Gefahr von FehldiagnosenMüdigkeit: Oft steckt eine Depression dahinter

Die häufigsten Ursachen für Müdigkeit sind Depressionen und Infektionen. Von weitergehender Diagnostik rät die DEGAM-Leitlinie zum Schutz vor Über- und Unterversorgung ab, wenn keine entsprechenden Hinweise vorliegen, denn mit jedem Labortest steigt das Risiko für falsch positive Ergebnisse, Scheinassoziationen und sich selbst erfüllende Prophezeiungen an.

Müdigkeit kann durch Depressionen, Angststörungen und psychosoziale oder Kommunikationsprobleme verursacht werden und ist ein Symptom für viele psychische Störungen. Nach einer Studie der Universität Marburg schätzt man, dass bei etwa 18,5 Prozent der an Müdigkeit leidenden Patienten eine Depression der Grund ist. Der Patient soll daher nach den Symptomen einer Depression befragt werden:

  • Haben Sie sich im letzten Monat oft niedergeschlagen, schwermütig oder hoffnungslos gefühlt?
  • Haben Sie im letzten Monat oft wenig Interesse oder Freude an Ihren Tätigkeiten gehabt?

Verneint der Patient beide Fragen, ist eine ausgeprägte Depression unwahrscheinlich, bejaht der Patient jedoch eine der Fragen, müssen weitere Punkte abgeklärt werden:

  • Leidet der Patient unter Schlafstörungen?
  • Haben sich Appetit oder Gewicht verändert?
  • Hat der Patient ein negatives Selbstbild, Angst vor Versagen oder ist die Familie von ihm enttäuscht?
  • Hat er Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren?
  • Bemerkt er den Drang sich mehr oder weniger zu bewegen als bisher?
  • Denkt er über den Tod oder über Suizid nach?
  • Hat die Libido nachgelassen?
  • Kommt der Patient morgens schwer in Gang?
  • Der letzte abzufragende Punkt ist Müdigkeit und Energiemangel, also das Hauptsymptom weswegen der Patient die Praxis aufgesucht hat.

Wenn mindestens fünf der Fragen, davon eine der Screening-Fragen, bejaht werden, geht man davon aus, dass der Patient an einer ausgeprägten Depression leidet

Weitere Ursachen für Müdigkeit können unter anderem virale Atemwegsinfekte, Q-Fieber, Rift Valley-Fieber und HIV sein.

Minimaldiagnostik ist empfehlenswert

Weiterführende Diagnostik führt bei Müdigkeit ohne spezifische Anhaltspunkte meist zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis, jedoch empfiehlt die DEGAM die minimale Dia-gnostik auch dann durchzuführen, wenn eine psychosoziale Ursache wahrscheinlich ist.

Lebererkrankungen lassen sich am besten mit der g-GT-Bestimmung erkennen, bei entsprechenden Hinweisen ist es sinnvoll, den Blutdruck zu messen, Serumeisen/Ferritin zu bestimmen (nur bei nachgewiesener Anämie/Mikrozytose, grenzwertigen Befunden und klinischen Hinweisen auf Eisenmangel), immunologische Untersuchungen durchzuführen oder das Abdomen mit Ultraschall zu untersuchen.

Weil die Wahrscheinlichkeit für abweichende Werte aus statistischen Gründen und ohne diagnostische Relevanz mit jeder Laboruntersuchung steigt, sollten nicht mehr Tests als unbedingt notwendig durchgeführt werden. Eine Untersuchung der Blutwerte für Hb, BSG, Glukose und TSH vier Wochen nach der Konsultation vermeidet falsch positive Ergebnisse und hat nach einer vergleichenden Studie keine negativen Folgen für die Patienten.

Anders als andere Empfehlungen zur Diagnostik bei Müdigkeit empfehlen die Leitlinien der DEGAM nur dann Elektrolyte und Nierenretentionswerte zu überprüfen, wenn entsprechende Hinweise vorliegen.


Die gesamte Leitlinie zum Schutz vor Über- und Unterversorgung finden sie unter https://hausarzt.link/SYK2n

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