Kürzlich wurden Tests auf Hepatitis B und C in die Gesundheitsvorsorge ("Check-up") aufgenommen. Versicherte ab 35 Jahren können sich einmalig auf diese beiden Erkrankungen untersuchen lassen. Dr. med. Ulrich Scharmer sprach darüber mit der Virologin Prof. Dr. med. Ulrike Protzer, München.
Prof. Dr. med. Ulrike Protzer ist Direktorin des Instituts für Virologie der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München, Direktorin des Instituts für Virologie am Helmholtz Zentrum München und Mitglied im Vorstand des DZIF – Deutsches Zentrum für Infektionsforschung.
Wie hoch schätzt man den Anteil der Menschen in Deutschland, die mit Hepatitis B bzw. C infiziert sind?
Protzer: Das weiß man gar nicht so genau! Man nimmt an, es sind knapp ein Prozent der Bevölkerung betroffen, wobei der Anteil der Hepatitis B mit 0,5 bis 0,6 Prozent etwas höher ist. Ein Prozent erscheint zunächst nicht sehr viel, doch angesichts der gravierenden möglichen Folgen einer Infektion ist das klinisch bedeutend. Weltweit ist Hepatitis für mehr Todesfälle verantwortlich als HIV oder Tuberkulose.
Wie hoch ist der Anteil der Patienten, die wenige bzw. nur unspezifische Beschwerden durch ihre Infektion haben und daher nie auf diese Viren getestet werden?
Man nimmt an, dass auf eine bekannte etwa zwei nicht entdeckte Infektionen kommen.
Warum wird das Screening nur ein einziges Mal angeboten?
Mit zunehmendem Alter sinkt das Risiko für eine Infektion mit den beiden Hepatitisviren. Das liegt zum einen daran, dass Hepatitis B oft schon bei der Geburt von der Mutter auf das Kind übergeht, zum anderen nehmen Risiken wie intravenöser Drogenkonsum oder Sexualkontakte mit dem Alter ab.
Ein bevölkerungsweites Screening muss immer auch die Kosten berücksichtigen. Ich vermute, dass solche Gründe ausschlaggebend dafür waren, das Screening auf einen einmaligen Test zu begrenzen, weil damit eine gute Kosten-Nutzen-Relation erreichbar ist. Wir sind sehr froh, dass wir das einmalige Screening jetzt durchzusetzen konnten.
Wichtig ist, dass eine Virusdiagnostik selbstverständlich auch danach jederzeit möglich ist, wenn Symptome vorliegen, die den Verdacht auf eine Hepatitis lenken. Sobald ein Patient erhöhte Leberwerte hat oder ein Risiko für Hepatitis besteht, etwa beruflich oder auch wegen eines Migrationshintergrunds, sollte man eine Hepatitis-Serologie veranlassen.
Eine Hepatitis nicht zu erkennen, ist mindestens so schlimm, wie hohen Blutdruck oder Diabetes zu übersehen.
Wie häufig wird eine Hepatitis B chronisch und geht in eine Leberzirrhose bzw. ein hepatozelluläres Karzinom über?
Etwa 25 bis 30 Prozent der mit Hepatitis B Infizierten sterben an den Folgen ihrer Erkrankung, also an Leberzirrhose oder einem hepatozellulären Karzinom. Je früher eine Infektion erkannt wird, desto eher kann eine Therapie die Lebererkrankung aufhalten oder sogar zur Rückbildung bringen.
Eine Hepatitis C kann man inzwischen komplett ausheilen. Deshalb ist das jetzt eingeführte Screening so wichtig. Ein weiterer wichtiger Grund ist das Verhindern von Ansteckungen, denn Menschen mit unerkannter Hepatitis B oder C können die Infektion übertragen. Eine wirksame Therapie verringert nicht nur das Risiko für die leberspezifischen Folgeerkrankungen, sondern auch die Gefahr der Weitergabe des Virus.
Hepatitis B ist bekanntlich bislang nicht heilbar. Welche Medikamente setzt man hier ein, und was ist damit erreichbar?
Es gibt mittlerweile recht gute antivirale Substanzen, die das Virus zwar nicht eliminieren, aber die Vermehrung sehr wirksam verhindern. Dadurch geht die Entzündung der Leber zurück und das Risiko von Zirrhose und Karzinom sinkt. Außerdem sind die Patienten viel weniger infektiös.
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