Bei nichtbinären oder transidenten Kindern und Jugendlichen können geschlechtsangleichende Hormontherapien in Frage kommen, um den Leidensdruck zu verringern. Studien zum Erfolg solcher Behandlungen gab es bis dato kaum.
Neue Daten kommen nun aus den USA: Ärztinnen und Ärzte der Ann and Robert Lurie Kinderklinik in Chicago haben 315 transidente und nichtbinäre Menschen im Alter von 12 bis 20 Jahren in ihre Studie aufgenommen.
Von ihnen waren 190 (60,3 Prozent) transmännlich: Sie wurden mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren, fühlten sich jedoch dem männlichen Geschlecht zugehörig. 33,7 Prozent waren transweiblich, 6,0 Prozent nicht-binär. 7,9 Prozent waren zuvor bereits mit Pubertätsblockern behandelt worden.
Die Jugendlichen erhielten über zwei Jahre eine geschlechtsangleichende Hormontherapie mit Östrogen oder Testosteron. Nach 6, 12, 18 und 24 Monaten füllten sie verschiedene klinische Fragebögen zu ihrer seelischen Gesundheit aus.
Ergebnis: Je stärker sich das Äußere unter der Hormontherapie an die tatsächliche Geschlechtsidentität annäherte, desto besser schätzten die Jugendlichen die Zufriedenheit mit ihrem Leben ein. Außerdem nahmen Depressionen und Angst ab.
So gaben rund 70 Prozent der Jugendlichen, die zu Studienbeginn an einer schweren Depression litten, nach Ende der Studie an, ihre Depression habe sich auf ein minimales bis moderates Maß gebessert. Bei rund 40 Prozent der Jugendlichen, die zu Beginn klinische Symptome einer Angststörung zeigten, waren nach Ende der Studie keine Symptome mehr nachweisbar.
Wie hoch die psychische Belastung generell für nichtbinäre und transidente Jugendliche ist, zeigt aber auch ein weiteres Ergebnis: Elf Jugendliche berichteten von Selbstmordgedanken, zwei Jugendliche begingen im Studienzeitraum Suizid.
Fazit für die Praxis: Bei transidenten und nichtbinären Jugendlichen kann eine Hormontherapie die psycho-soziale Gesundheit bessern und Ängste und Depressionen lindern.
cq/bae
Quelle: DOI 10.1056/NEJMoa2206297