Der Hausarzt: Wann ist eine Supplementierung sinnvoll?
Dr. Dr. Peter Schlüter: Eine zusätzliche Einnahme von Vitaminen und Spurenelementen (Nahrungsergänzungsmitteln) kann für definierte Risikogruppen durchaus indiziert sein. Die Supplementierung sollte jedoch grundsätzlich unter individueller Abwägung erfolgen. Auch sollten mögliche Risiken, die im Rahmen einer längerfristigen Einnahme höherer Vitamindosen beschrieben sind, beachtet werden.
Ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler empfehlenswert?
Sporttreibende müssen nicht grundsätzlich zu den Risikogruppen gerechnet werden. Dennoch kann die zusätzliche Vitaminzufuhr in Einzelfällen notwendig sein. Insgesamt ist festzuhalten, dass Sportlern eine ausreichende Zufuhr antioxidativer Vitamine zur Optimierung des pro-/antioxidativen Gleichgewichts zu empfehlen ist. Die Zufuhr antioxidativer Vitamine sollte jedoch in erster Linie durch eine vollwertige, an Obst und Gemüse reichen Ernährung garantiert werden. Falls eine Supplementierung mittels antioxidativer Vitamine erforderlich werden sollte, ist darauf zu achten, dass die Dosierungen im Bereich der Zufuhrempfehlungen liegen.
Und für Hobbysportler?
Eine Supplementierung im Alltag, auch unter sportlichen Alltagsbedingungen, ist in den wenigsten Fällen erforderlich.
Welchen Nutzen hat eine Supplementierung für Sportler?
Hinter der Einnahme von Vitaminen steht einerseits die Erwartung, dass Mangelzuständen vorgebeugt werden kann. Solche Mangelzustände können unter bestimmten Bedingungen bei starker sportlicher Aktivität auftreten, die mit einem erhöhten Bedarf an bestimmten Stoffwechselrodukten einhergeht. Andererseits erfolgt die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in zumeist höheren Dosierungen unter der Vorstellung bzw. Erwartung, sportrelevante Faktoren wie Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit, Regenerationsverhalten und Immunfunktion würden günstig beeinflusst. Somit ist zu unterscheiden zwischen der Substitution als Ausgleich eines Vitamindefizits und der Supplementierung als Zufuhr über den Bedarf hinaus.
Was sind ergogene Stoffe?
Supplementierung im Sport soll auch der Leistungssteigerung dienen. Hierzu dient die zusätzliche Aufnahme leistungssteigernder (ergogener) Stoffe. Die Wirkung ergogener Stoffe soll in der Verbesserung der Energieversorgung wie auch in der Vermehrung von Muskelgewebe sowie der Vermeidung sportbedingter Zellschäden liegen. Die Supplementierung dienen im Grunde dem durch sportliche Aktivitäten verursachten höheren Verbrauch verschiedener Stoffe. Folgende Substanzen werden unter anderem zu den ergogenen Stoffen gezählt: Kreatin, L Carnitin, verschiedene Aminosäuren wie Arginin, Ornithin, Glutamin oder Tryptophan, verzweigt kettige Aminosäuren wie Valin, Isoleucin und Leucin, die konjugierte Linolsäure, Taurin, Guarana (Wirkstoff Koffein), Ephedrin im Heilkraut Ma Huang, Phosphatsalze, Alkalisalze und Coenzym Q10.
Ist die Leistungssteigerung durch ergogene Stoffe nachgewiesen?
Hier stehen sich medizinisch wissenschaftliche Erkenntnisse und erfahrungsmedizinische Ergebnisse gegenüber. Gebetsmühlenartig tragen Ministerien, Verbraucherzentralen und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) vor: „Mit Vitaminen, Spurenelementen und Mineralien angereicherte Lebensmittel sind für den Sportler völlig unnötig, da ihr Bedarf über eine ausgewogene, gesunde Ernährung vollständig gedeckt wird.“ Dagegen sprechen Leistungsuntersuchungen, in denen bei Sportlern unter verschiedenen körperlichen Belastungen entsprechende Supplementierungen durch geführt wurden.
Bezüglich der Wirksamkeit ergogener Stoffe ist auch der Widerspruch wissenschaftlicher Institutionen interessant: Einerseits wird angezweifelt, dass ergogene Stoffe zu einer Leistungssteigerung führen, da bislang ein wissenschaftlicher Beleg für diese Wirkung nicht existiert. Andererseits bestehen Bestrebungen, Kreatin in die Liste der für den Sport verbotenen Substanzen (Dopingliste), aufzunehmen. Koffein ist bereits in dieser Liste vorhanden. Den Aminosäuren Arginin, Tryptophan oder Ornithin wird eine muskelaufbauende (anabole) Wirkung zugeschrieben.
Zumindest besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Eiweißsynthese und dem Glutamingehalt im Muskel. Diese Supplemente sollen die Muskulatur bei intensivem Training vor Abbauprozessen schützen und somit einer zentralen Ermüdung der Muskeln bei starker Belastung entgegen wirken.