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Nationale Versorgungsleitlinie HypertonieNVL Hypertonie: 6 wichtige Punkte im Überblick

Die erste Version der neuen Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Hypertonie ist veröffentlicht worden. Als idealen Blutdruck-Zielwert empfiehlt die NVL bei Menschen mit Hypertonie <140/90 mmHg – es gibt aber auch Spielraum für individuellere Therapieziele.

25 Prozent der Deutschen über 18 Jahre litten einer Berechnung des Zi aus 2018 zufolge an Hypertonie.

Nach drei Jahren Bearbeitungszeit ist sie da: Die erste Version der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Hypertonie, die Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie von Menschen mit arterieller Hypertonie oder mit Verdacht darauf zusammenfasst. Sechs Kernaussagen sind dabei besonders wichtig:

1. Diagnostik absichern

Ein auffälliger Blutdruckwert (≥140/90 mmHg) in der Praxis soll durch wiederholte Messung abgesichert werden. Zur Bestätigung der Diagnose wird bevorzugt die 24h-Langzeitblutdruckmessung empfohlen. Hier gelten folgende Cut-off-Werte:

  • Cut-off-Wert des Tagesmittelwerts: ≥ 135/85 mmHg,
  • Cut-off-Wert des 24h-Werts: ≥ 130/80 mmHg,
  • Cut-off-Wert des nächtlichen Mittelwerts: ≥ 120/70 mmHg.

Bestätigt sich die arterielle Hypertonie, empfiehlt die Leitliniengruppe eine hypertoniespezifische Anamnese, eine körperliche Untersuchung und Labordiagnostik (Natrium, Kalium, eGFR, Lipidstatus, Nüchternplasmaglukose plus gegebenenfalls HbA1c sowie Urinstatus mittels Urinstreifentest), um die Therapie angemessen planen zu können.

Zum Ausschluss bzw. zum Erkennen von (kardiovaskulären) Folgeerkrankungen rät die Leitliniengruppe zudem zu einer Basisdiagnostik von Endorganschäden (u.a. ein Ruhe-EKG mit zwölf Ableitungen) sowie bei fortbestehendem Verdacht zu einer erweiterten Diagnostik.

2. Individuelle Blutdruckziele vereinbaren

Bei Menschen mit Hypertonie können individuelle Therapieziele für den Blutdruck vereinbart werden. Als ideal empfiehlt die Leitliniengruppe einen Blutdruck-Zielwert von < 140/90 mmHg.

Abhängig vom körperlichen Zustand, Begleiterkrankungen, kardiovaskulären Risikofaktoren, Belastungen durch die Therapie oder Polypharmazie können allerdings auch etwas höhere oder niedrigere Werte angemessen sein (siehe Abbildung unten).

3. Enges Monitoring bei Therapieeinstellung oder -anpassung

Vier bis sechs Wochen nach einer Therapieeinstellung oder -anpassung soll der Therapieerfolg kontrolliert werden.

Liegen keine relevanten Begleiterkrankungen vor, werden anschließend jährliche Kontrollen empfohlen. Bei relevanten Komorbiditäten (z.B. Herzinsuffizienz, chronische Nierenkrankheit) wird eine vierteljährliche Kontrolle empfohlen.

4. Wahl der Medikamente abhängig von Komorbidität

Die Leitliniengruppe betont, dass die in der NVL empfohlenen Therapieoptionen nicht immer für alle Patientengruppen, Indikationen oder Dosierungen zugelassen sind. Empfehlungen oder Angaben, die einen möglichen Off-Label-Use beinhalten, sind in der NVL nicht gesondert gekennzeichnet. Für den jeweils aktuellen Zulassungsstatus verweist die Leitliniengruppe auf die jeweilige Fachinfo.

Zudem bestehe in solchen Fällen eine besondere Aufklärungspflicht über mögliche Konsequenzen (z. B. keine Herstellerhaftung). „Ein ‚Off-Label-Use‘ ist nur bei schwerwiegenden Erkrankungen zulässig, wenn es keine Behandlungsalternative gibt. Nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse muss die begründete Aussicht bestehen, dass die Behandlung zu einem Erfolg führt.“

Mittel der ersten Wahl sind ACE-Hemmer, Sartane, Kalziumkanalblocker, Thiazide oder thiazidartige Diuretika. Andere Wirkstoffe wie Betablocker können zum Einsatz kommen, wenn sie wegen Komorbidität ohnehin indiziert sind, zum Beispiel bei Herzinsuffizienz. Wer mehrere Wirkstoffe einnimmt, sollte diese bevorzugt als Fixkombination erhalten.

Eine genaue Einschätzung der Wirkstoffklassen der ersten Wahl finden sich in folgender Tabelle:

Aus diesen Überlegungen leitet das Leitlinienteam (unter Berücksichtigung individueller Therapieziele und der nichtmedikamentösen Therapie) folgenden Algorithmus für die medikamentöse Therapie ab:

5. Hypertensive Krise in der Praxis begleiten

Personen mit einer hypertensiven Entgleisung (Blutdruck > 180/110 mmHg ohne akute Begleitsymptome) sollten in der Praxis zunächst nach 30 Minuten in Ruhe eine Kontrollmessung erhalten. Bei Persistenz sollte der Blutdruck moderat mit Medikamenten gesenkt werden, wobei kurzwirksame/sublinguale Wirkstoffe vermieden werden sollten (Anpassung der oralen Medikation gemäß dem obigen Algorithmus zur medikamentösen Therapie).

Bei einem hypertensiven Notfall, d. h. akuter starker Blutdruckanstieg, oft mit RR > 180/110 mmHg und akuten Begleitsymptomen (z. B. Ruhedyspnoe, V. a. Schlaganfall, akutes Koronarsyndrom, Aortendissektion, Lungenödem, rasch progrediente oder neu aufgetretene Nierenkrankheit, akute schwere Blutung o. ä.) soll eine umgehende Krankenhauseinweisung erfolgen.

6. Zentrale Säule der Behandlung ist die nicht-medikamentöse Therapie, dazu gehören

  • Salzreduktion: Weniger als 6 g Kochsalz pro Tag tragen sicher zur Blutdrucksenkung bei und können möglicherweise kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren.
  • Körperliche Aktivität: Bei Hypertonie soll eine regelmäßige körperliche Aktivität in moderater Intensität empfohlen werden. Diese trägt zur Blutdrucksenkung bei und kann möglicherweise weiteren Erkrankungen vorbeugen, die eine Hypertonie begleiten. Eine Belastungsuntersuchung kann helfen, Intensität und Art der Aktivität individuell festzulegen.
  • Gewichtsreduktion: Adipösen und übergewichtigen Menschen mit Hypertonie sollte empfohlen werden, abzunehmen. Dadurch lässt sich der Blutdruck senken.
  • Tabakverzicht: Wer das Rauchen aufgibt, reduziert das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erheblich. Auf den Blutdruck selbst wirkt sich der Tabakverzicht nicht aus, verbessert aber die Prognose.
  • Unterstützung: Wem es nicht gelingt, empfohlene Lebensstilmodifikationen selbstständig oder mit ärztlicher Hilfe umzusetzen, sollten strukturierte Therapieprogramme empfohlen und bei Bedarf vermittelt werden.

Auch Entspannungsverfahren, Schulungen oder ein höchstens risikoarmer Alkoholkonsum werden empfohlen, allerdings ist die Evidenz hier weniger belastbar.

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