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Serie InhalationSchlechtes Inhalieren reicht nicht!

Selbst bei korrekter Inhalationstechnik erreicht nur ein geringer Teil des Wirkstoffs die unteren Atemwege. Welche Faktoren beeinflussen die bronchiale Deposition?

Für den Erfolg der Inhalation ist die bronchiale Deposition der entscheidende Faktor.

Bei Atemwegserkrankungen gilt die inhalative Applikation von Medikamenten als Goldstandard. Seit Einführung der inhalierbaren Kortikoide und langwirkenden Bronchodilatatoren haben alle oral zu applizierenden Substanzen an Bedeutung verloren; sie sind nur mehr in extrem seltenen Situationen indiziert.

1956 wurde mit einem pMDI (pressured me-tered dose inhaler) erstmalig ein kleines handliches Gerät zur Inhalation auf den Markt gebracht. Patienten waren damit in der Lage, unabhängig von immobilen Geräten und einer Energiequelle Medikamente zu inhalieren, das Inhalationssystem mitzuführen und sich somit an jedem Ort selbst helfen zu können.

In den folgenden Jahrzehnten sind zahlreiche Geräte entwickelt worden, um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Inhalation zu verbessern. Immer wieder waren sich Experten einig, dass ein neues Gerät wenig Fehlermöglichkeit bot – diese sind uns oft erst später von Patienten demonstriert worden.

Bronchiale Deposition entscheidend

Für den Erfolg der Inhalation ist die bronchiale Deposition der entscheidende Faktor, denn wo nichts oder zu wenig ankommt, kann auch das beste Medikament nicht wirken! Die Kunst des Therapeuten besteht darin, das für den individuellen Patienten am besten geeignete Gerät auszuwählen. Er muss den korrekten Inhalationsvorgang vermitteln, regelmäßig kontrollieren und eventuell korrigieren.

Mit allen zur Verfügung stehenden Inhalier-geräten sind seit ihrer Markteinführung zahllose Untersuchungen zur Überprüfung der Inhalationstechnik durchgeführt und veröffentlicht worden. Seit nun fast 70 Jahren kommen sie zu demselben traurigen Ergebnis: 50 bis 80 Prozent aller Untersuchten machen einen oder mehrere entscheidende Fehler bei der Inhalation und setzen damit den Erfolg der Therapie aufs Spiel.

Daran sind wir Ärzte nicht ganz unschuldig: Leider zu oft werden die Auswahl des individuell geeigneten Devices, Demonstration und Einüben und ganz besonders die Überprüfung und eventuelle Korrektur der Inhalationstechnik nur unzureichend umgesetzt oder gar ganz unterlassen. Viele verlassen sich offensichtlich darauf, dass auch bei schlechter Inhalationstechnik eine gewisse Substanzmenge trotzdem ihr Ziel erreicht.

Nachdenklich stimmen sollte diese Kollegen, dass auch bei optimalen Voraussetzungen und korrekter Inhalationstechnik nur ein geringer Teil des Wirkstoffs, der das Inhalationssystem verlässt, die unteren Atemwege erreicht. So gelangen etwa bei Verwendung eines Dosieraerosols und Partikel mit einer Größe von 1 µm nur etwa 40 Prozent in die unteren Atemwege.

Dieser Anteil variiert auch noch in Abhängigkeit von der zu inhalierenden Substanz und kann bei Steroiden durchaus geringer ausfallen. Daher ist nur eine korrekte Inhalation die “Garantie” für eine erfolgreiche Therapie. Das Ergebnis sind stabile Krankheitsverläufe mit einer Reduktion der erforderlichen Arztkontakte, also Arbeitserleichterung, geringere Therapiekosten, eine bessere Adhärenz und vor allem zufriedene Patienten.

Hoher Schulungsbedarf

Entwicklungsgeschichtlich besteht die Aufgabe des Respirationstraktes darin, den Gasaustausch sicherzustellen. Gleichzeitig soll aber die Inhalation und endobronchiale Deposition von in der Luft befindlichen “Schadstoffen” klein gehalten werden. Dazu dient der Filter der Nase, aber auch die Anatomie des Rachens mit seiner starken Krümmung, die die Passage von Partikeln behindert.

Hinzu kommt der Selbstreinigungsmechanismus mit der mukoziliären Rolltreppe, der Husten und die alveoläre Clearance durch Makrophagen. Die Inhalation mit einer gewollten Überwindung dieser Hindernisse ist somit unphysiologisch [1] und wird nur beim inhalativen Rauchen “fast” intuitiv korrekt gemacht. Das Inhalationsmanöver erfolgt nicht intuitiv – daraus resultiert ein hoher Schulungsbedarf.

Wichtige Faktoren

[6] Die bronchiale Deposition unterliegt großen inter- und intraindividuellen Unterschieden. Meistens erreicht nur ein kleiner Teil des Inhalats seinen Zielort. Teilchen, die größer als 2 µm sind, werden bei Nasenatmung fast ausschließlich in der Nase zurückgehalten.

