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InterviewWenn das Aufstoßen nicht funktioniert

Die Retrograde Cricopharyngeale Dysfunktion beschreibt das Krankheitsbild nicht aufstoßen zu können. Bei welchen Symptomen der Hausarzt hellhörig werden sollte, erläutert Dr. Alexander Mainka von der Klinik für Audiologie und Phoniatrie an der Charité Berlin.

Das Aufstoßen ist sehr wichtig für die Regulation der Druckverhältnisse im Gastrointestinaltrakt.

Können Sie das Krankheitsbild der retrograden cricopharyngealen Dysfunktion (R-CPD) kurz erklären?

Der Durchlass des oberen Speiseröhrenschließmuskels muss in beide Richtungen funktionieren: Sowohl in die anterograde Richtung beim Schluckvorgang, als auch retrograd, beim Ablassen von Druck – insbesondere der nach der Nahrungsaufnahme gebildeten Gase.

Das Aufstoßen ist sehr wichtig für die Regulation der Druckverhältnisse im Gastrointestinaltrakt. Bei Patienten mit R-CPD ist die retrograde Funktion gestört, sie bemerken eine Unfähigkeit aufzustoßen.

Welche Symptome entstehen durch die Unfähigkeit aufzustoßen?

Da die Luft nicht nach oben entweichen kann, leiden die Patienten unter einem Druck auf die Brust und den Bauch; vor allem den Blähbauch beschreiben manche Patienten als sehr schmerzhaft. Dazu kommen gurgelnde Geräusche über der Brust oder im unteren Halsbereich sowie übermäßige Flatulenzen und die Schwierigkeit mancher Patienten zu Erbrechen.

Häufig führen diese Symptome zu einem sozialen Rückzug, so dass die Patienten z.B. das Essen in Gesellschaft vermeiden. Der Leidensdruck der Betroffenen ist nicht zu unterschätzen, vor allem da die Krankheit auch in der Ärzteschaft bislang weitgehend unbekannt ist. Dabei wurden in den letzten Jahren durchaus gute Studien dazu veröffentlicht.

Wie lässt sich die R-CPD diagnostizieren?

Bei der R-CPD handelt es sich um eine klinische Diagnose, anhand einer ausführlichen Anamnese. Die Diagnose wird gestellt, wenn mindestens vier der fünf beschriebenen Symptome vorliegen. Dabei ist uns auch wichtig, zu erfassen, wie stark der Allgemeinzustand der Patienten beeinträchtigt ist und wie sehr sie unter der Erkrankung leiden.

Da die Symptome sehr spezifisch sind, wird eine weiterführende apparative Diagnostik nicht gefordert. Zudem stützt eine erfolgreiche Behandlung wiederum das pathophysiologische Konzept der R-CPD.

Kann man die R-CPD behandeln?

Die eigentliche Behandlung besteht in der Injektion von 50 bis 100 Einheiten Botulinumtoxin A in den oberen Schließmuskel der Speiseröhre, den Musculus cricopharyngeaus.

Diese Intervention erfolgt in der Regel im Rahmen einer starren Endoskopie von Pharynx und oberem Ösophagus – also quasi in Schwertschluckertechnik – über die Mundhöhle, wie sie häufig in Phoniatrie oder HNO-Heilkunde durchgeführt wird. Der Patient erhält dazu eine Vollnarkose.

Wie gut sind die Erfolgschancen?

Etwa 80 bis 90 Prozent der Patienten sprechen gut auf eine einmalige Injektion mit Botulinumtoxin A an und weisen eine deutliche Symptomreduktion auf. Wiederum 80 Prozent dieser Patienten zeigen noch sechs Monate später eine signifikante Besserung.

Das ist interessant, denn der pharmakologische Effekt des Botulinumtoxins hält eigentlich nur über sechs bis 12 Wochen an. Warum auch danach noch eine Wirkung bestehen bleibt, weiß man noch nicht genau. Vermutet wird ein Lerneffekt aufgrund veränderter Biofeedback-Mechanismen, die beim Schlucken und Sprechen eine große Rolle spielen.

Das Gehirn scheint das neue Reaktionsmuster abzuspeichern und ist in der Lage, es zu reproduzieren, auch nachdem sich der Tonus des oberen Ösophagussphinkters wieder normalisiert hat. Eine Wiederholung der Injektion ist nur manchmal erforderlich.

In der Literatur betrifft die Nachbehandlung rund fünf bis zehn Prozent der R-CPD-Patienten. Von den Patienten mit gutem Ansprechen hat in unserer Klinik noch keiner eine erneute Injektion benötigt.

Welche Komplikationen können bei der Behandlung auftreten?

Wie bei jeder Intubationsnarkose kann es zu einer Beschädigung der Zähne kommen – was jedoch extrem selten vorkommt. Außerdem können geringfügige Schleimhautverletzungen, Schwellungen oder Einblutungen auftreten.

Interaktionen mit den Muskeln des Kehlkopfs lassen sich durch eine exakte Lokalisation der Botulinumtoxin-Injektion zuverlässig vermeiden. Nach der Operation können ein unkontrolliertes Aufstoßen oder vermehrte Refluxsymptome für einige Wochen auftreten.

Zudem kann das Herunterschlucken vorübergehend etwas erschwert sein. Bei sehr vielen Patienten sehen wir eine enorme Erleichterung, dass sie endlich aufstoßen können und die damit verbundenen Beeinträchtigungen – die weit in das soziale Leben hineinreichen – eliminiert sind. Insgesamt stellt die Injektion von Botulinumtoxin eine komplikationsarme und sehr wirksame Therapie dar.

Gibt es Alternativen zur Botox-Injektion?

Eine Option besteht darin, die pathologische Tonuserhöhung des oberen Ösophagussphinkters durch eine partielle Myotomie des Muskels zu beheben.

Diese invasive Maßnahme – wir sprechen von einer endoskopischen, laserchirurgischen Schwellendurchtrennung – ist jedoch Patienten mit starkem Leidensdruck vorbehalten, die gut auf die Botox-Injektion ansprechen, dann jedoch wieder Beschwerden entwickeln. Auch in der Literatur gilt dieser Eingriff als ultima ratio, wir haben ihn noch nie bei R-CPD-Patienten durchgeführt.

Eine funktionelle Übungsbehandlung, die Logopäden zum Beispiel zur Behandlung von Schluckstörungen durchführen, scheint nicht wirksam zu sein. Jedenfalls fehlen in der Literatur bislang entsprechende Nachweise. Die gängige Behandlung bleibt daher die einmalige Injektion von Botulinumtoxin.

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