Genf. Exzessives Computer- oder Videospielen gilt nach einem neuen Verzeichnis der Weltgesundheitsorganisation (WHO) demnächst als Krankheit. Gaming Disorder oder Online-Spielsucht wird in den neuen Katalog der Krankheiten (ICD-11) aufgenommen, wie die WHO beschlossen hat, hinter Glücksspielsucht. Der Katalog erscheint am 18. Juni.
Die Aufnahme ist unter Wissenschaftlern umstritten. Spieler könnten dadurch grundlos als therapiebedürftig stigmatisiert werden, sagen sie. Vladimir Poznyak vom WHO-Programm Suchtmittelmissbrauch widerspricht. Die Abgrenzung zwischen Spielspaß und Sucht sei klar definiert, sagte er. “Die Aufnahme in den Katalog dürfte weitere Forschung auf dem Gebiet stimulieren.”
Der Katalog dient zum einen Ärzten als Hilfe bei der Diagnose. Zum anderen nutzen Krankenkassen ihn oft als Grundlage für Kostenübernahmen. Für eine Online-Spielsucht müssen künftig drei Kriterien erfüllt sein: Die Betroffenen verlieren die Kontrolle, wie oft und wie lange sie spielen. Sie ziehen das Spielen immer häufiger anderen Aktivitäten vor und können auch bei negativen Konsequenzen nicht aufhören.
“Spielsüchtig ist jemand, der Freunde und Familie vernachlässigt, der keinen normalen Schlafrhythmus mehr hat, sich wegen des ständigen Spielens schlecht ernährt oder sportliche Aktivitäten sausen lässt”, sagt Poznyak. Dem Spieler mache es auch keinen Spaß mehr, aber er komme nicht davon los. Besonders junge Menschen seien betroffen.
Die 11. Auflage des Katalogs, International Classification of Diseases (ICD), muss die Weltgesundheitsversammlung formell noch im kommenden Frühjahr absegnen. Das gilt als Formalität. Der Katalog enthält tausende Krankheiten. Die 10. Auflage stammte aus dem Jahr 1992, ist aber ständig aktualisiert worden.
Quelle: dpa