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Hausarzt MedizinNeue Therapie bei Herzinsuffizienz

Seit Anfang dieses Jahres steht für die Therapie der chronischen Herzinsuffizienz eine neue Substanz zur Verfügung. Was bedeutet dies für die Therapie? Wie lauten die aktuellen Empfehlungen?

Die chronische Herzinsuffizienz ist nicht als einzelnes Krankheitsbild eines in seiner Pumpleistung eingeschränkten Herzens, sondern als ein komplexes Syndrom zu verstehen, bei dem zahlreiche Organsysteme betroffen sind, die sich gegenseitig beeinflussen.

Grundsätzlich muss man zwischen Patienten unterscheiden, deren linksventrikuläre Ejektionsfunktion signifikant eingeschränkt ist (EF ≤ 40 Prozent) und denen, deren Ejektionsfraktion paradoxerweise noch erhalten ist (über 50 Prozent). Bei Letzteren geht man davon aus, dass besonders die diastolische Funktion eingeschränkt ist. Im Folgenden wird nur auf die etablierten medikamentösen Therapieformen für Patienten mit eingeschränkter (systolischer) Herzinsuffizienz eingegangen.

Status Quo

Während die Digitalis-Therapie heute meist aufgrund fehlender eindeutiger Daten und des ungünstigen pharmakodynamischen Profils als eher nicht mehr zeitgemäß eingestuft wird, ist die Diuretika-Therapie nach wie vor die Basistherapie bei Herzinsuffizienz. Langwirksame Diuretika wie Chlorthalidon, Torasemid oder Indapamid haben hier Vorteile, sodass kurzwirksame Diuretika wie Furosemid eher der Therapie bei akuter Dekompensation vorbehalten sind.

Es ist bekannt, dass Hemmer des Angiotensin-Konvertierungs-Enzyms (ACE), Betablocker, Aldosteronantagonisten und auch AT1-Rezeptor-Blocker nicht nur die Symptomatik, sondern auch die Prognose der Patienten verbessern. Das Besondere dieser Substanzklassen ist, dass sie nicht nur durch ein Absenken der Vor- und Nachlast die Hämodynamik verbessern, sondern dass sie den Herzmuskel direkt schädigende Hormonsysteme des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems inhibieren.

Kombi-Therapie empfohlen

Spezifisch empfehlen die aktuellen europäischen Leitlinien bei allen Patienten mit einer reduzierten linksventrikulären Ejektionsfraktion zur Verbesserung der Prognose nach wie vor die Einleitung einer kombinierten Therapie aus Diuretika, ACE-Hemmern bzw. AT1-Rezeptor-Blockern und Betablockern. Im Gegensatz zu den deutschen Leitlinien sind nach den europäischen Leitlinien AT1-Rezeptor-Blocker nur bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit (z. B. Reizhusten) indiziert.

Ab einer Ejektionsfraktion von unter 35 Prozent muss das medikamentöse Regime um einen niedrig dosierten Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten erweitert werden, auch wenn der Patient von seinem Beschwerdebild (NYHA II) stabil erscheint. Hier ist zu beachten, dass diese bei höhergradig eingeschränkter Nierenfunktion kontraindiziert sind und die Gefahr einer Hyperkaliämie berücksichtigt werden muss.

Herzfrequenz kontrollieren

Seit 2012 gilt, dass die Sinusherzfrequenz, die ursprünglich lediglich als Prognosefaktor betrachtet wurde, ein therapeutisches Ziel ist, das im Alltag einfach zu kontrollieren ist. Studien belegen, dass Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz eine signifikant bessere Prognose haben, wenn die Sinusherzfrequenz 60/Minute beträgt. Dieses Ziel soll zunächst durch eine Betablocker-Therapie angestrebt werden. Gelingt dies nicht, wird nach den Leitlinien eine Kombination aus Betablockern und dem If-Kanal-Blocker Ivabradin empfohlen.

