© Der Hausarzt Verzerrung durch Bias und mögliche Maßnahmen
Neben den elementaren statistischen Überlegungen existiert eine ganze Reihe von Qualitätsstandards für randomisierte kontrollierte Studien (RCT), die im CONSORT-Statement (Consolidated Standards of Reporting Trials) zusammengefasst sind.
Damit die Ergebnisse von Studien möglichst valide sind, müssen besonders Störfaktoren und systematische Verzerrungseffekte (Bias) bereits bei der Studienplanung vermieden werden (siehe Tabelle links). Nur dann können Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe abseits der Behandlung weitestgehend ausgeschlossen werden.
Wichtige Verfahren gegen Bias
Die beiden wichtigsten Verfahren zur Vermeidung von Bias sind die Randomisierung und die Verblindung. Durch die Randomisierung werden die Teilnehmenden mittels Zufallsverfahren auf Kontroll- und Interventionsgruppe zugeteilt, wodurch Unterschiede zwischen den Gruppen durch Strukturungleichheit minimiert werden (selection bias).
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Bei verblindeten Studien sind entweder nur die Teilnehmenden (einfachblind) oder Teilnehmende und Ärztinnen und Ärzte (doppelblind) verblindet, das heißt, sie kennen die Zuteilung der Teilnehmenden auf die Behandlungsgruppen nicht. Dadurch können Störeffekte sowohl bei der Durchführung (performance bias) als auch bei der Auswertung (detection bias) minimiert werden.
Die Verblindung ist insbesondere dann wichtig, wenn die Endpunkte subjektiv erhoben werden, etwa Schmerzempfinden der Betroffenen. Sie ist jedoch nicht immer möglich, da auffällige Nebenwirkungen oder Eigenschaften des Medikaments (z. B. Geruch) nicht unbemerkt bleiben.
Studienabbrecher sind ein weiterer Störfaktor, da sie das Ergebnis beeinflussen können (attrition bias). Daher sollte der Umgang mit Abbrüchen bereits während der Studienplanung geregelt werden. Unterschieden werden zwei Analysemethoden:
Per-Protocol(PP)-Analyse: Nur Studienteilnehmende, die bis zum Ende dabei waren, fließen in die Auswertung ein.
Intention-to-treat(ITT)-Analyse: Alle Studienteilnehmenden, unabhängig davon, ob und wie lange sie behandelt wurden, fließen gemäß der Randomisierung in die Auswertung ein.
PP-Analysen überschätzen den Behandlungseffekt tendenziell, wohingegen ITT-Analysen ihn eher unterschätzen – sie haben daher eine höhere Verlässlichkeit und vermeiden Verzerrungseffekte durch Studienabbrüche. Merke: Als Faustformel gilt, dass die Ergebnisse bei mehr als 20 Prozent Studienabbrechern als nicht mehr valide anzusehen sind.
Transparenz der Studie
Ein besonderes Augenmerk bei der Bewertung von Studien sollte auf ihrer Transparenz liegen, also der Offenlegung aller relevanten Informationen zur Studienplanung, -durchführung und -auswertung.
Wird die Studienplanung im Methodenteil solide beschrieben? Werden Informationen zu Ein- und Ausschlusskriterien von Teilnehmenden aufgeführt, ist die Fallzahlplanung offengelegt und sind die Endpunkte klar definiert? Welches Randomisierungsverfahren wurde verwendet und ist die Randomisierungsliste einsehbar? Solche und ähnliche Fragen sollten beim kritischen Lesen berücksichtigt werden.
Mögliche Fallstricke
Nach Ablauf einer Studie werden die Daten ausgewertet und publiziert – auch hierbei kann es zu Verzerrungen kommen, beispielsweise durch Überinterpretation der Daten. Daher sollten die Studienergebnisse in der Diskussion kritisch eingeordnet und mögliche Limitationen der Studie benannt sowie Nutzen und Risiken abgewogen werden.
Liegt der Fokus der Diskussion statt auf dem Vergleich der gesamten Interventions- und Kontrollgruppe auf einer Subgruppenanalyse, kann das die Interpretation beeinflussen. Solche und ähnliche Fallstricke, bei denen Sie hellhörig werden sollten, sind in Tabelle 4 (siehe unten) zusammengefasst.
© Der Hausarzt Fallstricke in klinischen Studien
Fazit
Eine sorgfältige Studienplanung und -beschreibung sind das A und O für eine solide klinische Studie. Mit Maßnahmen wie der Randomisierung oder der Verblindung lassen sich Störfaktoren, Verzerrungs- und Zufallseffekte mindern, sodass am Ende idealerweise nur die unterschiedlichen Behandlungen die Ergebnisse beeinflussen.
Achten Sie auf mögliche Fallstricke wie Subgruppenanalysen oder Zwischenauswertungen (siehe Tabelle 4 oben) und prüfen Sie, ob mögliche Verzerrungseffekte (multiples Testproblem) durch entsprechende Maßnahmen kontrolliert werden.
Quellen
Hinneburg, I. (2015). Klinische Studien kritisch lesen. Therapiestudien, Übersichtsarbeiten, Leitlinien (1. Aufl.). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH
Benesch, M., Steiner, E. (2018). Klinische Studien lesen und verstehen (2. Aufl.). facultas Universitätsverlag