Kryptogener Schlaganfall
Von einem kryptogenen Schlaganfall spricht man, wenn bei Nachweis einer Ischämie mittels CT oder MRT eine kardiale Emboliequelle ausgeschlossen ist, keine Mikro- bzw. Makroangiopathie der hirnversorgenden Gefäße vorliegen und andere Schlaganfallursachen wie Vaskulitis, Dissektion und Drogenmissbrauch ausgeschlossen sind.
Bei solchen Patienten findet sich in bis zu 45 Prozent der Fälle ein offenes Foramen ovale (PFO), so dass Thromben aus der venösen Zirkulation zu einer paradoxen Embolie in Gehirn, Niere, Milz und Koronararterien führen können.
Für die Sekundärprophylaxe nach einem kryptogenen Insult mit PFO stehen Thrombozytenaggregationshemmer, Antikoagulanzien und der Katheter-basierte PFO-Verschluss mit einem Okkluder zur Verfügung. Bei Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzien besteht jedoch ein relevantes Blutungsrisiko und die Rezidivrate liegt bei vier bis acht Prozent.
Beim Okkluder müssen nur die prozedurabhängigen Komplikationen wie Vorhofflimmern bedacht werden, die jedoch mit vier Prozent selten sind.
Bis 2017 war die Studienlage für den PFO-Verschluss mager. Erst neue Studien konnten eindeutig die Überlegenheit des Okkluders im Vergleich zu einer medikamentösen antithrombotischen Therapie zweifelsfrei zeigen. Diese Daten haben Eingang in die aktualisierte S2e-Leitlinie gefunden.
Danach sollte bei Patienten zwischen 16 und 60 Jahren mit einem nach neurologischer und kardiologischer Abklärung kryptogenen ischämischen Schlaganfall und offenem Foramen ovale mit moderatem oder ausgeprägtem Rechts-Links-Shunt ein interventionelle PFO-Verschluss durchgeführt werden (Empfehlungsgrad A, Evidenzebene I).
Ausgenommen sind Patienten, die wegen einer anderen Erkrankung wie Vorhofflimmern oder Lungenembolie anti-koaguliert werden müssen. Für Patienten, die einen PFO-Verschluss ablehnen, sollte eine Sekundärprävention mit ASS oder Clopidogrel erfolgen, da es keine Hinweise für eine Überlegenheit einer oralen Antikoagulation gegenüber einer Behandlung mit einem Thrombozytenaggregationshemmer gibt.
Sven Möbius-Winkler, Jena
PCI
Bisher gilt der Grundsatz, dass nur hämodynamisch wirksame, höhergradige Koronarstenosen mittels PCI mit Stentimplantation angegangen werden sollten. Milde nicht-flusslimitierende Stenosen, auch wenn sie lipidreich sind und eine dünne fibröse Kappe zeigen, also als rupturanfällig gelten, sollten konservativ behandelt werden.
Eine kleine Pilotstudie bringt dieses Dogma ins Wanken. Nach diesen Ergebnissen war das Gefäßvolumen bei Patienten mittels einer im intravasalen Ultraschall nachgewiesenen, nicht-ob-struktiven, aber hoch-vulnerablen Plaque, die mit einem bioresorbierbaren Stent versorgt wurden, größer als bei nur medikamentös behandelten Patienten. Auch war die kardiovaskuläre Ereignisrate in der PCI-Gruppe niedriger (4,3 Prozent vs. 10,7 Prozent).
Albrecht Ellsässer, Oldenburg
TAVI
Bisher gilt der Grundsatz: Hände weg von der asymptomatischen Aortenklappenstenose. Doch ist dieses Dogma heute noch gerechtfertigt, da mit der TAVI ein sehr sicheres und wenig invasives Therapieverfahren zur Verfügung steht?
Sobald bei einem Patienten mit einer höhergradigen Aortenklappenstenose Beschwerden wie Dyspnoe, Stenokardien oder gar eine Synkope auftreten, verschlechtert sich die Prognose schlagartig. Die durchschnittliche Lebenserwartung dieser Patienten liegt dann unbehandelt bei nur 65 Jahren.