Daten belegen, dass das Erreichen dieser neuen Zielfrequenzvorgabe rasch erfolgen sollte, da ein Nichterreichen schon innerhalb der ersten 30 Tage nach der Krankenhausentlassung das Rehospitalisierungsrisiko steigen lässt. Im Umkehrschluss kann das bedeuten, dass eine Betablocker-Ivabradin-Kombinationstherapie schon deshalb oft anzuwenden ist, da das Auftitrieren eines Betablockers bei schwer herzkranken Patienten oft Monate dauert.

ICD und CRT

Studien konnten zeigen, dass schwer herzkranke Patienten (EF bis 35 Prozent) von einer primär prophylaktischen Implantation eines Defibrillators (ICD) oder bei Vorhandensein eines Linksschenkelblocks oder sehr breitem QRS-Komplex (über 150 ms) von der Implantation eines Resynchronisationssystems (CRT-D) profitieren. Trotz dieser mittlerweile breiten Palette an Therapieoptionen beträgt das 5-Jahres-Überleben für Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz nur etwa 50 Prozent nach der Erstmanifestation. Jede erneute kardiale Dekompensation geht mit einem weiteren zunehmenden und dauerhaften Schaden für die Myokard-, Nieren- und Leberfunktion einher. Es ist also nach wie vor wichtig, die Therapiestrategien zu diesem Krankheitsbild zu optimieren und nach weiteren Lösungen zu suchen.

Novum in der Therapie

Seit Januar 2016 steht eine neue Substanzklasse, ein Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI), zur Behandlung der Herzinsuffizienz zur Verfügung. ARNI vereinen zwei Wirkmechanismen in einem Molekül, nämlich die AT1-Rezeptor-Blockade und die Inhibition von Neprilysin. Neprilysin ist ein Enzym in der Gefäßmembran, das neben anderen vor allem natriuretische Peptide (BNP, ANP und CNP) abbaut. Natriuretische Peptide haben vasodilatatorische, natriuretische und somit die Diurese fördernde, aber auch direkte antifibrotische Effekte.

Neprilysin ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass diese kardioprotektiven Peptide, die vom Herzmuskel unter pathophysiologischen Bedingungen sezerniert werden, eine Halbwertszeit von nur etwa 20 Minuten haben und somit sehr schnell wieder abgebaut werden. Eine Inhibition von Neprilysin führt somit zu einer wünschenswerten Verstärkung von natriuretischen und zahlreichen anderen Peptiden. Zu Letzteren gehört allerdings auch das Angiotensin II, sodass es verständlich ist, dass eine isolierte Inhibition von Neprilysin nicht sinnvoll sein kann und eine zusätzliche AT1-Rezeptor-Blockade notwendig ist.

Der erste zugelassene ARNI heißt LCZ696 (Entresto®) und setzt sich zusammen aus dem Prodrug Sacubitril und dem AT1-Rezeptor-Antagonisten Valsartan in jeweils äquivalenter molarer Dosis. In der PARADIGM-HF-Studie, die LCZ696 mit dem ACE-Hemmer Enalapril verglich, konnte eine deutliche Überlegenheit von LCZ696 bei herzinsuffizienten Patienten mit einer Ejektionsfraktion bis 40 Prozent (NYHA II bis IV) nachgewiesen werden. Alle Studienendpunkte inklusive der kardiovaskulären Sterblichkeit, der Gesamtmortalität und dem Risiko erneuter Hospitalisierungen wegen Verschlechterung der Herzinsuffizienz konnten hochsignifikant im Schnitt um 20 bis 23 Prozent (relatives Risiko) gesenkt werden.

