1: Frühe Warnzeichen erkennen
Eine 49-jährige Patientin erlitt in den letzten Jahren 2 bis 3 bakterielle Atemwegsinfektionen. Muss ich hier an eine Immunschwäche denken?
Eine Immunschwäche ist sicher selten, zählt aber auf jeden Fall zur Differenzialdiagnose. Rein statistisch ist an eine chronische Erkrankung der Atemwege, die COPD zu denken. Die chronische Schleimhautschädigung begünstigt Infektionen, wodurch diese Erkrankungen auffällig werden. Wir Hausärzte sollten uns immer bewusst sein, dass die Frühdiagnose einer chronischen Erkrankung die Domäne des Hausarztes ist. Kein anderer Arzt hat die Gelegenheit, frühe Warnzeichen zu sehen und diesen die entscheidende Beachtung zu schenken. Die Frage nach aktivem oder passivem inhalativem Rauchen und Allergien, kann den Verdacht nähren. Ich kenne eine Patientin mit schwerer COPD, Nichtraucherin, die aber mit ihrem Ehemann viele Jahrzehnte eine Wirtschaft betrieben hat hier war passives Rauchen der Auslöser.
Eine Infektanfälligkeit und protrahiert verlaufende Infektionen sind ein Warnzeichen und eine Indikation für eine Lungenfunktionsuntersuchung inklusive Bronchospasmolysetest. Bleibt diese Auffälligkeit unbeachtet, geht wertvolle Zeit verloren, in der die anhaltende Exposition mit einer der Noxen (ca. 80 Prozent Rauchen, 5 Prozent Luftverunreinigung, 15 Prozent Schadstoffexposition am Arbeitsplatz) die Entzündung unterhält. Die COPD wird bedauerlicher weise fast immer erst in einem späteren fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, dann meistens mit stärkerer Obstruktion.
Zu bedenken ist, dass das Ausschalten der Noxe immer noch die einzige Möglichkeit ist, den Entzündungsprozess bei der COPD positiv zu beeinflussen. Zu beachten ist auch, dass es zahlreiche Patienten mit COPD und noch normaler Lungenfunktion gibt. Hier kann durch frühzeitige Diagnose und Ausschalten der Noxe vielleicht die Entwicklung einer Obstruktion verhindert werden. Sollte sich der Verdacht auf eine COPD bestätigen, können das Ausschalten der Noxe, eine Impfung gegen Influenza und Pneumokokken, Rehabilitation und gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie die Obstruktion sowie die Häufigkeit und Intensität von Exazerbationen reduzieren.
2: Inhalationstechnik über prüfen
Ein Patient mit einer bekannten COPD wird mit der Kombination Formoterol + Fluticason therapiert, klagt aber weiter über Luftnot.
Der Erfolg der Therapie einer COPD hängt primär von der Auswahl des geeigneten Inhaliergerätes und von der korrekten Inhalationstechnik ab. Wenn nicht korrekt inhaliert wird, kann auch kein Wirkstoff in der Lunge ankommen. Daraus folgt: Bei anhaltenden Beschwerden, besonders vor der Überlegung, die Intensität der Therapie zu steigern, sollte man sich als Therapeut von folgenden Punkten überzeugen:
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Kommt der Patient mit dem verordneten Gerät überhaupt zurecht?
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Verwendet der Patient noch das primär verordnete Inhaliersystem? Leider wird der Apotheker ermächtigt bzw. dank der Rabattverträge gezwungen, eventuell ein anderes Präparat abzugeben. Damit ist häufig auch der Wechsel auf ein anderes Inhaliersystem verbunden. Die Folge ist leider zu oft eine falsche Inhalationstechnik.Inhaliert der Patient korrekt? Immerhin begehen 30 bis 80 Prozent der Patienten mindestens einen entscheidenden Fehler und 30 Prozent bereits drei Tage nach korrekter Einweisung.