Und innerhalb von fünf Jahren nach Diagnosestellung entwickeln ca. 60 Prozent der zunächst asymptomatischen Patienten Beschwerden, nach zehn Jahren sind es sogar 80 Prozent. Das Ein-Jahres-Überleben der asymptomatischen Patienten liegt bei 80 Prozent und nach fünf Jahren leben nur noch ca. 60 Prozent und innerhalb dieser Zeit erhält auch jeder zweite Betroffene einen prothetischen Klappenersatz.
Diese Daten zeigen, dass die asymptomatische Aortenklappenstenose keine gutartige Erkrankung ist.
Die TAVI erfordert eine antithrombotische Therapie mit Plättchenhemmern, um thromboembolische Komplikationen zu verhindern. Dabei wird diskutiert, ob eine duale Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel (DAPT) der Standard sein sollte oder eine Monotherapie mit ASS ausreicht, zumal bei einer DAPT das Blutungsrisiko erhöht ist.
Dieser Frage wurde im Rahmen einer Studie nachgegangen. Dabei zeigte sich, dass nach einem Jahr durch eine Monotherapie mit ASS im Vergleich zu DAPT das Blutungsrisiko bei Patienten ohne Antikoagulation um absolut 10 Prozent und relativ um 43 Prozent gesenkt wird und zwar ohne dass dadurch die thromboembolische Komplikationsrate ansteigt.
Tanja Katharina Rudolph, Bad Oeynhausen
Antihypertensiva
Die Diskussion darüber, ob ACE-Hemmer und AT1-Blocker den Verlauf einer COVID-19-Infektion ungünstig beeinflussen können, hat zu einer breiten Verunsicherung bei Patienten und Ärzten geführt.
Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Frage, ob durch einen RAS-Hemmer eine verstärkte Expression von membrangebundenen ACE2, das der funktionelle Rezeptor für COVID-19 darstellt, induziert wird. Diese Befürchtungen konnten jetzt durch eine Studie entkräftet werden.
In dieser Studie wurde bei insgesamt 659 Patienten mit einer COVID-19-Infektion, die bisher mit einem RAS-Blocker behandelt wurden, randomisiert bei der Hälfte die Medikation bei der stationären Aufnahme abgesetzt. Der Vergleich mit einer Fortführung der Therapie ergab keinen signifikanten Unterschied bei der Krankenhausverweildauer.
Bei Absetzen der Medikation mussten die Patienten durchschnittlich 21,9 Tage im Krankenhaus bleiben, bei Weiterführung der Medikation waren es 22,9 Tage. Auch bei der Überlebensrate gab es keinen relevanten Unterschied (91,8 Prozent bei Absetzen vs. 95 Prozent bei Fortführung).
Alexander Kersten, Aachen
ACS-Aufnahmen
Während des COVID-19-Lockdowns sind national und international die notfallmäßigen stationären Aufnahmen von Patienten mit einem ACS deutlich zurückgegangen. Dies gilt insbesondere für den Non-STEMI, aber auch für den STEMI.
Auch sind die Prä-Hospital-Zeiten deutlich länger geworden mit der Folge, dass schwere seltene Komplikationen wie eine Ventrikelruptur oder ein Vorderwandspitzenaneurysma häufiger auftraten. Welchen Einfluss dies auf die Mortalität und Morbidität hat, lässt sich im Moment noch nicht genau abschätzen, aber ein Anstieg des Sterberisikos ist wahrscheinlich.
Alternative, aber doch eher unwahrscheinliche Erklärungen für die Abnahmen von Patienten mit einem ACS sind, dass der Lockdown mit weniger Stress und einer geringeren Belastung einhergegangen ist. Das gleiche gilt für die geringere Luftverschmutzung, die sich nicht so kurzfristig bemerkbar machen dürfte.
Aber auch das Argument, dass vorher zu viele ACS-Aufnahmen erfolgten, wird diskutiert.
Uwe Zeymer, Ludwigshafen