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Serie "EKG in der Hausarztpraxis"Dyspnoe unter Belastung

Die 75-jährige Frau D. klagt über einen seit Wochen bestehenden Leistungsknick, selbst das Einkaufen falle ihr schwer. Was zeigt das EKG?

Leistungsknick: Die Patientin berichtet, sie könne kaum die wenigen hundert Meter zum Supermarkt laufen (Symbolbild).

Die 75-jährige Frau D. besucht Ihre Praxis für einen Routine-Check. Seit Jahren behandeln Sie ihre schwer einstellbare arterielle Hypertonie, inzwischen mit einer Vierfach-Kombinationstherapie aus Sartan, Diuretikum, Betablocker und Kalziumantagonist. Eine Hyperlipoproteinämie und Gallensteine sind ebenfalls bekannt und in Behandlung.

Nun berichtet Frau D. über einen seit mehreren Wochen bestehenden Leistungsknick. Das Einkaufen falle ihr schwer, sie könne kaum die wenigen hundert Meter zum Supermarkt laufen. Für die Einkäufe benutze sie jetzt einen Gehwagen, ansonsten wäre der Transport unmöglich.

Außerdem sei ihr immer wieder schwindelig. Da Sie die Patientin schon seit vielen Jahren betreuen, kennen Sie sie gut und wissen, dass in der Vergangenheit mehrfach ähnliche Beschwerden aufgetreten sind. Ursächlich waren damals hauptsächlich Blutdruckspitzen, einmal musste sie wegen einer Blutdruckkrise sogar stationär aufgenommen werden.

Erstaunlicherweise sind die Blutdruckwerte aktuell eher niedrig-normal. Frau D. bemerkt allerdings, dass ihr Blutdruckmessgerät immer wieder wegen unregelmäßigem Puls alarmiere. Die Frage nach Brustschmerzen verneint sie. Erst letztes Jahr hatten Sie ein Koronar-CT veranlasst, das keine relevanten Stenosen zeigte. Sie lassen ein EKG schreiben (siehe Abbildung 1 unten).

EKG-Analyse

Wir sehen einen bradykarden (39/min) unregelmäßigen Rhythmus. Der Lagetyp ist ein überdrehter Linkstyp. Mit der S-Persistenz bis V6 sind die Kriterien eines linksanterioren Hemiblocks erfüllt. P-Wellen sind zwar sichtbar, haben jedoch keinen konstanten PQ-Abstand.

Bei genauer Analyse findet sich eine Verlängerung der PQ-Zeit von Herzaktion zu Herzaktion, bis schließlich eine P-Welle nicht mehr übergeleitet wird. Danach geht die Periodik von vorne los. Dieser sogenannte Wenckebach-Rhythmus spricht für einen AV-Block Grad II Typ 1.

Graduierung des AV-Blocks

AV-Blöcke werden in drei Grade eingeteilt. Grad I umfasst alle Verlängerungen der PQ-Zeit größer 200 Millisekunden, vorausgesetzt jeder P-Welle folgt auch ein QRS-Komplex. Der AV-Block Grad II beinhaltet zwei Subtypen.

Typ 1 wurde früher aufgrund der charakteristischen Rhythmik auch “Typ Wenckebach” genannt und ist in dem hier dargestellten EKG gut erkennbar. Typ 2 präsentiert sich mit fixierter Überleitung von meist zwei oder drei P-Wellen zu einem QRS-Komplex.

Während sich beim AV-Block Grad II Typ 1 die Leitungsverzögerung eher im Bereich des vorhofnahen AV-Knotens oder in der junktionalen Zone befindet, geht man beim Typ 2 von einer Läsion distal im Bereich des His-Bündels oder noch weiter distal im Erregungsleitungssystem aus.

Da bei distalen Leitungsstörungen eine Progression zum totalen AV-Block wahrscheinlicher ist, stellt der AV-Block Grad II Typ 2 grundsätzlich eine Indikation zur Herzschrittmachertherapie dar. Der AV-Block Grad III umfasst alle Herzrhythmusstörungen mit kompletter oder totaler Blockade des AV-Knotens beziehungsweise des Reizleitungssystems.