Teilchen mit einer Größe über 10 µm werden bei Mundatmung bereits im Mund-Rachenbereich abgeschieden und gelangen nicht ins Bronchialsystem. Tiefe und Dosis der bronchialen Deposition hängen neben individuellen Differenzen von der Lungenfunktion, besonders einer Obstruktion, Atemtiefe und -frequenz, der Luftfeuchtigkeit sowie von Mund- oder Nasenatmung ab.

Die Deposition halbiert sich bei der Steigerung der Atemfrequenz von 7 auf 21 pro Minute und erreicht bei Inhalation über eine Atemmaske bei offenem Mund circa 12,5 Prozent Lungendeposition, dagegen bei Maskeninhalation über die Nase nur 1,5 Prozent. Erste Vorgabe für eine optimale bronchiale Deposition sind demnach langsame Einatmung, Atemanhalten in Inspirationsstellung und geringe Atemwegsobstruktion [7].

Partikelgröße

Die Teilchengröße bestimmt die erreichbare Tiefe (siehe Abbildung 2 unten). Je größer die Teilchen sind, desto größer die Impaktion (Massenträgheit) und desto schwerer können sie bei hoher Geschwindigkeit des Luftstroms einer Richtungsänderung folgen. Dadurch kommt es sehr früh zu Ablagerungen in den zentralen Atemwegen und an den Aufzweigungen des Bronchialsystems.

Die Impaktion ist auch für einige Nebenwirkungen verantwortlich. Teilchen mit einer Größe von 1 bis 5 µm können den Richtungsänderungen folgen und gelangen tiefer in die Atemwege. Der Anteil von Teilchen dieser Größe bestimmt die zu erwartende Deposition.

Im Verlauf des Atemmanövers sinken die Partikel der Schwerkraft folgend und können dadurch Kontakt mit der Wand erhalten. Je kleiner die Partikel sind, desto langsamer sinken sie zu “Boden” und umso bedeutender wird die Atemanhaltezeit. Diese Sedimentation ist der wichtigste Mechanismus für die therapeutische Wirkung inhalierter Aerosole.

Teilchen unter 1 µm passieren alle Hindernisse und gelangen bis in die Alveolen, wo sie in der Schwebe bleiben und nur durch zufälligen Wandkontakt infolge der Brownschen Molekularbewegung “kleben” bleiben. Ein Großteil dieser Partikel bleibt trotz Atemanhalten in Schwebe und wird wieder abgeatmet. Das Ausatmen durch die Nase gibt einzelnen Partikeln eventuell die Möglichkeit, noch dort zu deponieren und einen Effekt zu bewirken.

Atemmanöver

Der Inspirationsfluss und das eingeatmete Volumen sind für die Lungendeposition mindestens genauso wichtig wie die Partikelgröße. Ein langsamer Einatemfluss reduziert die Impaktion im Orophyarynx und verbessert bei Verwendung von Dosieraerosolen, dem Respimat® und Verneblern die Lungendeposition.

Patienten, die diese Inhalationssysteme verwenden, sollten Sie daher zu langsamer und tiefer Einatmung anleiten. Bei Pulverinhalatoren ist dagegen eine schnelle und forcierte Inspiration erforderlich, um das freigesetzte Pulver zu desagglomerieren.

Die Deposition durch Sedimentation ist direkt proportional zur Aufenthaltsdauer des Aerosols in den Atemwegen. Diese wird durch ein hohes Atemzugvolumen und eine Atemanhaltezeit am Ende der Inspiration verlängert. Das Inspirationsvolumen sollte durch eine möglichst vollständige Ausatmung bis zum Residualvolumen vergrößert werden. Das gilt natürlich vor allem für Patienten mit kleinen Lungenvolumina wie bei fortgeschrittener COPD.

Atemwegsanatomie

Die Lungendeposition unterliegt interindividuellen Unterschieden, wird aber auch durch anatomische Unterschiede beeinflusst. Bei engem Hypopharynx (etwa bei obstruktiver Schlafapnoe oder Adipositas) oder einer Hufeisenepiglottis ist die oropharyngeale Deposition deutlich erhöht und die Lungendeposition folglich reduziert.

Helfen kann hier eine langsame Inspiration oder die Verwendung eines Spacers. Mit zunehmender Bronchialobstruktion verlagert sich die Deposition mehr in die zentrale Bronchialregion. Unterschiedliche Obstruktion führt zu Pendelluft und damit auch zur ungleichen Verteilung des Aerosols. Die Absolutmenge der Lungendeposition bleibt allerdings etwa gleich.

