Die Parkinson-Krankheit beginnt meist nach dem 60. Lebensjahr, kann in einzelnen Fällen aber schon im jungen Erwachsenenalter einsetzen. In diesen Fällen liegt oft eine genetische Disposition vor, bis heute wurden 17 Gendefekte mit Parkinson-Symptomatik definiert.
Die Erkrankung beginnt schleichend. Während die Betroffenen den Tremor frühzeitig registrieren, wird die akinetisch-rigide Verlaufsform initial oft verkannt. Der Schweregrad der Erkrankung wird nach der Hoehnund-Yahr-Skala eingeteilt (Tab. 1).
Medikamentöse Therapie
Alle heute verfügbaren medikamentösen Therapien bei Parkinson sind rein symptomatisch wirksam. Eine verlaufsbeeinflussende Therapie gibt es bisher nicht. Sobald die Diagnose gestellt wurde, sollte eine dopaminerge Therapie eingeleitet werden. Bei leichter Symptomatik werden bei jüngeren Patienten initial Dopaminagonisten und MAO-B-Hemmer eingesetzt. Studien weisen darauf hin, dass hierdurch das Auftreten von Dyskinesien verzögert werden kann. Sobald die erreichte symptomatische Wirkung nicht mehr ausreicht, sollte LDopa eingesetzt werden. L-Dopa gilt heute als wirksamste und nebenwirkungsärmste Therapie des M. Parkinson.
Honey-moon-Phase
Im initialen Stadium der Erkrankung beobachtet man ein gutes Ansprechen auf die dopaminerge Therapie. Diese Phase (Honeymoon-Phase) ist gekennzeichnet durch eine effektive Kontrolle der motorischen Symptome, die darunter so gering ausgeprägt sein können, dass die Erkrankung für den Außenstehenden kaum erkennbar ist. Bei tremordominaten Erkrankungen zeigt sich allerdings von Beginn an ein nur unbefriedigender Effekt der medikamentösen Therapie.
Da die Degeneration der dopaminergen Neurone der Substantia nigra weiter fortschreitet, wird in den folgenden Jahren eine schrittweise Dosiserhöhung notwendig.
Wirkungsfluktuationen
Durchschnittlich 5 – 7 Jahre nach Erkrankungsbeginn ist bei den meisten Patienten die Symptomatik nicht mehr vollständig durch die Therapie kontrollierbar. Die Patienten klagen über Wirkungsfluktuationen, zunächst als nachlassende Wirkung vor der nächsten Medikamenteneinnahme (Wearing off). Ursache hierfür ist wahrscheinlich die Abnahme der Zahl der Neurone, die zu einer verringerten Speicherfähigkeit für L-Dopa in der Substantia nigra führt.
Hierauf wird therapeutisch anfangs durch Verkürzung der Einnahmeintervalle reagiert. Verschiedene Substanzen wurden mit dem Ziel entwickelt, den L-Dopa-Spiegel im Blut gleichmäßiger zu halten, hierzu zählen MAO-Hemmer, COMT-Hemmer und Retardpräparate. Die Wirkung dieser Präparate ist durch Studien belegt, jedoch insgesamt nur mäßig ausgeprägt. Eine fixe Kombination von L-Dopa mit dem COMT-Hemmer Entacapon ist auf dem Markt. Als MAO-Hemmer sind Selegilin und Rasagilin in Deutschland verfügbar., seit Kurzem auch Safinamid als MAO-B-Hemmer.
Akinese und Dyskinesien
Bei vielen Patienten entwickeln sich im weiteren Verlauf neben der End-of-dose-Akinese auch Peak-dose-Dyskinesien. Hierbei handelt es sich um spontane nicht willkürlich unterdrückbare Bewegungen, die einer Chorea ähneln. Es ist im klinischen Alltag immer wieder festzustellen, dass leichte Dyskinesien von Patienten als wenig beeinträchtigend empfunden werden, da sie eine Phase guter Beweglichkeit (On-Phase) kennzeichnen, hingegen die mit Akinese einhergehende Off-Phase als sehr belastend empfunden wird.