Synkopen als Folge des plötzlichen Verlusts an Herzzeitvolumen sind häufig. Nicht selten rettet ein Ersatzrhythmus aus distal des Blocks liegenden Myokardzellen vor dem kompletten Herz-Kreislauf-Stillstand. Je nach Ursprung weist der Ersatzrhythmus einen schmaleren (His-Bündel) oder breiteren (Kammermyokard) QRS-Komplex auf.

Ersatzrhythmen haben meist Frequenzen um 20-40/min. Je langsamer der Ersatzrhythmus und je breiter der QRS-Komplex, desto instabiler der Patient. Grundsätzlich stellt jeder akute komplette AV-Block einen Notfall dar, der umgehend intensivmedizinisch überwacht werden sollte. Auch hier ist die Implantation eines permanenten Herzschrittmachers grundsätzlich Goldstandard.

Prozedere

Die Klärung der Ätiologie eines AV-Blocks ist relevant und sollte neben EKG-Analysen auch eine weiterführende kardiologische Diagnostik umfassen.

Für einen AV-Block gibt es viele mögliche Ursachen: Beispiele sind eine idiopathische altersbedingte Degeneration des Reizleitungssystems, strukturelle Herzerkrankungen wie ischämische, hypertensive, hypertrophe oder dilatative Kardiomyopathien und Klappenvitien sowie infektiologische oder genetische Ursachen.

Selten ist der durch eine länger bestehende Borrelieninfektion ausgelöste AV-Block, der nach antibiotischer Therapie wieder verschwinden kann.

Wichtige diagnostische Schritte umfassen neben einer spezifischen Anamnese eine transthorakale Echokardiografie und eine Koronardiagnostik. Ist beispielsweise bei einem akuten Hinterwandinfarkt die RCA mit der als Seitenast abgehenden AV-Knoten-Arterie verschlossen, kann nach Wiederherstellung eines guten koronaren Flusses der AV-Block reversibel sein.

Tatsächlich hat der infarktbedingte AV-Block eine gute Prognose, vor allem wenn eine schnelle Versorgung durch den Herzkatheter garantiert wird. In diesem Fall sollte mit der Implantation eines Schrittmachers noch etwas gewartet und im Notfall eine relevante Bradykardie mit einem passageren Schrittmacher überbrückt werden.

Für den AV-Block Grad II Typ 1 besteht die Indikation zur Schrittmacherimplantation nur, wenn eine relevante Symptomatik assoziiert ist [1]. Bei der hier vorgestellten Patientin zeigt sich eine klassische Symptomkorrelation mit Leistungseinschränkung und Schwindel. Typischerweise sind Synkopen eher selten und geben Anlass für weitere Diagnostik.

Eine eventuell vorhandene bradykardisierende Medikation sollte zunächst abgesetzt werden. Die Reevaluation erfolgt im Verlauf sowohl klinisch als auch mittels Langzeit-EKG. Betablocker stehen besonders im Fokus, vor allem bei ausgereizter Dosierung und höherem Patientenalter. Aber auch Digitalis hat das Potenzial, relevante AV-Blöcke auszulösen; die Bestimmung des Serumspiegels ist sinnvoll.

Bei unklarer Symptomatik wird eine Ergometrie zur Abklärung einer chronotropen Inkompetenz empfohlen. Eine belastungsinduzierte Dyspnoe, die nicht eindeutig mit der Rhythmusstörung assoziiert ist, stellt eine typische Indikation dar.

Mögliche Ergebnisse sind entweder das Sistieren des AV-Blocks mit adäquater Frequenzadaption oder ein Persistieren des AV-Blocks, eventuell sogar mit Demaskierung einer belastungsinduzierten Bradykardie bei dauerhafter 2:1-Überleitung.

Ist unter körperlicher Belastung kein AV-Block zweiten Grades mehr nachweisbar, sollte die Diagnose der AV-Block-induzierten Leistungsminderung kritisch hinterfragt werden. Ein belastungsinduzierter 2:1-Block ist in Begleitung einer entsprechenden Symptomatik hingegen eine Indikation zur Implantation eines Herzschrittmachers.

Literatur:

  1. 2021 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. DOI: 10.1093/eurheartj/ehab364

Interessenkonflikte: Die Autoren sind Gründer und Geschäftsführer der Doctopia GmbH.

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