Erfurt. Nicht alle Unternehmen in Thüringen kümmern sich ausreichend um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Das ist der Zwischenstand eines Modellprojekts für mehr Arbeitsschutz in Thüringen, der am Mittwoch (20. März) in Erfurt vorgestellt wurde. Einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin (DGAUM) zufolge bieten von rund 730 befragten Unternehmen in Thüringen nur 55 Prozent ihren Angestellten die gesetzlich vorgeschriebene betriebsärztliche Versorgung.
Die Studie ist nicht repräsentativ – doch Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) sagte, man wisse aus anderen Befragungen, “dass viele Beschäftigte hier in Thüringen sagen, dass die Arbeitsbedingungen vergleichsweise nicht so gut sind”. Das hänge aber auch mit den Wirtschaftsbereichen zusammen, die in Thüringen angesiedelt seien. “Wir haben hier viel Schichtarbeit, wir haben hier einen hohen Bereich in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft”, sagte sie.
Konsequenz: mehr Kontrollen, mehr Beratung
Um die teilweise schlechte Gesundheitsvorsorge in den Betrieben zu verbessern, setzt die Ministerin auf mehr Kontrollen und mehr Beratung. “Das ist tatsächlich eine Aufgabe, die auch noch offen ist, da sind wir noch nicht zufrieden, was diesen Bereich angeht”, sagte sie. Eine entscheidende Rolle käme hier einer eingerichteten Koordinierungsstelle an der Fachhochschule Jena zu, die Thüringer Firmen zum Arbeitsschutz berät. Auch die Unternehmen selbst müssten laut Werner noch mehr auf ihre Beschäftigten achten.
In einem über fünf Jahre laufenden Modellprojekt will die Krankenkasse Barmer gemeinsam mit der DGAUM speziell auf kleine und mittlere Unternehmen zugeschnittene Angebote für mehr Arbeitsschutz entwickeln. Zur besseren Unterstützung der Firmen haben dabei Barmer, AOK Plus und das Thüringer Gesundheitsministerium eine Kooperationsvereinbarung getroffen.
Kann Telemedizin helfen?
Kleine Firmen seien mit dem betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz mangels ausreichender Kenntnisse oft überfordert, sagte die Landesgeschäftsführerin der Barmer, Birgit Dziuk. Künftig sollen sie bei Bedarf Telemedizin in Anspruch nehmen können. Wenn kein Betriebsarzt in der Nähe ist, soll dann eine Fachkraft aus der Ferne die Beratung durchführen. Außerdem werden im Rahmen des Projekts Arbeitgebernetzwerke aufgebaut.
Hintergrund ist eine kleinteilige Wirtschaftsstruktur in Thüringen und die demografische Entwicklung. Nach den jüngsten Prognosen der Barmer werden bis 2030 voraussichtlich fast 19 Prozent der Thüringer Erwerbstätigen 60 Jahre und älter sein. Damit steigt das Risiko langer Fehlzeiten wegen altersbedingter Krankheiten wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Modellprojekt läuft bis 2021 und soll danach möglicherweise auf andere Bundesländer übertragen werden.
Quelle: dpa/th