Die Bradykinese ist das zentrale Kardinalsymptom des idiopathischen Parkinson-Syndroms. Kommen neben der Verlangsamung der Bewegungsgeschwindigkeit noch Rigor, Ruhetremor und/oder posturale Instabilität hinzu, dann besteht der Verdacht auf eine Parkinson-Erkrankung (Tab. 1).
Doch schon Jahre vor dem Beginn des typischen Zitterns setzen die Schädigungen und das Absterben der Nervenzellen ein. Wenn sich der Tremor zeigt, sind bereits 80 Prozent der dopaminergen Nervenendigungen und bis zu 50 Prozent der Nervenzellen in der Substantia nigra im Gehirn unwiederbringlich untergegangen.
Der Erkrankungsprozess läuft dann bereits mehrere Jahre – zu lange für eine kausal wirkende Therapie, sie könnte zu diesem Zeitpunkt nichts mehr ausrichten und müsste früher, bereits bei Beginn des Krankheitsprozesses eingreifen. Noch kann die Parkinson-Erkrankung nur symptomatisch behandelt werden, indem das im Gehirn fehlende Dopamin durch Medikamente ersetzt wird. Da sich aber neue Therapien in der Entwicklung befinden, wird die Früherkennung künftig an Bedeutung gewinnen.
Unspezifische Frühsymptome
Noch wichtiger als heute kann dann die Interpretation von Frühsymptomen der Parkinson-Erkrankung sein, die schon Jahre vor der Diagnose auftreten. Allerdings sind sie recht unspezifisch und somit nur schwer als Parkinson-Frühsymptome zu erkennen. Charakteristisch sind zum Beispiel Bewegungsauffälligkeiten, aber auch Funktionsstörungen des autonomen Nervensystems und neuropsychiatrische Störungen.
Wie eine retrospektive Analyse der Daten von 8.166 Parkinson-Patienten und 46.755 gesunden Personen zeigt, haben Parkinson-Patienten bereits zehn Jahre vor der Diagnose eine fast achtfach erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Tremor und doppelt so häufig Obstipation wie gesunde Personen. Fünf Jahre vor der Diagnose scheint der Zusammenhang zwischen Frühsymptomen und späterer Erkrankung noch deutlicher zu sein: Parkinson-Patienten hatten in der Studie im Vergleich zu gesunden Menschen 14-mal so oft einen Tremor, 3-mal so häufig niedrigen Blutdruck und mehr als doppelt so oft Balancestörungen, Schwindel und Harnentleerungsstörungen. Auch Depressionen, Fatigue, Angst- und Erektionsstörungen kamen bei Parkinson-Patienten schon vor der Erkrankung häufiger vor.
Ein wichtiger Indikator für eine spätere Parkinson-Entwicklung ist außerdem eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung, bei der die Patienten ihre meist aggressiven Trauminhalte während des Schlafs in starke Bewegungen umsetzen. Sie ist derzeit das spezifischste Frühsymptom der Parkinson-Erkrankung. Die davon betroffenen Patienten erkranken mit bis zu 85-prozentiger Wahrscheinlichkeit in den nächsten 15 bis 20 Jahren an Parkinson.
Hinweise auf eine beginnende Parkinson-Erkrankung kann auch ein einfacher Riechtest geben, denn auch ein Riechverlust ist ein Frühsymptom des M. Parkinson. Man nimmt an, dass die olfaktorischen Störungen den motorischen Symptomen etwa vier bis sechs Jahre vorausgehen. Viele Patienten merken allerdings lange Zeit nichts davon. Dass bei Patienten mit idiopathischem Riechverlust ein beginnendes Parkinson-Syndrom vorliegt, ist umso wahrscheinlicher, wenn gleichzeitig weitere Symptome wie eine REM-Schlaf-Verhaltens-Störung oder eine depressive Symptomatik vorhanden sind.
Auch in der Haut ist die Erkrankung bereits vor dem Beginn der motorischen Symptome feststellbar. In den Nervenzellen der Haut ist der Parkinson-Biomarker Alpha-Synuclein nachweisbar. Das Protein lagert sich bei Parkinson-Patienten im Gehirn ab und eben auch in der Haut. Derzeit wird der Hauttest genutzt, um Parkinsonpatienten in frühen Stadien zu identifizieren und ihnen eine Teilnahme an Therapiestudien anzubieten.
Neue Therapien in der Entwicklung
Ein verlässliches Kriterium, das mit Sicherheit anzeigt, dass ein Patient in den nächsten Jahren Parkinson entwickeln wird, gibt es allerdings nicht. Dennoch setzt die Forschung große Hoffnungen auf die Frühsymptomatik. Denn man geht davon aus, dass neue Thera-pien umso besser wirken, je früher sie eingesetzt werden. Ziel ist es, frühzeitig in das Krankheitsgeschehen einzugreifen, um das Absterben der Nervenzellen zu verhindern und auf diese Weise das Fortschreiten der Erkrankung stoppen zu können.
Grundlage für neue Medikamente sind auch neue Erkenntnisse, die man über die Ursachen der Erkrankung gewonnen hat. “Inzwischen gibt es erstmals ursächliche Therapieansätze”, erklärte Prof. Daniela Berg, Direktorin der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel. “Eine Ursache, die bei Parkinson eine wichtige Rolle spielt, ist der Eisenstoffwechsel. Bei Parkinson-Patienten liegt in der Substantia nigra zu viel freies Eisen vor. Derzeit laufen zwei Studien, in denen man versucht, dieses freie Eisen zu reduzieren.”
Darüber hinaus gibt es weitere neue Therapieansätze, die zum Beispiel am Alpha-Synuclein angreifen. “Es gibt nun erstmals Studien mit Antikörpern, die das fehlgefaltete Alpha-Synuclein, das sich bei Parkinson-Patienten in den Lewy-Körperchen ablagert und in seiner Entstehung für die Nervenzellen giftig ist, abfangen sollen”, erklärte Berg. Auch auf der genetischen Ebene versucht man einzugreifen, z.B. bei genetischen Parkinson-Formen, die mit dem mitochondrialen Stoffwechsel zusammenhängen.