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Hausarzt MedizinRefluxkrankheit – Tipps für den Einsatz von PPIs

Sodbrennen ist ein vielschichtiges Symptom. Bevor ein Protonenpumpenhemmer (PPI) verordnet wird, sollte daher eine gründliche Anamnese erhoben werden. Für die weit überwiegende Mehrzahl der Patienten mit gastroösophagealem Reflux ist ein PPI die Therapie der Wahl, erklärte der Experte Prof. Dr. med. Herbert Koop, Berlin, im Gespräch mit unserem Autor Dr. med. Ulrich Scharmer.

Was kann sich dahinter verbergen, wenn ein Patient über Sodbrennen klagt?

Koop: Als erstes muss man klären, was der Patient darunter versteht. Manche sprechen von Sodbrennen, meinen damit aber Völle gefühl oder Aufstoßen. Dann han delt es sich vermutlich eher um funktionelle Beschwer den. Berichtet der Patient dagegen über ein Bren nen, das typischerweise nach einer Mahlzeit hin ter dem Brustbein auf steigt, insbesondere nach Trinken von sauren Wein sorten oder Fruchtsäften, spricht das für einen Reflux.

Ist vor dem Verordnen eines PPIs eine Endoskopie notwendig?

Koop: Wenn die Symptome eindeutig sind und keine Warnzeichen vorliegen, kann man gemäß der aktuellen Leitlinie ohne vorherige Endoskopie mit der medikamen tösen Behandlung beginnen. Berichtet der Patient dagegen zusätzlich über Schluck­ störungen, hat Gewicht abgenommen oder es besteht eine Anämie, muss dies differen zialdiagnostisch durch Endoskopie abge klärt werden.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Barrett-Ösophagus besteht oder sich im weiteren Verlauf entwickelt?

Koop: Ein Barrett Ösophagus ist bei Patien ten mit Reflux entweder schon bei der ers ten Endoskopie nachweisbar oder er entwickelt sich bis auf extrem seltene Ausnahmen gar nicht. Es wird daher heute empfohlen, Pati enten, die sich für eine längerfristige PPI The rapie qualifiziert haben, einmal im Leben zu en doskopieren, um einen Barrett Ösophagus auszu schließen. Wichtig ist, dass diese Untersuchung unter wirk samer PPI Therapie stattfindet, damit sich entzündliche Veränderungen vorher zu rückgebildet haben und die Schleimhaut zuverlässig beurteilbar ist. Regelmäßige Nachkontrollen sind nur nötig, wenn sich in den Biopsien Dysplasien finden.

Die einzelnen PPIs weisen pharmakologische unterschiede auf. Gibt es eine Empfehlung, mit welchem PPI man beginnen soll?

Koop: Diese Wirkstoffe unterscheiden sich unter anderem darin, in welchem Verhältnis sie von den Isoenzymen des Cytochrom-P450 verstoffwechselt werden. Das kann zur Folge haben, dass Wirkdauer und Wirkstärke individuell unterschiedlich sind. Für den Beginn der Medikation spielt das aber keine Rolle. Spricht ein Patient nicht ausreichend auf den verordneten PPI an, kann man zunächst die Dosis erhöhen, denn die erreichte Säurehemmung weist eine sehr hohe Variabilität auf. Dann empfiehlt es sich, die Tages dosis auf zwei Einnahmen, das heißt morgens und abends, zu verteilen. Ist die Wirkung immer noch nicht optimal, würde ich auf einen anderen Protonenpumpenhemmer wechseln.

Oft sind Einnahmefehler schuld, wenn ein PPI nicht richtig wirkt. Worauf sollten die Patienten hingewiesen werden?

Koop: PPIs sind Prodrugs, die erst im sauren Milieu aktiviert werden. Um schnell resorbiert zu werden, müssen sie auf leeren Magen eingenommen werden. Etwa eine halbe Stunde später sollte die Säurebildung im Magen durch eine Mahlzeit stimuliert werden, damit der PPI aktiviert wird. Daraus resultiert die Empfehlung, einen PPI nüchtern etwa eine halbe Stunde vor einer Mahlzeit einzunehmen. Andererseits erklärt das, warum ein PPI ungenügend wirkt, wenn er nach dem Essen oder erst vor dem Schlafen gehen genommen wird bzw. keine Mahlzeit folgt.

