Reise- und InfektionsmedizinDie Welt zu Gast in der Hausarztpraxis

Die internationale Conference on Tropical Medicine brachte vom 4. bis 6. April Tropenmediziner und Infektiologen in München zusammen. Neben den großen Herausforderungen der Tropenmedizin kamen auch viele Themen zur Sprache, die in der Hausarztpraxis eine Rolle spielen.

Malaria Überträger Nummer eins: Mücke

Reisewarnungen ernst nehmen

Bei “Zika” denken viele zunächst an Brasilien, von wo ab 2014 gehäuft über eine Mikrozephalie bei Feten nach einer Zika-Infektion der werdenden Mutter berichtet wurde. Die Infektion gibt es aber schon viel länger auch in Südostasien. Das Auswärtige Amt warnt Schwangere und Frauen, die schwanger werden wollen, vor einer Reise nach Thailand und Indonesien.

Dass diese Warnung ernst zu nehmen ist, zeigt ein Fall eines kongenitalen Zika-Syndroms aus München: Eine 27-jährige Frau stellte sich nach Rückkehr aus dem Thailand-Urlaub in der 12. Schwangerschaftswoche mit Kopfschmerzen und Übelkeit in der Notaufnahme vor. Die Verdachtsdiagnose lautete Migräne ohne Aura, ein Flaviviren-Test wurde nicht durchgeführt. In der 32. Schwangerschaftswoche fiel allerdings im Ultraschall eine Mikrozephalie mit einem Kopfumfang von 228 mm (unter der 3. Perzentile), eine Vergrößerung der Ventrikel und eine auffällige Furchung des Gehirns auf. Die Zeichen eines kongenitalen Zika-Syndroms bestätigten sich in Woche 33 in der fetalen Magnetresonanztomographie. In der 34. Woche wurde die Schwangerschaft auf Wunsch der Frau beendet. Die Autopsie des Föten ergab die Zika-typische Hirnfehlbildung bei ansonsten normaler Organentwicklung. Das Serum der Mutter wies Zika-spezifisches Immunglobulin G (IgG) auf.

Das Risiko einer Zika-Infektion sollte mit in die Beratung bei Reisen nach Thailand und Indonesien integriert werden. Bei Rückkehr einer Schwangeren mit Infektionszeichen wie Fieber, Ausschlag und Kopfschmerzen sollte das Ultraschallscreening in kürzeren Intervallen erfolgen und gegebenenfalls ein Flaviviren-Test durchgeführt werden. Eine Therapie gibt es bislang allerdings nicht. Der Schwangerschaftsabbruch hätte im geschilderten Fall aber zumindest früher erfolgen können.

Das Thema wird an Bedeutung gewinnen: Die Aedes-Mücken, die Zika-, Dengue- oder Chikungunya-Viren übertragen, sind bereits in Mittel-europa angekommen. Experten halten es deshalb für wahrscheinlich, dass diese Infektionen bald auch in Deutschland autochthon auftreten werden.


HIV-Neuinfektionen: Nicht immer nur an Sex denken

0,5 Prozent der Weltbevölkerung sind mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) infiziert. Bei Maßnahmen zur Reduktion der HIV-Übertragung sollte man sich nach Meinung des Virologen Prof. Dr. Josef Eberle aus München aber nicht nur auf den sexuellen Übertragungsweg fokussieren. Nach wie vor ist auch die Übertragung über Injektionen verbreitet. Hauptrisikofaktor ist dabei die Mehrfachnutzung von Nadeln und Spritzen. Das ist aber kein Phänomen nur bei Anwendern in-travenöser Drogen. Die WHO schätzte, dass im Jahr 2004 in Entwicklungsländern 5 Prozent der HIV-Patienten die Infektion über unsichere medizinische Injektionen durch Ärzte und Pflegekräfte erhalten hatten. Dieses Risiko besteht aber nicht nur in Ländern mit ökonomisch sehr limitierten Ressourcen, betonte Eberle: In den USA gaben in einer in den Jahren 2012-2013 durchgeführten Onlineumfrage 46 der 370 befragten Ärzte (12,4 Prozent) und 11 der 320 teilnehmenden Pflegekräfte (3,4 Prozent) an, Spritzen bei anderen Patienten wiederzuverwenden. Bei den Ärzten machten dies fast 5 Prozent sogar regelmäßig (Kossover-Smith RA et al. Am J Infect Control 2017; 45: 1018-23). 2017 gaben in Kanada 2 Prozent der an einer Online-Befragung teilnehmenden 546 Mitglieder der kanadischen Gesellschaft für Anästhesiologie an, Nadeln wieder zu verwenden, 7 Prozent Spritzen (Breton S et al. Can J Anaesth 2018 ; 65: 1100-9).

