In schöner Regelmäßigkeit bekommt die Leichenschau ein Forum in der Laienpresse. Oft lamentieren Rechtsmediziner über “schlampige Leichenschauen”, “überforderte Hausärzte” oder “unerkannte Morde”.
Dabei ist die ärztliche Leichenschau für den Niedergelassenen bei weitem keine Seltenheit, steht sie doch gerade im Bereitschaftsdienst auf der Tagesordnung.
Der leichenschauende Arzt sieht sich dabei häufig in einem Spannungsfeld zwischen eigener diagnostischer Unsicherheit, Forderungen von Polizeibeamten und der Notwendigkeit, einen korrekten Leichenschauschein zu erstellen.
Alles stehen und liegen lassen?
Eine Leichenschau hat “unverzüglich” und damit aus juristischer Sicht “ohne schuldhaftes Zögern” zu erfolgen [1]. Dabei muss ein alsbaldiges Handeln jedoch subjektiv zumutbar sein – die gerade durchgeführte Behandlung müssen Sie also nicht zwingend abbrechen.
Vorsicht ist dennoch geboten. Ein Gericht stellte fest, dass der Arzt “die Feststellung des Todes (…) nicht einem Laien überlassen” kann. Nach einer Todesnachricht – besonders im KV-Bereitschaftsdienst – tun Sie gut daran, die Anfahrt nicht allzu weit nach hinten zu disponieren. Letztlich sollte der alarmierte Arzt im Telefonat zumindest Zweifel ausräumen können, ob Reanimationsmaßahmen einzuleiten sind.
Todesursache und Todesart
Die Begriffe “Todesart” und “Todesursache” werden regelmäßig verwechselt. Dabei kann bei einer aus medizinischer Sicht nicht eindeutig klärbaren Todesursache juristisch dennoch eine natürliche Todesart vorliegen [2].
Während sich die Todesursache allein auf die medizinische Ursächlichkeit bezieht, geht es bei der Todesart um die Umstände des Todes. Der natürliche Tod tritt aus einer inneren, nicht beeinflussbaren Ursache ein, der nicht natürliche Tod hingegen hat immer einen äußeren Einflussfaktor wie Fremdeinwirkung oder Unfall.
Todesursache: Detektivarbeit gefragt
Gerade die vom Leichenschauer festgestellte Diagnose hat tiefer greifende Bedeutung, fließt sie doch maßgeblich in die Todesursachenstatistik ein. Da sich mehr als 50 Prozent der Todesfälle im ambulanten Bereich ereignen [3] und die Obduktionsquote unter 5 Prozent [4] liegt, kommen ernsthafte Zweifel an der statistischen Aussagekraft dieser Erhebung auf.
Umso wichtiger, sich bei den Diagnosen im Leichenschauschein auf Fakten zu beschränken. Die Todesursache folgt aus Ermittlung und Zusammenschau von anamnestisch objektivierbaren medizinischen Daten wie Arztbrief, Medikationsplan oder Pflegedokumentation, der Angabe von Dritten und dem Untersuchungsbefund der Leichenschau.
Die Umstände des Todes sollen Sie als “nosologische Kausalkette” dokumentieren: “A als Folge von B bei der Grundkrankheit C”. Auf Endzustände wie zum Beispiel “Herz-Kreislaufstillstand” ist zu verzichten [5].
Gerade bei Multimorbiden lässt sich aber eine einzige todesursächliche Erkrankung oft nicht benennen.
Zur besseren Einordnung der Erkrankungen in eine mögliche Kausalkette kann eine Einteilung nach “Sterbenstypen” [6] beitragen (s. Abb. Sterbenstypen). Dabei ist besonders beim divergierenden und beim komplexen Sterbenstyp eine “unvermeidbar zum Tode führende Krankheit” nicht eindeutig zu benennen.
Für solche Zwecke kann es sinnvoll sein, einen “Natürlichen Tod unklarer Ursache [R96.0]” zu wählen und in den nachgeschalteten Abschnitten des Leichenschauscheines (“als Folge von” und “Grundleiden”) die beitragenden Erkrankungen genauer zu dokumentieren (s. Abbildung Beispiel-Dokumentation).