Eine Rehabilitation ist in Deutschland über die gemeinhin bekannte Anschlussheilbehandlung nach dem Krankenhausaufenthalt oder als sogenanntes Heilverfahren möglich. Während die Anschlussheilbehandlung direkt vom Krankenhaus eingeleitet wird, unterstützen und beraten Niedergelassene meist bei der Beantragung der Reha im Heilverfahren.
Der richtige Zeitpunkt für eine Anschlussheilbehandlung
Für Patienten und Hausärzte ist klar: Die Anschlussheilbehandlung (AHB) als unmittelbar anschließende Heilmaßnahme nach einem Krankenhausaufenthalt mit oder ohne Operation, muss spätestens 14 Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen. Schließlich dient sie dazu, die Genesung zu fördern und den Wiedereinstieg in den Alltag und den Beruf zu erleichtern.
Häufig ist nicht bekannt, dass eine AHB in begründeten Fällen zwar vom Krankenhaus eingeleitet, aber auch nach der 14-tägigen Startfrist angetreten werden kann. Das Wissen darum erspart Hausärzten den Reha-Antrag und Patienten möglicherweise Wartezeiten.
Wann und warum eine AHB auch zu einem späteren Zeitpunkt angetreten werden kann, lässt sich am besten anhand einer Schulterverletzung verdeutlichen, da das beweglichste aller Gelenke oft eine andere Vorgehensweise erfordert.
Ist nach einer Schulteroperation eine mehrwöchige Ruhigstellung erforderlich, so sind direkt nach der Operation eingeschränkte, vom Arzt verordnete physiotherapeutische Behandlungen indiziert, um die Beweglichkeit der Schulter zu erhalten.
Häufig kommt in der frühen Phase eine passive Motorschiene (PCM) zum Einsatz. Eine Anschlussheilbehandlung ist meist erst mehrere Wochen nach der Operation sinnvoll. Mit Beendigung der Ruhigstellung ist anschließend eine möglichst zielgerichtete, sich langsam aufbauende Therapie der Schulter wichtig, um eine verbleibende Schultersteife zu vermeiden.
Hierfür – und erst dann – ist eine drei- oder vierwöchige Rehabilitation (AHB) ideal.
Wichtig zu wissen: In solchen Fällen ist ein späterer AHB-Beginn möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass der AHB-Antrag bereits vom Krankenhaus mit dem Vermerk des verspäteten Rehabeginns gestellt wird. Eine zeitlich verzögerte AHB ist also möglich, wenn sie direkt vor oder nach der Operation beantragt wird.
Hausärzten und Patienten erspart dies die Beantragung eines Heilverfahrens und damit nicht nur unnötige, sondern auch den Heilungsverlauf verzögernde Wartezeiten.
Chronische Erkrankungen multidisziplinär rehabilitieren
Eine Reha im Heilverfahren ist dann wichtig, wenn chronische oder akute Erkrankungen über die ambulante Medizin hinaus multidisziplinär behandelt werden sollten. Eine Gefährdung der Erwerbstätigkeit ist ein ebenso großes Argument für eine Rehabilitation, wie die Erhaltung des selbstständigen Alltags oder die Verhinderung einer Pflegenotwendigkeit bei älteren Menschen.
Auch medizinisch begründete, erforderliche Lebensstiländerungen sprechen für einen Antrag auf Rehabilitation. Bei der Beantragung einer Reha im Heilverfahren nehmen Hausärzte mit ihrer medizinischen Kompetenz und Einschätzung eine bedeutende Rolle ein. Sie haben sowohl einen umfassenden Blick auf das Krankheitsgeschehen als auch auf die psychosozialen und beruflichen Gegebenheiten ihrer Patienten.
Ambulante oder stationäre Reha?
Laut einer Untersuchung der Deutschen Rentenversicherung fühlen sich Patienten bei beiden Therapieformen gut aufgehoben. Für das ambulante Reha-Setting sprechen zum einen eine hohe Therapiedichte, die gute Integration der Therapie in den Alltag und ein großes Maß an Flexibilität bzw. einer Anpassung der Therapie an die Voraussetzungen der Patienten.
Am Beispiel der vorab genannten Schulterverletzung kann die ambulante Rehaeinrichtung sowohl während der anfänglichen Ruhigstellung mit niedrigschwelliger Therapie z.B. verordneter Lymphdrainage unterstützen, anschließend aber auch mit hochfrequentierter Reha die optimale Wiedererlangung der Schulterfunktion fördern.
Während der gesamten Reha bleiben ambulante Reha-Patienten in der Obhut des Hausarztes. Überdies ermöglichen anschließende Nachsorgeprogramme im gleichen ambulanten Rehazentrum eine lange Begleitung, insbesondere wenn die Rehabilitation über die Deutsche Rentenversicherung erfolgte.
Check-up als Weichensteller für das RV-Fit-Programm
Was, wenn beim hausärztlichen Check-up zwar Rückenschmerzen, leichtes Übergewicht, Stress oder Schlafprobleme offensichtlich zu Tage treten, jedoch nach Einschätzung des Hausarztes noch nicht für eine Reha sprechen?
Um frühzeitig vorzubeugen und die Erwerbsfähigkeit langfristig zu erhalten, hat die Deutsche Rentenversicherung das Präventionsprogramm “RV Fit” aufgelegt. Das von Ärzten entwickelte Programm ist für Teilnehmende kostenlos und liegt außerhalb der ärztlichen Budgetierung.
Mit den Inhaltsbausteinen Bewegung, Ernährung und Beratung sowie Entspannung erhalten die Patienten ein strukturiertes Programm, in dem Muskelaufbautraining, Ausdauertraining und arbeitsplatzbezogene Ergonomieberatung ebenso ihren Platz haben wie Stressmanagement, Entspannungsübungen und individuelle Ernährungs- und Gesundheitsberatung (Details siehe Kasten oben).
Wichtig: Die Teilnahme an einem Präventionsprogramm schließt eine spätere Rehabilitation nicht aus! In manchen ambulanten Rehazentren, wie den bundesweiten Zentren für ambulante Rehabilitation (ZAR) ist RV Fit auch als hybrides Programm möglich.
Fazit
Reha und Präventionsprogramme stehen der ambulanten und stationären medizinischen Behandlung mit multidisziplinärer Therapie flankierend zur Seite. Bei deren Empfehlung beziehungsweise Einleitung übernehmen Hausärzte eine wichtige Lotsenfunktion.
Mögliche Interessenkonfklikte: Die Autorin leitet die Kommunikationsabteilung der ambulanten Rehakliniken ZAR Nanz medico.