Aus Deutschland gibt es bislang keine Zahlen zur Mehrfachverwendung von Spritzen und Nadeln durch medizinisches Fachpersonal. Eberle befürchtet aber, dass auch in Europa unsichere medizinische Injektionen immer noch ein nicht komplett ausgeschlossener Infektionsweg für HIV und andere Erreger sein könnten.


Medikamente gegen Reisemitbringsel oft nicht verfügbar

Wir sind global mobil – ob als Tourist oder im Rahmen der Berufstätigkeit. Doch viele Medikamente gegen mitgebrachte Parasiten sind in Deutschland entweder nicht zugelassen oder die Zulassung wurde niedergelegt. Wegen des Off-label-Uses wird die Kostenerstattung notwendiger Behandlungen bei nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen wie einer Infektion mit Metronidazol-resistenten Giardien oder die Malariaprophylaxe mit Primaquin regelmäßig vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen abgelehnt, kritisierte Tropenmediziner Prof. Joachim Richter, Berlin.

Und bei lebensbedrohlichen Erkrankungen wie einer komplizierten Malaria oder einer akuten Trypanosomiasis entstehen wegen der komplizierten Beschaffung zu lange Wartezeiten. Es wird Zeit, die rechtlichen Lücken zu schließen, forderte Richter. Das global geforderte Recht auf angemessene Behandlung müsse schließlich auch im Industrieland Deutschland gelten.


Gelbfieberimpfung hält

Eine länger zurückliegende Gelbfieberimpfung schützt auch Patienten, die nachfolgend immunsupprimiert werden, wie eine Studie aus der Schweiz zeigt. Die 40 wegen einer Autoimmunerkrankung oder einer Organtransplantation immunsupprimierten und 35 nicht immunsupprimierten Patienten hatten im Mittel vor 20 Jahren die letzte Gelbfieberimpfung erhalten. Wie Silja Bühler vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg berichtete, wiesen 87,5 Prozent der immunsupprimierten und 88,5 Prozent der Kontrollpatienten eine ausreichende Seroprotektion auf.


Flüchtlingskinder impfen!

Bis zum Ausbruch des Krieges in Syrien war der Impfschutz der Einwohner gut. Über 5-jährige syrische Kinder in Berliner Flüchtlingslagern haben deshalb zu 74 Prozent einen vollständigen Impfschutz. Kinder unter fünf Jahren haben aber in den Kriegswirren häufig keine Impfungen mehr erhalten, nur 28 Prozent sind ausreichend geimpft. Deshalb sollten die Kinder in den Flüchtlingslagern geimpft werden, forderte Dr. Laila Fozouni, San Francisco. Im Lager Neukölln, wo keine Impfung angeboten wird, weisen 93 Prozent der unter 5-Jährigen nur einen teilweisen und 5 Prozent überhaupt keinen Impfschutz auf.


Blutige Grüße aus Korsika

Ein 12-jähriger Junge stellte sich sieben Monate nach einem Urlaub in Korsika mit einer Makrohämaturie an der Tropenmedizin der Universität Düsseldorf vor. Im Urin des Jungen wie des Vaters fanden sich Eier von Schistosoma spec. Beide hatten im Cavo-Fluss im Süden Korsikas ein erfrischendes Bad genommen. Seit 2014 ist bekannt, dass dort ein autochthones Vorkommen von Schistosoma vorkommt. Das Robert-Koch-Institut warnt ausdrücklich vor dem Bad in diesem Fluss.

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