Besteht ein Juckreiz seit mindestens sechs Wochen, sprechen wir von chronischem Pruritus (CP). Dieser ist äußerst belastend: Er kann die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen und Schlafstörungen, Depressionen sowie eine verminderte geistige und körperliche Leistungsfähigkeit verursachen [2].
Betroffen sein können Patienten jeglichen Alters. Schätzungen zufolge besteht in Deutschland eine Inzidenz von sieben Prozent und eine Prävalenz von 22,5 Prozent [8], jedoch wird auch von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Flächendeckend spezialisierte Pruritus-Zentren sind immer noch rar; viele Patienten stellen sich nicht nur bei ihrem Dermatologen, sondern auch bei ihrem Hausarzt vor [9].
Objektive Verfahren zur Bestimmung der Schwere des Pruritus gibt es nicht. Stattdessen stehen für eine Dokumentation der Pruritus-Intensität verschiedene Instrumente wie die numerische Ratingskala und die visuelle Analogeskala zur Verfügung. Anhand dieser Skalen lässt sich einfach und schnell die Intensität bestimmen und der Verlauf dokumentieren [2].
Eine Vielzahl von Grunderkrankungen kann CP verursachen [4]. Daher erfordert CP meist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, an der – je nach zugrundeliegender Ursache, Komorbiditäten, Alter und Therapiezielen – Dermatologen, Allgemeinmediziner, Internisten, Neurologen, Gynäkologen, Pädiater, Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychiater beteiligt sind [4].
Um dies systematisch zu strukturieren, haben diese Fachrichtungen gemeinsam eine S2k-Leitlinie herausgegeben [4]. Dieser Artikel beleuchtet die Inhalte der Leitlinie.
Hautveränderungen vorhanden?
CP kann mit dem Auftreten von Hautveränderungen beginnen, etwa bei entzündlichen Dermatosen (wie atopischer Dermatitis), infektiösen Dermatosen (wie Skabies) oder seltenen Autoimmundermatosen (wie bullöses Pemphigoid). Häufig leiden die Patienten mit CP ursächlich an einer Xerosis.
Kratzspuren wie pruriginöse Läsionen können die Diagnose einer zugrundeliegenden Dermatose erschweren, sodass die wesentliche Aufgabe darin besteht, eine primäre Dermatose von sekundären Kratzläsionen zu unterscheiden und die Diagnose der zugrundeliegenden Dermatose zu stellen. Patienten mit CP auf primär veränderter Haut sollten Sie daher zur weiteren Abklärung und spezifischen Therapieeinleitung an einen Dermatologen überweisen.
Tritt der Pruritus auf initial unveränderter Haut auf, können sowohl systemische, neurologische oder selten auch psychogene/psychosomatische Erkrankungen ursächlich sein (siehe Tabelle 1 unten).