“Die echte Forschung findet in der Uni statt”, so oder so ähnlich denken immer noch zu viele Entscheider im deutschen Gesundheitswesen. Dabei ist vollkommen klar, dass umfassende wissenschaftliche Forschung zwangsläufig diejenigen mit einbeziehen muss, bei denen die meisten Patienten, nicht nur zu Beginn ihrer Erkrankung, aufschlagen: die Hausarztpraxen.
Das beste Beispiel ist die Corona-Pandemie. Die meisten Infizierten konsultieren zunächst ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt. Nur ein kleiner Teil muss hospitalisiert werden. Wer also verstehen will, wie sich Covid-Verläufe über die gesamte Erkrankungsdauer in der Breite der Bevölkerung entwickeln, der muss bei den Hausarztpraxen ansetzen.
Insbesondere durch das Engagement unserer wissenschaftlichen Fachgesellschaft DEGAM, dem Deutschen Hausärzteverband und seiner Landesverbände sowie vielen hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen tut sich etwas.
Bei dem DESAM ForNet sollen beispielsweise bis 2025 1.700 Hausarztpraxen organisiert sein (siehe Artikel: “Hausärztliche Kompetenz in der Forschung gefragt”). Auch bei den handelnden Akteuren in der Wissenschafts- und Gesundheitspolitik ist langsam angekommen, dass Forschung allein aus der Universität heraus wenig bringt.
Das Thema ist so wichtig, dass wir hier weiter Druck machen werden, gerade auch, wenn es darum geht, dass Fördergelder zukünftig vermehrt in die praxisnahe Forschung fließen.
Was aber braucht es, damit die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen sich tatsächlich einbringen können? Natürlich spielt Zeit eine entscheidende Rolle, denn jede Minute, die beispielsweise in die Teilnahme an einer Studie investiert wird, fehlt in der Patientenversorgung. Natürlich braucht es auch eine angemessene finanzielle Entschädigung.
Genauso wichtig ist aber, dass die Kooperation auf Augenhöhe stattfindet. Hausärzte müssen über die gesamte Dauer gleichberechtigte Partner sein. Nur wenn das besondere Setting der Hausarztpraxis integraler Bestandteil des Forschungsprozesses ist, können sie die Ergebnisse später auch praktisch nutzen.
Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender Deutscher Hausärzteverband e. V.