Das Nebenwirkungsprofil war unter beiden Therapien ähnlich: Während Patienten unter LCZ696 häufiger zu Hypotonie neigten, zeigten Patienten unter Enalapril öfter Hyperkaliämien, Nierenfunktionsstörungen und Husten. Da Neprilysin allerdings neben vielen anderen Enzymen inklusive dem Angiotensin-Konvertierungs-Enzym (ACE) auch am Betaamyloid-Abbau im Gehirn beteiligt ist, bleibt die theoretische Überlegung, ob eine Neprilysin-Inhibition zu einer vermehrten Inzidenz von M. Alzheimer führen könnte. Solche Beobachtungen konnten in der PARADIGM-HF Studie nicht belegt werden, jedoch verpflichtete die amerikanische Medikamentenzulassungsstelle FDA aus diesem Grund die Herstellerfirma zu einer weiteren Langzeitbeobachtung.

Wann ARNI verordnen

In den europäischen Leitlinien wurde im April diesen Jahres erstmals eine Empfehlung zur Verschreibung von LCZ696 veröffentlicht. Demnach empfehlen die Experten bei herzinsuffizienten Patienten, die trotz der o.g. Therapie immer noch symptomatisch sind und eine Ejektionsfraktion von ≤ 30 Prozent haben, den ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorantagonisten abzusetzen und ihn durch LCZ696 zu ersetzen. Mit dieser Empfehlung wird das Studienprotokoll der PARADIGM-HF-Studie nicht genau wiedergespiegelt, da hier in 70 Prozent der Fälle die Patienten relativ stabil gewesen sind (NYHA II). Die Einteilung der Patienten nach der NYHA-Klassifikation gilt allerdings zurecht als ein sehr "weiches" Diagnosekriterium. Dennoch: Patienten, die sich kardial symptomatisch verschlechtern und durch steigende BNP-Werte und/oder sich verschlechternde echokardiographische Parameter auffallen, sollten von einer Therapie mit einem ACE-Hemmer/AT1-Rezeptor-Blocker nach den Daten der PARADIGM-HF-Studie auf LCZ696 umgestellt werden (Dosierung siehe Abb. 1).

Die Frage, ob die Neueinstellung eines stabilen Patienten mit LCZ696 begonnen werden sollte, bietet noch viel Raum für Diskussion. Dazu sind Studien aufgelegt worden.

Fazit

  • Therapiebeginn meist mit ACE-Hemmern oder AT1-Rezeptor-Antagonisten und Betablockern → Aufdosierung in Abhängigkeit von Nebenwirkungen → Klinische Symptome zusätzlich diuretisch behandeln.

  • Herzfrequenzziel von 60/Minute im Sinusrhythmus: Kann dies nicht mit Betablockern erreicht werden, sollte der If-Kanal-Blocker Ivabradin in Kombination bei einer Auswurffraktion bis 40 Prozent gegeben werden (max. 2 × täglich 7,5 mg).

  • Niedrig dosierte Aldosteronantagonisten (z. B. Spironolakton, Eplerenon, jeweils maximal 50 mg/Tag) bereits ab NYHA II und einer Auswurffraktion unter 35 Prozent empfohlen. Cave: Eingeschränkte Nierenfunktion und Kaliumretention.

  • ARNI bei einer Auswurffraktion bis ≤ 30 Prozent und/oder weiterer Verschlechterung trotz optimaler Therapie empfohlen. Cave: Nicht mit ACE-Hemmern/AT1-Rezeptor-Antagonisten kombinieren und Umstellungsschema einhalten.

  • Defibrillatoren: Sekundärprophylaxe oder Primärprophylaxe bei EF bis 35 Prozent.

  • Resynchronisationssystem: bei Vorhandensein eines Linksschenkelblocks oder sehr breitem QRS-Komplex (über 150 ms) und Auswurffraktion bis 35 Prozent.

Literatur bei den Verfassern.

Mögliche Interessenkonflikte: Prof. Tschöpe erklärt, Honorarverträge von unterschiedlichen Firmen inklusive Novartis in der Vergangenheit erhalten zu haben.

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