Unkritischer Umgang mit Antibiotika
In der Humanmedizin hat der Antibiotikaverbrauch zwischen 2000 und 2010 weltweit um 40 Prozent zugenommen. In Deutschland ist der Verlauf dagegen mit 480 Millionen DDD (defined daily doses) stabil geblieben. 85 Prozent der Dosen wurden im ambulanten Bereich verordnet, davon 59 Prozent durch Hausärzte und hausärztlich tätige Internisten sowie vier Prozent durch Urologen.
Und doch werden 30 Prozent der Verordnungen nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie als inadäquat eingestuft – also als nicht notwendig, zu lange oder nicht wirksam, wie Prof. Dr. Hansjürgen Piechota, Bochum, darlegte. Der inadäquate Einsatz erhöht den Selektionsdruck auf pathogene Erreger, die umfangreiche Resistenzen gegen höchste Antibiotikakonzentrationen und unterschiedliche Substanzklassen ausbilden. In 2050 ist britischen Gesundheitsbehörden zufolge weltweit von 10 Millionen Todesfällen durch resistente Krankheitserreger (Antibiotic Multidrug Resistance) auszugehen. Zum Vergleich: Für denselben Zeitraum wird mit 8,2 Millionen Krebstoten und 1,2 Millionen Unfallopfern gerechnet. Was ist zu tun?
Der unreflektierte Antibiotikaeinsatz ist zu vermeiden. Dazu bedarf es laut Piechota umfassender fach- und erkrankungsspezifischer Standards und Empfehlungen wie durch die aktualisierte S3-Leitlinie der DGU zu unkomplizierten Harnwegsinfektionen (www.awmf.org). Solche Empfehlungen zur Diagnose, Therapie und Prävention von Infektionskrankheiten sowie die Basishygiene müssen integraler Bestandteil einer fachübergreifenden Aus- und Weiterbildung sein.
Ziel ist es, messbare Antibiotikaeinsparungen zu erreichen und die Risiken der Resistenzentwicklung zu vermindern.
Quelle: 69. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), September 2017, Dresden