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Klinische Studien: Hier sollten Sie hellhörig werden!

Klinische Studien sollen valide Aussagen darüber liefern, ob ein neues Medikament wirksamer oder besser verträglich ist als die Standardtherapie. Aber die Vielfalt an Fragen und Studiendesigns sowie die verschiedenen Endpunkte erschweren es, die Ergebnisse einzuschätzen. Ein Überblick, worauf zu achten ist.

Studienergebnisse sollten möglichst verlässlich bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln sein.

Studien verschlingen viele Ressourcen: Sie kosten Zeit und Geld, binden Personal und es muss eine ausreichend große Patientenzahl teilnehmen. Gleichzeitig sollen die Studienergebnisse möglichst verlässlich bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit sein – die Anforderungsliste für eine gute klinische Studie ist lang.

Unverzichtbar ist eine gründliche Studienplanung inklusive einer umfassenden statistischen Betrachtung – nur dann ist es möglich, die gewonnenen Erkenntnisse vom untersuchten Kollektiv der Studie, der Stichprobe, auf die viel größere Gruppe realer Patientinnen und Patienten mit entsprechender Indikation, die Grundgesamtheit, zu übertragen. Daher ein Exkurs ins statistische Studien-Einmaleins (siehe Tabelle unten).

Von Hypothesentest bis Fallzahl

Am Anfang einer Studie steht meist eine Hypothese wie diese: “Das neue Medikament ist dem Standardmedikament in der Wirksamkeit überlegen.” Um diese Hypothese statistisch zu prüfen, findet ein Hypothesentest statt. Dazu wird ein Hypothesenpaar aufgestellt, bestehend aus Nullhypothese und Alternativhypothese, und die erhobenen Daten werden nach der aktiven Studienphase einem statistischen Test unterzogen.

Hierbei zeigt sich, ob ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Behandlungen besteht. Ist der errechnete p-Wert kleiner als das vor Studienbeginn festgelegte Signifikanzniveau (i. d. R. 5 Prozent ≙0,05), wird die Nullhypothese verworfen und die Alternativhypothese angenommen: Der Test ergibt einen signifikanten Unterschied.

Allerdings sind statistische Tests mit einer Restunsicherheit verbunden. So kann die Annahme der Alternativhypothese auch fälschlicherweise erfolgt sein und ein Fehler 1. Art vorliegen (siehe Tabelle unten).

Diese Irrtumswahrscheinlichkeit wird mit dem Signifikanzniveau auf ≤ 5 Prozent begrenzt. Ebenso ist auch ein Fehler 2. Art möglich – in diesem Fall wird die Alternativhypothese fälschlicherweise abgelehnt, obwohl in Wahrheit ein Unterschied zwischen den Behandlungen existiert.

Auch die Irrtumswahrscheinlichkeit für den Fehler 2. Art wird statistisch – mithilfe der Power – auf i. d. R. 20 Prozent begrenzt. Daneben sollte auch die Anzahl der durchgeführten Tests bedacht werden, denn mit jedem statistischen Test steigt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Ergebnis rein zufällig signifikant wird – das multiple Testproblem.

Aus diesem Grund sollte die Anzahl der statistischen Tests möglichst gering gehalten und Korrekturmethoden berücksichtigt werden. Eine weitere wichtige statistische Größe ist die Fallzahl: der Umfang der untersuchten Stichprobe bzw. des Patientenkollektivs. Die Fallzahl muss vor Studienbeginn sorgsam berechnet werden, um statistisch valide Aussagen treffen zu können.

Qualitätskriterien klinischer Studien

Neben den elementaren statistischen Überlegungen existiert eine ganze Reihe von Qualitätsstandards für randomisierte kontrollierte Studien (RCT), die im CONSORT-Statement (Consolidated Standards of Reporting Trials) zusammengefasst sind.

Damit die Ergebnisse von Studien möglichst valide sind, müssen besonders Störfaktoren und systematische Verzerrungseffekte (Bias) bereits bei der Studienplanung vermieden werden (siehe Tabelle links). Nur dann können Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe abseits der Behandlung weitestgehend ausgeschlossen werden.

Wichtige Verfahren gegen Bias

Die beiden wichtigsten Verfahren zur Vermeidung von Bias sind die Randomisierung und die Verblindung. Durch die Randomisierung werden die Teilnehmenden mittels Zufallsverfahren auf Kontroll- und Interventionsgruppe zugeteilt, wodurch Unterschiede zwischen den Gruppen durch Strukturungleichheit minimiert werden (selection bias).

