es wichtig, Ärzte und medizinisches Personal in Kliniken und Praxen dafür zu sensibilisieren. Das betont die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (23. Januar). Grund zu Besorgnis oder Panik gebe es aktuell nicht – was auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte –, jedoch könne eine entsprechende Wachsamkeit helfen, Verdachtsfälle schnell zu identifizieren. Eine gezielte Diagnostik von Verdachtsfällen ist molekularbiologisch möglich (s. unten).
Bei dem neuartigen, sich aktuell in China ausbreitenden Coronavirus handelt es sich – wie bei dem 2003 grassierenden Schweren Akuten Respiratorischen Syndrom (SARS) – um ein beta-Coronavirus. Das Risiko für die Bevölkerung hierzulande schätzt das Robert Koch Institut (RKI) „zurzeit als gering” ein (Stand 23. Januar). Jedoch müsse mit „einem Import einzelner Fälle nach Deutschland“ gerechnet werden. Tatsächlich wurden solche Einzelfälle bereits aus Südkorea, Thailand, Taiwan, Japan und den USA gemeldet.
Viele der aktuell bestehenden Sicherheitsempfehlungen gelten gleichermaßen für das Eindämmen der Grippe, die in Deutschland ein deutlich “greifbareres” Risiko darstellt, wie Experten in der Beobachtung und Diskussion des Coronavirus erinnern. So sind seit Saisonbeginn im Oktober 2019 laut aktuellen RKI-Zahlen bundesweit 13.350 durch Laboranalysen bestätigte Fälle gemeldet worden, bisher starben an der Grippe nachweislich 32 Menschen.
Aus den vorliegenden Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des RKI und des Centers for Disease Control (CDC) lassen sich drei Stufen der “Sicherheitsvorkehrungen” für auftretende Verdachtsfälle des Coronavirus ableiten.
1. Allgemeine Vorsichtsmaßnahmen
- häufiges Händewaschen mit Wasser und Seife oder mit einem alkoholischen Gel
- “korrektes” Husten, das heißt Husten/Niesen mit einem Taschentuch vor Mund und Nase und entsprechendes Entsorgen im Abfalleimer ODER Husten/ Niesen in den oberen Teil des Ärmels (um ständig eingesetzte Handflächen nicht zu kontaminieren)
2. Im Verdachtsfall die weitere Übertragung eindämmen
- Patienten sollten einen mehrlagigen Mund-Nasen-Schutz (MNS) tragen und auf dessen korrekten Sitz achten; einen MNS kann man zum Beispiel in der Apotheke kaufen
- Unterbringung in einem Isolierzimmer möglichst mit Vorraum/Schleuse; wenn dies nicht möglich ist in einem Einzelzimmer mit eigener Nasszelle
- Verwendung von Schutzkleidung, Schutzbrille, mindestens FFP2-Masken als Atemschutz und Handschuhen neben der konsequenten Einhaltung der Basishygienemaßnahmen durch das medizinische Personal
3. Nach Bestätigung der Labordiagnostik
Maßnahmen gemäß den “Empfehlungen des Robert Koch Instituts für die Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle bei Patienten mit SARS”. Dies beinhaltet unter anderem die Isolierung in einem Isolierzimmer mit Vorraum/Schleusenfunktion und ebenfalls die Verwendung von mindestens FFP2-Masken als Atemschutz.
Für weitere Vorgaben, die bei Auftreten von Verdachtsfällen in Deutschland folgen könnten, sind vor allem die zuständigen Gesundheitsämter in Städten oder Landkreisen zuständig. Zu ihren Aufgaben kann zum Beispiel gehören, die Kontakte eines Patienten zurück zu verfolgen. Es kann auch um Festlegungen gehen, wie Arztpraxen und Kliniken mit Verdachtsfällen umgehen sollen.
Sind mehrere Bundesländer betroffen, können sie das RKI um Koordinierung bitten. Oft gibt es ohnehin Telefonkonferenzen zwischen Ländern und Bundesbehörden zu den nötigen Maßnahmen.
Wichtig: Coronavirus unterliegt der Meldepflicht
Tritt eine Infektion mit dem Coronavirus auf, ist sie in jedem Fall meldepflichtig. Ärzte oder Labore müssen das zuständige Gesundheitsamt informieren, das die Meldung weitergibt, damit am Ende der Kette das RKI informiert wird. Die Bundesbehörde trägt dann die Meldungen aus ganz Deutschland zusammen und informiert internationale Gremien wie die WHO über das Infektionsgeschehen im Land. Für Reisewarnungen in betroffene Länder oder Regionen im Ausland ist das Auswärtige Amt zuständig (s. Kasten).
Bislang hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch keine “gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite” ausgerufen (Stand 24. Januar). Mit einer offiziellen “Notlage” könnten weitere konkrete Empfehlungen an Staaten verbunden sein, um die Ausbreitung über Grenzen hinweg möglichst einzudämmen. Zu solchen Empfehlungen kann beispielsweise gehören, dass Reisende auf Krankheitssymptome geprüft werden und medizinisches Personal besser geschützt wird.
Unabhängig davon bereitet sich die Mainzer Universitätsmedizin auf mögliche Krankheitsfälle vor. Mainz liege in der Nähe des Frankfurter Flughafens, der ein wichtiges globales Luftverkehrsdrehkreuz mit Verbindungen nach China sei, teilte die Klinik am Freitag (24. Januar) mit. Daher seien Vorkehrungen für den Fall getroffen worden, dass das erstmals im chinesischen Wuhan aufgetretene neue Coronavirus bei einer Patienten-Notaufnahme auftrete. Es seien etwa Hygienemaßnahmen festgelegt worden.
Mit Material von dpa