Wer sollte den PPI früh einnehmen, wer abends?

Koop: Patienten, die vor allem tagsüber Beschwerden haben, nehmen einen PPI vor dem Frühstück ein. Bestehen die Probleme überwiegend nachts, ist die Einnahme eine halbe Stunde vor dem Abendessen am besten.

Muss ein PPI ständig genommen werden oder können die Patienten die Einnahme nach Bedarf selbst festlegen? Spielt der Rebound nach Absetzen eine Rolle?

Koop: Es empfiehlt sich, einen PPI zunächst für zwei bis drei Wochen konsequent einzunehmen. Danach können die Patienten versuchen, mit der Einnahme auszusetzen oder vielleicht auf jeden zweiten Tag überzugehen. Bleiben sie beschwerdefrei, können sie warten, bis erneut Symptome auftreten und in diesem Fall die Einnahme wieder beginnen. Der Rebound, das heißt eine leicht verstärkte Säureproduktion nach dem Absetzen, existiert zwar, spielt aber in der Praxis keine große Rolle.

Die Langzeiteinnahme von PPIs wurde mit Mangelzuständen (Eisen, Magnesium, Vitamin B12) und einem erhöhten Frakturrisiko in Verbindung gebracht.

Koop: Nach jahrelanger kontinuierlicher Einnahme kann es selten zu einem Mangel an Vitamin B 12 kommen. Anstelle aufwendiger Vitaminbestimmungen empfehle ich für solche Patienten etwa alle drei Jahre eine Injek tion von Vitamin B 12. Ein Eisenmangel ist oft durch die Erkrankung selbst verursacht, das heißt Folge von wiederholten kleineren Blutungen, die mechanisch durch die Zwerchfellhernie induziert werden. Der Zusammenhang zwischen PPIs einerseits und Magnesiummangel oder Frakturrisiko andererseits ist meines Erachtens sehr vage. Auch wenn die Langzeitverträglichkeit von PPIs gut ist, sollte die Indikation für eine chronische Einnahme immer wieder hinterfragt werden: Braucht der Patient das Medikament noch, genügt eine Einnahme bei Bedarf bzw. in Intervallen, kann die Dosis reduziert werden? Da gastroösophagealer Reflux eine chronische Erkrankung ist, wird man bei vielen Patienten zu dem Ergebnis kommen, dass sie ihren PPI langfristig benötigen. Es gibt dann keinen Grund, ihnen diese Medikation vorzuenthalten.

Welchen Stellenwert hat die chirurgische Lösung, die Fundoplicatio, heute?

Koop: Die Kriterien, die für eine Fundoplicatio erfüllt sein müssen, sind in der aktuellen Leitlinie ziemlich streng formuliert. Es ist nämlich keineswegs so, dass die Probleme durch den Eingriff dauerhaft gelöst werden. Zudem kommt es in etwa 10 % nach einer Fundoplicatio dauerhaft zu Beschwerden, die zuvor nicht existiert haben, wie Dysphagie oder die Unfähigkeit, aufzustoßen. Zu überlegen ist der Eingriff, wenn eine Langzeitmedikation mit PPIs nicht vertragen wird – was sehr selten vorkommt –, oder das Refluxvolumen weiterhin sehr groß ist.

Was raten Sie Patienten mit vor allem nächtlichem Reflux?

Koop: Hier sollten zwischen der letzten Mahlzeit am Abend und dem Zubettgehen mindestens drei bis vier Stunden liegen. Nach dieser Zeit hat sich der Magen so weit entleert, dass nur noch wenig Volumen für einen Reflux zur Verfügung steht. Die oft zitierten Ziegelsteine unter dem Kopfende des Betts können sie sich dagegen sparen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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