Jeder vierte bis fünfte Säugling leidet laut Pädiatern unter einer so genannten frühkindlichen Regulationsstörung. Eine sorgfältige Diagnostik muss zunächst klären, ob organische Ursachen zu den Schwierigkeiten beitragen oder das vermehrte Schreien auslösen.
Auch bestimmte Verhaltensmuster von Eltern und Kindern können zu einem Teufelskreislauf zwischen kindlicher Schrei-, Ess- oder Schlafstörung, chronisch überforderten Eltern und Fehlreaktionen führen.
Zu den frühkindlichen Regulationsstörungen zählen:
- Ein gestörter Schlaf
- Ängste
- Oppositionelles Verhalten
- Trotz
- Ausscheidungsstörung
- Essstörungen
- Autismus
- Aufmerksamkeitsstörung
Eine Angststörung bei Kindern und Jugendlichen kann sich äußern als:
- Trennungsangst
- spezifische Phobien
- soziale Ängstlichkeit
- generalisierte Angststörung
Anzeichen für eine Trennungsangst können sein:
- untröstliches Weinen
- Selbstverletzung
- persistierende Sorgen um die Bezugsperson
- Weigerung, die gewohnte Umgebung zu verlassen (z. B. in den Kindergarten zu gehen).
- Weigerung, alleine zu bleiben
- Einforderung der Anwesenheit von Bezugspersonen beim Einschlafen
- Albträume
- somatische Beschwerden
- Vermeidung von Aktivität
Bei phobischen Störungen zeigt sich die kindliche Angst nur oder hauptsächlich in bestimmten Situationen oder wird durch bestimmte Objekte hervorgerufen, die in der Regel ungefährlich oder harmlos sind.
Das Kind zeigt Vermeidungsverhalten; klinisch können sich Palpitation, Schwitzen, Angst vor Ohnmacht oder Kontrollverlust zeigen. Allein der Gedanke an die auslösende Situation erzeugt bereits körperliche Symptome.
Was sind die Angstauslöser?
Verweigert das Kind den Schulbesuch und klagt regelmäßig über Bauch- und Kopfschmerzen, sollte versucht werden heraus-zufinden, ob realistische Ängste wie zum Beispiel die Angst vor Mobbing durch die Mitschüler oder vor der Bewältigung des Schulwegs dahinterstecken. Im Alter von sieben bis acht Jahren kann auch eine Trennungsangst ursächlich sein.
Eine generalisierte Angststörung zeigt sich in exzessiven, nicht kontrollierbaren Sorgen und Ängsten, die die Aktivität der betroffenen Kinder und Jugendlichen hemmt und ihre Funktionsfähigkeit in verschiedenen Situationen einschränkt. Häufig leiden sie unter somatischen Symptomen wie Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen sowie Problemen mit Entspannung und Einschlafen.
Als Komorbiditäten kommen in Betracht:
- Zwangsstörungen
- Depressionen
- Posttraumatische Belastungsstörungen
Eine sorgfältige Anamnese versteht sich von selbst. Abzuklären sind
- Beginn der Symptome
- Eruierung auslösender Faktoren
- In welchen Situationen treten die Symptome auf?
- Häufigkeit und Dauer der Angstattacken?
- Fokussierte oder frei flottierende Angst?
- Ist die Angst dem Alter und Entwicklungsstand des Betroffenen angemessen?
- Vermeidungsverhalten?
- Auswirkungen auf das tägliche Leben?
- Angstfragebögen, z. B.: Kinder-Angst-Test III (KAT-III) Angstfragebogen für Schüler (AFS)
Neben der Beratung und Psychoedukation sind bei Kindern unter drei Jahren Eltern-Kind-Therapien vielversprechend. Bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren zeigen verhaltenstherapeutische und psychodynamische Therapien gute Erfolge.
Wichtig: Eine Psychopharmakotherapie sollte nicht in Betracht gezogen werden.
Psychologische Begleitung
Falls bei Eltern ebenfalls der Verdacht einer eigenen Angststörung besteht, sollen eine eigene Diagnostik und gegebenenfalls Therapie empfohlen werden. Die Beobachtung, Begleitung, offene Beratung, Stärkung von Eltern und Kind sowie das Loben auch kleiner Fortschritte sind wichtige Bestandteile einer erfolgreichen Behandlung. Wo nötig, sollte eine Überweisung an psychologische und psychotherapeutische Begleitung erfolgen.
ADHS –die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung – ist eine psychische Störung, die überwiegend in der Kindheit beginnt und häufig bis in das Erwachsenen-alter bestehen bleibt. Die beiden zentralen Symptome sind Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität-Impulsivität.
Charakteristische Symptome müssen über mindestens sechs Monate persistieren und die Funktionsfähigkeit des Kindes in mindestens zwei sozialen Bereichen – zum Beispiel zu Hause und in der Schule – stark beeinträchtigen. Die abschließende Diagnose wird klinisch gestellt.
Wichtig zu wissen: Es gibt keinen endgültigen Test, der diagnostisch beweisend ist.
Besteht bei einem Kind der Verdacht auf ADHS, sollte die Diagnostik multiaxial erfolgen. Einzelne typische Symptome können auch Zeichen anderer psychischer Störungen oder entwicklungsbedingter Auffälligkeiten sein. Zu berücksichtigen ist auch die Lebensgeschichte des Kindes.
So können Konzentrationsschwierigkeiten auch bei Entwicklungsstörungen wie Lese- und Rechtschreibschwäche oder einer Rechenstörung auftreten. Organische Beschwerden wie beispielsweise schlechter Schlaf oder Störungen der Schilddrüsenfunktion müssen ausgeschlossen werden.
Eine genetische Vorbelastung durch die Eltern, wenn sie selbst an ADHS leiden, erlaubt einen wichtigen Hinweis darauf, ob eine ADHS-Erkrankung vorliegt. Bei Jugendlichen muss zudem auch an eine Suchterkrankung als mögliche Ursache von Verhaltensauffälligkeiten gedacht werden.
Wichtig zu wissen: Jungen neigen eher zu Ungehorsam gegenüber Lehrern und anderen Erwachsenen, was ihr Verhalten auffälliger für die Umgebung macht. Bei Mädchen wird zu Beginn häufig fälschlicherweise eine Depression, eine Angststörung oder eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert bevor man an ADHS denkt.
Neben der Beratung von Eltern und betreuenden Einrichtungen sind oft eine Verhaltenstherapie sowie eine medikamentöse Therapie erforderlich. Störungen der Aufmerksamkeit gehen relativ häufig mit Lern-, Schlaf- und Angststörungen, Depressionen oder TIC-Störungen einher. Diese müssen bei der Behandlung berücksichtigt werden.
Fazit
Auch wenn Pädiater wichtige Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche sind, so sind doch Hausärztinnen und Hausärzte in der Realität ebenso häufig gefragt. Dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind, sollte bei deren Behandlung mitbedacht werden.