Wenn Patienten mit Vorhofflimmern in einer Klinik oder z. B. in einer kardiologischen Praxis neu auf ein orales Antikoagulans eingestellt werden, kommen sie immer häufiger mit einem NOAK zum Hausarzt zurück. DEGAM und AkdÄ empfehlen nach wie vor als Standard die Gabe eines Vitamin-K-Antagonisten (VKA). Was soll der Hausarzt in dieser Situation tun – das NOAK weitergeben oder auf einen VKA umstellen?
Wagner: Ich spreche die Patienten darauf an und erkläre ihnen, warum ich einen VKA in den meisten Fällen für die bessere Alternative halte. Mein Ziel ist es, mit den Patienten im Sinn des Shared-Decision-Making zu einer gemeinsam getragenen Entscheidung zu kommen.
Was spricht Ihrer Ansicht nach für VKA?
Wagner: Antikoagulation bei Vorhofflimmern ist in der Regel eine auf Dauer angelegte Medikation. Man muss daher bei der Auswahl des Wirkstoffs berücksichtigen, dass die Patienten den Gerinnungshemmer auch noch im höheren Alter einnehmen werden.
Allgemein lässt aber mit dem Alter die Nierenfunktion nach und die Zahl der verordneten Medikamente wächst. Beides spricht für einen VKA, denn hier spielt die Nierenfunktion eine untergeordnete Rolle und etwa auftretende Interaktionen lassen sich anhand der gemessenen INR-Werte zuverlässig erkennen und durch Dosisanpassung kompensieren.
Die Liste der Interaktionen zwischen NOAK und wichtigen, im Alter häufig verordneten Medikamenten wird immer länger. Ob es zu einer relevanten Interaktion kommt, kann man im Routinelabor aber nicht feststellen. Dazu kommt, dass wir – anders als bei den VKA – aus den Zulassungsstudien der NOAK nur wenig Daten über den Einsatz im höheren Alter, bei Multimorbidität und Multimedikation haben.
Ist nicht gerade die Tatsache, dass unter NOAK keine Gerinnungskontrollen nötig sind, für ältere Menschen ein Vorteil?
Wagner: Das ist nur bei vordergründiger Betrachtung so, wenn man nur den Komfort im Blick hat. Sieht man die Zulassungsstudien genau an, waren die neuen Wirkstoffe dem jeweiligen Vergleichsarm mit einem VKA vor allem deswegen nicht unterlegen, weil die Qualität der INR-Einstellung nicht den geforderten Standards entsprach.
Stellt man Patienten unter einem VKA dagegen so ein, dass ihr INR-Wert bei mindestens 70 Prozent der Messungen im therapeutischen Bereich liegt, sind sie besser vor Schlaganfällen und hämorrhagischen Komplikationen geschützt als unter NOAK.
Unser Ziel als Hausärzte ist daher eine VKA-Therapie mit optimaler INR-Führung. Ferner sollten möglichst viele Patienten in das INR-Selbstmonitoring eingewiesen werden, weil das die Einstellung nachweislich verbessert. Patienten mit INR-Selbstmessung waren in den NOAK-Zulassungsstudien gar nicht vertreten.
Wie steht es mit der Therapieadhärenz unter VKA im Vergleich zu NOAK?