Erst nachdem diese Fragen geklärt sind, muss die Frage beantwortet werden, ob die Zusammensetzung, d. h. die Auswahl der Substanzen und deren Dosis optimal ist. Die medikamentöse Therapie der COPD richtet sich nach den Symptomen, dem Ergebnis der Lungenfunk tion und der Häufigkeit von Exazerbationen. Für die antiob struktive Therapie gilt:
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Beginne mit einem lang wirkenden Bronchodilatator (LAMA oder LABA).
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Ergänze einen zweiten Bronchodilatator (LAMA + LABA) bei unzureichender Wirkung oder beginne die Therapie mit zwei Bronchodilatatoren bei stärkeren Beschwerden.
Die anhaltende Luftnot des Patienten im Fallbeispiel verlangt nach einem weiteren lang wirkenden Bronchodilatator (LAMA + LABA) am besten in der Form einer Fixkombination. Die zusätzliche Inhalation eines inhalativen Kortikosteroids (ICS) macht nur Sinn, wenn der Patient unter gehäuften Exazerbationen (< 2 / Jahr) leidet. Andernfalls ist kein positiver Effekt zu erwarten, sondern es sind Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Pneumonierisiko, Osteoporose etc. zu befürchten.
3: Therapie optimieren
Eine 59-jährige Patientin mit COPD wird mit LAMA + LABA + ICS therapiert und nimmt zusätzlich regelmäßig 7,5 mg Prednisolon wegen anhaltender Luftnot ein. Gibt es weitere Optionen?
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Prednisolon sollte abgesetzt werden (ausschleichend). In der Langzeittherapie hat sich ein systemisch appliziertes Kortison als nicht hilfreich herausgestellt. Diese Therapie ist mit Nebenwirkungen behaftet. Die systemische Therapie mit einem Kortisonpräparat, am besten Prednisolon, ist allerdings der erste Schritt bei einer Exazerbation – maximal 50 mg Prednisolon für fünf Tage, kein Ausschleichen erforderlich – und dann ein absolutes Muss, um den Schaden möglichst klein zu halten.
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Eine Antibiotikatherapie kann von der Verfärbung des Sputums (grün) oder einem erhöhten CRP (kein anderer Grund für die Erhöhung?) abhängig gemacht werden.
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Das ICS ist nur indiziert bei mehr als zwei Exazerbationen / Jahr (s. o.).
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Die verordneten Substanzen sollten möglichst in nur einem Inhaliersystem angeboten werden.
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Die Inhalationstechnik sollte überprüft und ggf. korrigiert werden.
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LAMA + LABA sollten am besten in einer Fixkombination verordnet werden. Dies erleichtert die Handhabung und steigert die Adhärenz (geringere Anwendungsfrequenz, nur ein Inhaliersystem mit weniger Fehlermöglichkeiten).
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Wenn LABA und LAMA als Fixkombination verwendet werden: Handelt es sich um ein Präparat, das nur 1 mal pro Tag inhaliert werden muss? Dann lohnt sich der Versuch mit einem Präparat, das 2 mal pro Tag inhaliert werden muss/kann. Eine Substanz mit 24-Stunden-Wirkung muss zwangsläufig im Tagesverlauf an Wirkung einbüßen. Eine erneute Inhalation nach 12 Stunden wird die Wirkung noch einmal intensivieren.
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Eine Blutgasanalyse muss klären, ob eine Hypoxie vorliegt. Dann können eine Sauerstofftherapie oder eine intermittierende Beatmung hilfreich sein.
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Regelmäßige körperliche Belastung : Bei Sportlern führt regelmäßige Belastung zur Ökonomisierung des Stoffwechsels, einer Verzögerung der Belastungsbegrenzung durch Luftnot und zur Steigerung der Infektabwehr. Ein Patient mit COPD, bei dem das Atemminutenvolumen durch die Obstruktion begrenzt ist, wird von regelmäßiger, sportlicher Betätigung profitieren und erst bei höherer Belastung Luftnot verspüren. Nebenbei sinken die Infektanfälligkeit, die Notwendigkeit stationärer Behandlung und die Mortalität.
Literatur beim Verfasser
Mögliche Interessenkonflikte: Beratertätigkeit, Vorträge und Artikel für die Firmen Aerocrine, Bayer, Boehringer Ingelheim, Mundipharma und Novartis.