In der Sprechstunde werden Dyskinesien oft eher von Angehörigen berichtet. Man sollte den Patienten immer selbst dazu befragen, ob er die Bewegungen als störend empfindet. Ggf. kann man durch eine schrittweise Reduktion der L-Dopa-Dosis eine Besserung erzielen, allerdings meist auf Kosten der Beweglichkeit. Bei abruptem Absetzen der L-Dopa-Therapie kann ein LDopa-Entzugssyndrom auftreten (Tab. 2). In schwer ausgeprägten Fällen können Dyskinesien den gesamten Körper einbeziehen und mit erheblicher Verletzungsgefahr oder Gangunfähigkeit einhergehen. In besonders schweren Fällen kann die permanente motorische Aktivität zu Gewichtsabnahme bis hin zur Kachexie führen.
Invasive Therapien
Wirkungsfluktuationen im Spätstadium sind eine Herausforderung für den behandelnden Arzt. Zur Behandlung wird versucht, verschiedene Präparate in Kombination einzusetzen. Hierbei ergeben sich oft komplizierte Medikationsschemata, die für den Patienten im Alltag schwierig umzusetzen sind.
Als Alternative bieten sich die invasiven Therapieverfahren an. Die tiefe Hirnstimulation hat sich bei Fluktuationen und Dyskinesien bewährt. Sie ist zudem das erfolgreichste Verfahren für die Behandlung des Parkinsontremors. Über eine kleine Medikamentenpumpe kann der starke Dopaminagonist Apomorphin kontinuierlich sukutan appliziert werden.
Ein noch relativ selten eingesetztes Verfahren ist eine kontinuierliche L-Dopa-Infusion in das Jejunum über eine Pumpe und eine transkutane Jejunalsonde.
Posturale Instabilität
Ein typisches Symptom des späteren Stadiums ist die posturale Instabilität mit Sturzneigung. Diese spricht nur wenig auf die medikamentöse Therapie an. Intensives Gehtraining und ggf. die Verordnung eines Rollators sind die heute verfügbaren therapeutischen Optionen.
Physiotherapie
In allen Stadien der Parkinson-Krankheit sind regelmäßige krankengymnastische Übungsbehandlungen sowie die Unterstützung der eigenen motorischen Aktivität wesentliche Therapiebestandteile. In Anbetracht der hohen Kosten der Pharmakotherapie bei M. Parkinson ist eine kontinuierliche krankengymnastische Behandlung eine eher preisgünstige Therapie. Auch die Familienangehörigen des Patienten sollten hier zur Unterstützung motorischer Aktivitäten angehalten werden.
Nicht motorische Symptome
Die Parkinson-Erkrankung ist eine komplexe Systemerkrankung, die sich nicht auf die klassischen Symptome Rigor, Tremor, Akinese reduzieren lässt. Sie erfordert die enge Zusammenarbeit von Hausarzt und Neurologen.
Viele Parkinson-Patienten leiden unter Obstipationsbeschwerden. Jahrelange Obstipation kann als Prodromalsymptom einer Parkinson-Erkrankung auftreten. In fortgeschrittenen Fällen können die Motilitätsstörungen zu Resorptionsstörungen der oral eingenommenen Medikamente führen und Wirkungsfluktuationen zusätzlich verstärken. Hieraus kann sich eine Indikation zur Behandlung mit Rotigotin-Pflaster oder mit invasiven Therapieverfahren ergeben. Zur Behandlung der Obstipation sollte auf eine genügende Trinkmenge und faserreiche Kost geachtet werden. Therapeutisch sind Laktulose und Macrogol geeignet.
Übelkeit wird hingegen eher als Nebenwirkung durch die dopaminerge Medikation selbst verursacht. Hier kann Domperidon helfen.
Depressionen sind eine häufige Begleiterscheinung der Parkinson-Erkrankung. Auch sie können ein Prodromalsymptom sein. Die Parkinson-Depression unterscheidet sich von anderen depressiven Erkrankungen darin, dass Apathie und Anhedonie besonders ausgeprägt sein können. Da Depressionen zugleich mit negativen Auswirkungen auf die motorischen Fähigkeiten einhergehen können, sollten sie aktiv behandelt werden. Nicht alle Antidepressiva scheinen gleichermaßen bei Depressionen von Parkinson-Patienten wirksam zu sein. Recht gut belegt ist die Wirkung von Nortriptylin und Amitriptylin, weniger eindeutig sind die Studienergebnisse für SSRI.
Sexuelle Störungen kommen unabhängig von einer Depression bei Parkinson-Patienten häufig vor. Bei erektiler Dysfunktion kann Sildenafil eingesetzt werden. Einschlafattacken während des Tages können bei Patienten, die ein KFZ führen wollen, zu einer erheblichen Gefährdung beitragen.