Das Zusammenspiel der verschiedenen Einflussfaktoren kann nur durch die eintretende Wirkung und die Rate der Nebenwirkungen beurteilt werden. Dies ist bei den rasch wirksamen Beta-Agonisten einfacher zu beurteilen als bei den Steroiden, deren Wirkung ja mit einer Verzögerung von ein bis zwei Wochen eintritt.

Interessenkonflikte: Thomas Hausen gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen. Peter Haidl legt die folgenden potenziellen Interessenkonflikte offen: Vorträge: Aerogen Ltd, GSK, Novartis, Siemens & Co; Advisory board: Astra Zeneca, Boehringer Ingelheim, Mundipharma.

Literatur:

  1. Canisius S, Scheuch G. Grundlagen der Aerosoltherapie.  Atemwegs- und Lungenkrankheiten 2016; 42: 481–486.
  2. Hausen Th., Atemwegserkrankungen Ullstein Mosby-Verlag Berlin 1993 S.183
  3. Hausen Th., Atemwegserkrankungen Ullstein Mosby-Verlag Berlin 1993 S.184
  4. Köhler D, Fleischer W, Hrsg. Theorie und Praxis der Inhalationstherapie. München: Arcis; 2000.
  5. P. Haidl. Inhalative Therapie, Der Pneumologe, 2018; 15: 133-143
  6. P. Haidl. Inhalative Therapie, Der Pneumologe, 2018; 15: 133-143
  7. Hausen Th., Atemwegserkrankungen Ullstein Mosby-Verlag Berlin 1993 Vor- und Nachteile der Inhalation S.183-188
  8. Hausen Th. Pneumologie für die Praxis Elsevier Verlag 2017 S.110
  9. Haidl P. Beratungsbedarf zu Inhalativa bei Asthma und chronisch obstruktiven Lungenkrankerkrankungen (COPD) internistische praxis 64, 1-12 (2021)
  10. Hausen Th. Frühdiagnose der COPD in Pneumologie für die Praxis. München: Elsevier Verlag, 2018: 104
  11. Haidl P. Beratungsbedarf zu Inhalativa bei Asthma und chronisch obstruktiven Lungenkrankerkrankungen (COPD) internistische praxis 64, 1-12 (2021)
  12. Haidl P. Beratungsbedarf zu Inhalativa bei Asthma und chronisch obstruktiven Lungenkrankerkrankungen (COPD) internistische praxis 64, 1-12 (2021)
  13. Hausen Th. Pneumologie für die Praxis. München: Elsevier Verlag, 2018: 105
  14. Haidl P. Beratungsbedarf zu Inhalativa bei Asthma und chronisch obstruktiven Lungenkrankerkrankungen (COPD) internistische praxis 64, 1-12 (2021)
  15. Haidl P. Beratungsbedarf zu Inhalativa bei Asthma und chronisch obstruktiven Lungenkrankerkrankungen (COPD) internistische praxis 64, 1-12 (2021)
  16. Hausen Th. Frühdiagnose der COPD in Pneumologie für die Praxis. München: Elsevier Verlag, 2018: 106
  17. Everard ML, Devadason SG, Le Souëf PN. Flow early in the inspiratory manoeuvre affects the aerosol particle size distribution from a Turbuhaler. Respir Med 1997; 91: 624–628.
  18. Hausen Th, Inhalationsbehandlung bei chronischen Atemwegserkrankungen Th-woche 1984; 34: 1309-1315
  19. Haidl P. Beratungsbedarf zu Inhalativa bei Asthma und chronisch obstruktiven Lungenkrankerkrankungen (COPD) internistische praxis 64, 1-12 (2021)
  20. Hausen Th, Für wen Vernebler sinnvoll sind. Der Hausarzt 2019; 15: 2-4
  21. Haidl P. Beratungsbedarf zu Inhalativa bei Asthma und chronisch obstruktiven Lungenkrankerkrankungen (COPD) internistische praxis 64, 1-12 (2021)
  22. Voshaar T, App EM, Berdel D, Buhl R, Fischer J, Gessler T, et al. Empfehlungen für die Auswahl von Inhalationssystemen zur Medikamentenverabreichung. Pneumologie 2001; 55:579-586
  23. Hausen Th. Checkliste bei der Auswahl eines Inhalierapparates inPneumologie für die Praxis. München: Elsevier Verlag, 2018: 111-113
  24. Small M, Anderson P, Vickers A, Kay S, Fermer S. Importance of inhaler-device satisfaction in asthma treatment: real world observation of physician-observed compliance and clinical/patient-reported outcomes Adv Ther 2011; 28: 202-212
  25. Voshaar Th. in Asthma und COPD für die Hausarztpraxis Thieme 2011 S.12-19
  26. Rootsmensen GN, van Keimpema, Jansen HM, deHaan R. Predictors of incorrect inhalation technique in patients with Asthma or COPD: A study using a validated videotaped scoring method J Aerosol Med Pulm Drug Deliv 2010; 23, 5:323-8
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