Klimaschutz = Gesundheitsschutz
Der heißeste, je in Europa gemessene Sommer liegt hinter uns und angesichts der Umweltkatastrophen im eigenen Land haben viele Menschen erst jetzt verstanden, dass der Klimawandel nicht nur die Eisbären betrifft, sondern uns alle, erklärte die diesjährige Festrednerin, Katja Trippel.
Die Auswirkungen der Klimaveränderung auf die Gesundheit sind vielfältig und werden immer noch unterschätzt: So kollabierten in Bayern 20 Schüler bei einem Sportfest, das trotz großer Hitze stattfand. Zudem verbreiten sich aktuell zahlreiche bislang unbekannte Krankheiten auch hierzulande. Beispielsweise treten seit 2018 immer wieder durch Mücken übertragene Infektionen mit dem West-Nil-Virus auf.
“Als Ärztinnen und Ärzte sind sie gewohnt, in kritischen Situationen schnell komplexe Entscheidungen zu treffen und so Leben zu retten”, betonte Trippel. Genau diese Vorgehensweise sei auch bei der Klimarettung erforderlich.
Die Erstlinientherapie bestehe in der Reduktion von Treibhausgasen – und da biete der riesige CO2-Ausstoß des Gesundheitssektors einen wirkungsvollen Hebel. Der britische NHS (National Health Service) macht es vor: Das britische Gesundheitssystem möchte bis 2014 klimaneutral werden und hat seinen CO2-Ausstoß zwischen 1990 und 2020 bereits um 60 Prozent verringert.
Wie das in Deutschland gelingen kann? Zum Beispiel, indem man sehr genau auf seine Rezeptierung achtet – denn die meisten Treibhausgas-Emissionen entstehen durch die Verschreibung von Medikamenten (Herstellung, Verpackung, Transport, Entsorgung etc.).
Tipp: In Pulverinhalatoren wird Treibgas- und FCKW-freies Pulver verwendet. Viele weitere kleine Schritte tragen ebenfalls zur Einsparung bei – etwa auf Ökostrom wechseln, oder Videosprechstunden anbieten.
(Katja Trippel, Berlin)
Neue Therapieoption in der Akuttherapie der Migräne
Viel ist derzeit die Rede von den neuen Möglichkeiten der Migräneprophylaxe – doch darüber sollte man die Akuttherapie nicht vergessen: Denn eine unzureichende Akuttherapie ist ein wesentlicher Risikofaktor für die Chronifizierung der Migräne, da die verlängerte Aktivierung der Schmerzbahnen zu einer adaptiven Veränderung führt.
Dadurch sinkt die Schwelle für nachfolgende Attacken und letztlich kann so aus einer episodischen Migräne eine chronische Migräne werden. Umgekehrt kann eine gute Akutmedikation die Migränefrequenz verringern.
Triptane sind die häufigste, von Ärzten verschriebene Akutmedikation, doch viele Betroffene versorgen sich auch mit frei-verkäuflichen Arzneien. Die Adhärenz zu Triptanen ist gering: Nur 3,2 bis 12,6 Prozent bleiben für zwei Jahre dabei und erstaunliche 38 Prozent bis 65,8 Prozent lösen das Erstrezept nie ein.
Ein Viertel der Patienten bricht die Triptan-Behandlung ab, meist aufgrund unzureichender Wirksamkeit oder Nebenwirkungen. Für diese Patienten gibt es nun eine neue Option: Das kürzlich von der EU-Kommission zugelassene Lasmiditan, ein 5-HT1F-Rezeptor-Agonist aus der Gruppe der Ditane.
Der Wirkstoff ist bei Erwachsenen zur Akutbehandlung von Migräneattacken mit oder ohne Aura indiziert. Vorteil: Im Gegensatz zu Triptanen hat Lasmiditan keine vasokonstriktorische Wirkung. Zu bedenken ist, dass die Patienten acht Stunden nach der Einnahme kein Fahrzeug führen dürfen.
(Dagny Holle-Lee, Essen)
Rückenschmerzen digital versorgen
Bei unspezifischen Rückenschmerzen empfehlen die Leitlinien eine konservative, multimodale Schmerztherapie, bestehend u.a. aus Physiotherapie, Entspannung und Edukation. Dass sich diese Ansätze auch auf digitalem Weg gut vermitteln lassen, zeigte die Rise-uP-Studie.
Als Kernintervention diente die Kaia-App, zusätzlich wurde ein Therapienavigator (gemeinsame elektronische Fallakte für beteiligte Ärzte verschiedener Fachrichtungen) sowie ein telemedizinisches Element für die Kommunikation (Telekonsile) zwischen Hausarzt und Schmerzmediziner etabliert.
Die Schmerzpatienten erhielten für drei Monate Zugriff auf die Kaia-App, die z.B. monitorierte physiotherapeutische Übungen, Entspannungsübungen sowie edukative Elemente umfasst und den Teilnehmenden anhand einer Bewegungsverfolgung (Camera Tracking) auch Rückmeldungen gibt.
Bei der Schmerzentwicklung zeigte sich bereits nach drei Monaten eine deutliche Überlegenheit der Rise-uP-Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe, die über 12 Monate stabil blieb. Auch bei der Funktionalität, dem Wohlbefinden und psychopathologischen Parametern wie Angst oder Depression schnitt die Rise-uP-Gruppe deutlich besser ab. Zudem waren die Teilnehmer der Interventionsgruppe zufriedener. Vom G-BA wurde das Projekt für die Regelversorgung vorgeschlagen.
(Dr. Janosch Priebe, München)
Neue Verordnungsvorschrift für Erenumab
Die Regelung für die Verordnung des CGRP-Rezeptorblocker Erenumab zur Migräne-Prophylaxe wurde verändert: Die bundesweite Praxisbesonderheit gilt nun bei Erwachsenen mit mindestens vier Migränetagen pro Monat bereits ab einer Vortherapie (Migräneprophylaxe), die erfolglos war oder nicht vertragen wurde – und auch für Migränepatienten mit mindestens vier monatlichen Migränetagen, die für keine der gängigen Prophylaktika geeignet sind.
(Dr. Robert Fleischmann, Greifswald)
Posttraumatischen Kopfschmerz frühzeitig behandeln
Nach einem Schädel-Hirn-Trauma bleiben die Kopfschmerzen bei bis zu einem Drittel der Betroffenen bestehen.
Vor allem bei Patienten mit Risikofaktoren für eine Chronifizierung des Schmerzes (Neigung zu Kopfschmerzen, jüngeres Lebensalter, weiblich, Kopfschmerz vom Migräne-Typ) sollte man frühzeitig medikamentös gegensteuern und eine moderate körperliche und geistige Aktivierung anstoßen, um das Einüben von Schonverhalten bzw. eine Schmerzchronifizierung zu vermeiden.
(PD Dr. Torsten Kraya, Leipzig)