Bei verblindeten Studien sind entweder nur die Teilnehmenden (einfachblind) oder Teilnehmende und Ärztinnen und Ärzte (doppelblind) verblindet, das heißt, sie kennen die Zuteilung der Teilnehmenden auf die Behandlungsgruppen nicht. Dadurch können Störeffekte sowohl bei der Durchführung (performance bias) als auch bei der Auswertung (detection bias) minimiert werden.

Die Verblindung ist insbesondere dann wichtig, wenn die Endpunkte subjektiv erhoben werden, etwa Schmerzempfinden der Betroffenen. Sie ist jedoch nicht immer möglich, da auffällige Nebenwirkungen oder Eigenschaften des Medikaments (z. B. Geruch) nicht unbemerkt bleiben.

Studienabbrecher sind ein weiterer Störfaktor, da sie das Ergebnis beeinflussen können (attrition bias). Daher sollte der Umgang mit Abbrüchen bereits während der Studienplanung geregelt werden. Unterschieden werden zwei Analysemethoden:

  • Per-Protocol(PP)-Analyse: Nur Studienteilnehmende, die bis zum Ende dabei waren, fließen in die Auswertung ein.
  • Intention-to-treat(ITT)-Analyse: Alle Studienteilnehmenden, unabhängig davon, ob und wie lange sie behandelt wurden, fließen gemäß der Randomisierung in die Auswertung ein.

PP-Analysen überschätzen den Behandlungseffekt tendenziell, wohingegen ITT-Analysen ihn eher unterschätzen – sie haben daher eine höhere Verlässlichkeit und vermeiden Verzerrungseffekte durch Studienabbrüche. Merke: Als Faustformel gilt, dass die Ergebnisse bei mehr als 20 Prozent Studienabbrechern als nicht mehr valide anzusehen sind.

Transparenz der Studie

Ein besonderes Augenmerk bei der Bewertung von Studien sollte auf ihrer Transparenz liegen, also der Offenlegung aller relevanten Informationen zur Studienplanung, -durchführung und -auswertung.

Wird die Studienplanung im Methodenteil solide beschrieben? Werden Informationen zu Ein- und Ausschlusskriterien von Teilnehmenden aufgeführt, ist die Fallzahlplanung offengelegt und sind die Endpunkte klar definiert? Welches Randomisierungsverfahren wurde verwendet und ist die Randomisierungsliste einsehbar? Solche und ähnliche Fragen sollten beim kritischen Lesen berücksichtigt werden.

Mögliche Fallstricke

Nach Ablauf einer Studie werden die Daten ausgewertet und publiziert – auch hierbei kann es zu Verzerrungen kommen, beispielsweise durch Überinterpretation der Daten. Daher sollten die Studienergebnisse in der Diskussion kritisch eingeordnet und mögliche Limitationen der Studie benannt sowie Nutzen und Risiken abgewogen werden.

Liegt der Fokus der Diskussion statt auf dem Vergleich der gesamten Interventions- und Kontrollgruppe auf einer Subgruppenanalyse, kann das die Interpretation beeinflussen. Solche und ähnliche Fallstricke, bei denen Sie hellhörig werden sollten, sind in Tabelle 4 (siehe unten) zusammengefasst.

Fazit

Eine sorgfältige Studienplanung und -beschreibung sind das A und O für eine solide klinische Studie. Mit Maßnahmen wie der Randomisierung oder der Verblindung lassen sich Störfaktoren, Verzerrungs- und Zufallseffekte mindern, sodass am Ende idealerweise nur die unterschiedlichen Behandlungen die Ergebnisse beeinflussen.

Achten Sie auf mögliche Fallstricke wie Subgruppenanalysen oder Zwischenauswertungen (siehe Tabelle 4 oben) und prüfen Sie, ob mögliche Verzerrungseffekte (multiples Testproblem) durch entsprechende Maßnahmen kontrolliert werden.

Quellen

Hinneburg, I. (2015). Klinische Studien kritisch lesen. Therapiestudien, Übersichtsarbeiten, Leitlinien (1. Aufl.). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH

Benesch, M., Steiner, E. (2018). Klinische Studien lesen und verstehen (2. Aufl.). facultas Universitätsverlag

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