Serie "Kinder- und Jugendvorsorge"Vorsorgeuntersuchung U4

Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sollen zur Früherkennung von Krankheiten beitragen, welche die körperliche, geistige oder psychosoziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beeinträchtigen können. Ebenso sind Hinweise auf Kindeswohlgefährdung durch Misshandlung oder Vernachlässigung relevante Untersuchungsinhalte.

Die Entwicklung der Kinder verläuft nicht linear, sondern sehr individuell und häufig in Wellen.

Die Vorsorgeuntersuchung U4 findet im 3–4. Lebensmonat statt. Das Erfragen der Zufriedenheit der Eltern mit der Entwicklung des Kindes ist der zentrale Beginn des Kontaktes. Bei der anamnestischen Erfassung der wichtigsten Schritte zur altersgerechten Entwicklung und sozialen Interaktionsfähigkeit ist der Fragebogen des Sonderheftes unter www.hausarzt.link/CEsGR eine exzellente Hilfe und sollte optionaler Bestandteil der Vorsorgeuntersuchung sein.

Jede Kinder- und Jugendvorsorgeuntersuchung enthält eine gründliche Ganzkörperuntersuchung sowie die Erhebung der Körpermaße mit Eintragen in das Somatogramm (Gewicht, Größe, bis zur U7 auch der Kopfumfang). Die apparative Ausstattung hierfür wurde bereits in Teil 1 in Ausgabe 18/24 vorgestellt.

Wichtigste Untersuchungsinhalte dieser Vorsorge sind erneut das Detektieren von noch nicht erkannten angeborenen Fehlbildungen (Herzgeräusch) sowie die Beurteilung der bisherigen Entwicklung. Ebenso bleibt die Beurteilung der Interaktion zwischen Mutter/Eltern und Kind wichtig.

Wie reagiert das Kind bei Ansprache oder nonverbaler Kommunikation durch die primäre Bezugsperson, lässt es sich durch Wiegen oder Ansprache beruhigen? Ist die Bezugsperson in der Lage, adäquat auf die Stimmung des Kindes zu reagieren? Es ist ggfs. zu entscheiden, welche Angebote einer überforderten Familie zur Entlastung gemacht werden können (Entlastung durch Aufklärung, NZFH Frühe Hilfen).

Die körperliche Untersuchung erfasst den Gesamteindruck und die Spontanmotorik des Säuglings in Rückenlage. Bauchlage wird toleriert, Abstützen auf den Unterarmen, der Kopf kann mindestens eine Minute zwischen 40 und 90 Grad gehoben werden. Die Hände können spontan zur Körpermitte gebracht werden, das Kind folgt durch Kopfdrehung einer Lichtquelle oder einem bekannten Gesicht.

Der “Ganzkörperstatus” bezieht die Haut (Blässe, Zyanose, Ikterus, entzündliche Hautveränderungen), die Auskultation von Herz und Lunge, Beurteilung der Herz- und Atemfrequenz ebenso mit ein, wie die orientierende Palpation des Abdomens.

Orthopädisch werden Asymmetrien ausgeschlossen und der Muskeltonus mit der passiven Beweglichkeit der großen Gelenke, Dysmorphien des Kopfes und der Fontanellentonus beurteilt. Beim Genitale ist auf die Lage der Hoden und bei Mädchen auf das Vorliegen einer Labiensynechie zu achten. Lageanomalien wie Leisten- oder Pendelhoden können bis zur U5 beobachtet werden.

Der Durchleuchtungstest nach Brückner – ein Muss bei allen Vorsorgeuntersuchungen im Kindesalter – sollte vor allen unangenehmem Untersuchungsschritten, insbesondere vor Inspektion der Mundhöhle und des Rachens oder der Impfung, erfolgen (siehe Kasten unten).

Die Beurteilung der Entwicklung bezieht sich prinzipiell bei allen Kindervorsorgeuntersuchungen auf die Bereiche Grob- und Feinmotorik, Perzeption/Kognition, soziale/emotionale Kompetenz, in späteren Vorsorgen auch auf die Sprachentwicklung.

Bei leichten Auffälligkeiten in der Beurteilung der Entwicklung ist es ratsam, kurzfristig einen Kontrolltermin zu vereinbaren. Die Entwicklung der Kinder verläuft nicht linear, sondern sehr individuell und häufig in Wellen.

Zudem ist zu berücksichtigen, in welcher Verfassung sich der Säugling bei der Vorsorge befindet: sehr schläfrig, weil gerade satt getrunken, hungrig, aufgebracht und unruhig, weil er Umgebungswechsel oder das Ausziehen nicht mag. Bei eindeutigen Entwicklungsauffälligkeiten ist eine spezialisierte Diagnostik bei einem Neuropädiater, einem SPZ oder anderen Fachspezialisten angesagt.

Impfungen immer zum Schluss

Bei der U4 stehen die Impfungen (natürlich zum Schluss aller Untersuchungen) im Mittelpunkt. Die Rotavirus-Impfung wird abgeschlossen und erstmalig erfolgt jetzt die sechsfach-Impfung gegen Tetanus, Diphterie, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ B (HiB), Poliomyelitis und Hepatitis B sowie Pneumokokken.

Laut STIKO-Empfehlung soll jetzt auch die Impfung gegen Meningokokken B gemäß Fachinformation im Alter von 2 bis 23 Monaten mit drei Impfdosen (bei Beginn mit 2 Jahren mit zwei Impfdosen) erfolgen. Hier ist die Kostenübernahme durch die Gesetzlichen Krankenkassen noch nicht geklärt.

Die passive Immunisierung bzw. Antikörperbehandlung der gesunden Säuglinge gegen das RS-Virus ist inzwischen geklärt. Die Injektionen können mit den Ziffern 01941 und 01942 über die KV abgerechnet werden. Es darf für Kinder, die nach dem 10. März 2024 geboren sind, verordnet werden (Nachzulesen im Epid Bull 26/2024).

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