In der aktuellen Debatte um eine Impfpflicht gegen Masern hat sich die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) zwar deutlich pro Masernimpfung, jedoch gegen eine entsprechende Impfpflicht ausgesprochen. Eine solche sei “womöglich nicht geeignet, das Ziel höherer Durchimpfungsraten zu erreichen”, heißt es.
So sei bei einer Impfpflicht mit Widerständen von Impfgegnern zu rechnen. “Hausärzte sind aber auf eine unbelastete vertrauensvolle Beziehung angewiesen, um evidenzbasiert beraten zu können”, betont die DEGAM. Statt einer Pflicht befürworte man daher eine freiwillige Selbstverpflichtung aus einer gesellschaftlichen Verantwortung heraus. Die erweiterte Gesundheitsuntersuchung ab einem Alter von 18 Jahren sollte genutzt werden, um insbesondere die Gruppe der 20- bis 49-Jährigen mit ungenügendem Impfschutz zu erreichen.
Auch Sanktionen von öffentlichen Einrichtungen für ungeimpfte Kinder steht die DEGAM “aufgeschlossen” gegenüber. Wie diese aber konkret aussehen, sollte aber genau abgewogen werden. Denn mögliche Sanktionen können sehr Unterschiedliches bedeuten, sagt Dr. Uwe Popert. Es könne sich beispielsweise um
- a) ein Schulverbot bei akuten Masernfällen handeln, wie es bereits das Infektionsschutzgesetz vorsieht, oder
- b) Schulen könnten die Aufnahme ungeimpfter Kinder verweigern.
Gerade die zweite Option könne die Gefährdung aber steigern, mahnt Popert. Gänzlich verbieten könne man den Schulbesuch nicht, das widerspreche der Schulpflicht. Daher würden sich in diesem Fall wahrscheinlich einige wenige Schulen herausbilden, in denen sich alle Ungeimpften sammeln. “Das würde das Infektionsrisiko für die Immungeschwächten erheblich verstärken”, gibt Popert zu bedenken, da dann der Herdenschutz gerade für die besonders Schützenswerten nicht gewährleistet sei (s. Grafik).