Hier sollte durch eine gründliche Anamnese geklärt werden, ob ein gestörter Nachtschlaf z. B. infolge nächtlicher Hypokinese oder Schmerzen die Ursache sein könnte. Dopaminagonisten können ebenfalls Einschlafattacken begünstigen. In jedem Fall sollte in Zusammenarbeit mit einem Neurologen eine Änderung der Medikation geprüft werden, bevor man pharmakologische Maßnahmen wie Modafinil einsetzt. Ein- und Durchschlafstörungen können mit nächtlicher Akinese oder auch mit Nebenwirkungen der Therapie ( MAO-Hemmer, Amantadin) zusammenhängen.
Ein hoher Anteil der Patienten entwickelt nach langjährigem Krankheitsverlauf eine Demenz. Auch bei einer Parkinson-Demenz können Cholinesterasehemmer einen begrenzten symptomatischen Effekt haben. Zugelassen zur Therapie ist nur Rivastigmin, das bei demenziellen Symptomen frühzeitig verordnet werden sollte.
Psychotische Symptome kommen als Nebenwirkung der Parkinson-Therapie vor. Treten sie bereits frühzeitig auf, liegt möglicherweise keine typische Parkinson-Erkrankung, sondern eine Levy-body-Demenz vor. Es können Wahnsymptome und akustische sowie oft lebhafte szenische optische Halluzinationen auftreten. Hier ist vor dem Einsatz von Antipsychotika zunächst eine Reduktion der dopaminergen Substanzen angezeigt, wobei Anticholinergika, Amantadin und Dopaminagonisten als erste reduziert werden sollen. Am besten verträglich ist meist L-Dopa, so dass man bei schwerwiegenden psychotischen Symptomen gezwungen sein kann, auf eine Monotherapie mit L-Dopa umzustellen. Wenn eine Dosisreduktion nur auf Kosten der Mobilität möglich ist, müssen zusätzlich Neuroleptika eingesetzt werden. Einzige zugelassene Substanz ist Clozapin, häufig eingesetzt wird auch Quetiapin, allerdings off label.
Nicht psychotische Verhaltensstörungen können bei Parkinson-Patienten besonders in Zusammenhang mit höheren Dosen von Dopaminagonisten auftreten. Hierzu gehören pathologische Spielsucht sowie bizarr anmutende Neigungen zu repetitiven Verhaltensweisen oder Sammlerleidenschaften, die zuvor unbekannt waren und der Umgebung als persönlichkeitsfremd in Bezug auf den Patienten erscheinen. Manche Patienten entwickeln auch eine Hypersexualität. Diese Symptome werden nur selten spontan von Patienten berichtet. Der Hausarzt, der den Patienten und die Familie gut kennt, sollte sich nicht scheuen, Angehörige nach Verhaltensänderungen zu fragen, da sie eine erhebliche Belastung für die Familie bedeuten können. Falls sich Hinweise hierauf ergeben, sollte in Zusammenarbeit mit einem Neurologen eine Umstellung der medikamentösen Therapie eingeleitet werden.
Fazit
-
Die Parkinson-Krankheit umfasst außer motorischen Symptomen auch vielfältige internistische, autonome und psychiatrische Symptome.
-
Die Behandlung nicht motorischer Symptome kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität des Patienten haben.
-
Psychiatrische Symptome können sowohl mit der Erkrankung selbst wie auch als Nebenwirkung der eingesetzten Substanzen auftreten.
Literatur beim Verfasser
Interessenkonflikte: keine
Tab. 1: Schweregrade
-
Stadium 0 Keine Symptome
-
Stadium 1 Einseitige Symptome
-
Stadium 2 Beidseitige Symptome ohne Gleichgewichtsstörungen
-
Stadium 3 Leichte bis mäßige beidseitige Symptomatik, Selbständigkeit erhalten
-
Stadium 4 Schwere Symptomatik, Patient ist noch allein steh- und gehfähig
-
Stadium 5 An Rollstuhl gebunden oder bettlägerig
(nach Hoehn und Yahr; Neurology 1967)
Tab. 2: L-Dopa-Entzugssyndrom
-
Hyperpyrexie
-
Muskelrigiditat
-
Rhabdomyolyse mit CK-Anstieg
-
Myoglobinurie
-
Akutes Nierenversagen